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Türkische Gemeinschaft in Köln„Kinder werden erfrieren, auch wenn sie aus den Trümmern freikommen“

Lesezeit 3 Minuten
Erdogdu in seinem Elektrohandel auf der Keupstraße.

Seyrani Erdogdu bedauert, dass die Medien nicht aus den Dörfern berichten würden, die zum Teil dem Erdboden gleichgemacht sind.

Die Türkische Gemeinschaft in Köln ist bestürzt über das schwere Erdbeben. Die Spendenbereitschaft groß.

„Ich habe gerade mit einem Freund telefoniert. Er ist zwar selbst nicht vom Erdbeben betroffen, aber viele seiner Angehörigen und Freunde“, sagt Seyrani Erdogdu, Inhaber eines Elektrohandels auf der Keupstraße in Köln-Mülheim.

Bei mehreren verheerenden Erdbeben an der Grenze zwischen der Türkei und Syrien sind am Montag Tausende Menschen ums Leben gekommen. Alleine durch das erste Beben mit einer Stärke von 7,7 sind zahlreiche Menschen verschüttet worden. Die Zustände in der Provinz Gaziantep der Türkei seien laut Erdogdus Freund katastrophal: „Die Lebensmittelgeschäfte haben zu und obwohl die Region berühmt ist für ihre Spezialitäten, kann man kein Brot kaufen.“

Viele Straßen und alle Brücken seien zudem gesperrt. „Man kommt nicht mehr in die Städte rein. Es gibt keine Übernachtungsmöglichkeiten mehr. Es ist extrem kalt – ich rechne mit 10.000 bis 15.000 Toten, aber da spricht offiziell niemand drüber“, sagt Erdogdu. „Zwei Freunde der Schwester meiner Frau sind gestorben.“

Erdogdu und seine Frau überlegen derzeit, was sie selbst tun können: „Wir haben schon Spenden abgegeben, einen Sprinter haben wir voll gemacht und nach Gelsenkirchen gefahren. Von da aus übernehmen andere die Fahrt. Heute fahre ich Sachen nach Köln-Porz. Am Sonntag starten von Porz drei LKW. Wegen der gesperrten Zufahrtswege in der Türkei glaube ich aber nicht, dass die Sachen ankommen. Die sind ja auch vier Tage unterwegs.“

Ramazan auf der Arbeit in einem Imbiss.

Ein Freund eines Arbeitskollegen von Ramazan lag elf Stunden unter den Trümmern in Gaziantep.

Erdbeben in der Türkei: Decken kosten jetzt doppelt so viel

In den betroffenen Regionen gibt es kaum noch etwas zu kaufen, und wenn, ist es teuer. Decken hätten mittlerweile den doppelten Preis im Vergleich zu vor den Erdbeben. Das alles sei für Erdogdu nicht zu akzeptieren. „Ich denke, dass mehr Menschen, insbesondere Kinder, draußen sterben werden als unter den Trümmern.“ Ohne Unterkunft würde man aktuell erfrieren.

Auch Ramazan arbeitet auf der Keupstraße, in einem Imbiss. Einen Angehörigen eines Kollegen, der heute nicht arbeitet, hätten sie aus den Trümmern „rausgeholt, aber es gehe ihm gut.“ Er habe elf Stunden unter den Trümmern gelegen. „Viele Verwandte liegen in den Trümmern, man hört nichts, auch nichts von Hilfe bisher“, sagt Hatay Aritakya, die bei einem Juwelier auf der Keupstraße arbeitet. „Es gibt hier viele Spendenaktionen mit Geld, Kissen und Decken.“ Viele Menschen auf der Keupstraße haben keine direkt betroffenen Freunde oder Angehörige. Viele kennen aber Betroffene über ein paar Ecken.

Spendenaktion in der Kölner Südstadt

In der Kölner Südstadt gibt es ebenfalls viele Türken, die Menschen in den Erdbebenregionen kennen: Die Mutter von Onur Altunkaya, Besitzer des Restaurants Mahal, verletzte sich bei dem Erdbeben. Altunkaya ist daher am Freitagmorgen in die Türkei geflogen. Sie habe aber Glück gehabt und sei nicht lebensgefährlich verletzt. Daher findet im Mahal am Donnerstagabend, den 9. Februar, ab 21 Uhr eine Open Stage statt. Es werden Spenden für die Erdbebenopfer gesammelt. Anmelden können Musiker sich auf der Website des Restaurants.

Am Dienstagnachmittag äußerte sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker in den Sozialen Medien. „Ich bin in Gedanken bei den Betroffenen und den vielen KölnerInnen, die familiäre Wurzeln in der Türkei haben und die nun mit ihren Angehörigen bangen“, schrieb die parteilose Politikerin auf Twitter.