Norbert Krütt-Hüning führt die Entstehung der Mülheimer Fronleichnamsprozession auf ältere Rituale und germanische Glaubensformen zurück.
GeschichteMülheimer Gottestracht – Kölner veröffentlicht Buch über ganz besonderen Brauch
„Es war wie ein Puzzlespiel, das sich langsam zusammen gesetzt hat“, sagt Norbert Krütt-Hüning über den Prozess sein Buch zu recherchieren und zu schreiben. Fast 30 Jahre ist er dem Hintergrund und der Entwicklung der Mülheimer Fronleichnamsprozession nachgegangen. Nun hält er sein Buch „Die Bedeutung der Gottesttracht für Mülheim am Rhein“ stolz in den Händen.
Darin erzählt Krütt-Hüning von der Entstehung des Festes, die für ihn fast mystisch ist. Die Fronleichnamsprozession, so denkt Krütt-Hüning, basiert auf älteren Ritualen oder germanischen Glaubensformen. „Die Gottestracht führt ziemlich genau entlang der Grenzen von Mülheim am Rhein“, sagt Krütt-Hüning, „es scheint eine Art von Schutz des Territoriums zu sein“.
Angefangen habe alles 1996, als Pfarrer Josef Metternich ihn ansprach. Der ehemalige und mittlerweile verstorbene Pfarrer der Mülheimer Liebfrauenkirche habe Krütt-Hüning gefragt, ob er nicht die Geschichte der Mülheimer Gottestracht erforschen möchte. „Metternich hatte das Gefühl, dass hinter der Gottestracht mehr stecken müsste, dass die Wurzeln weit über die Einführung des kirchlichen Festes 1264 hinausragen“, erzählt Krütt-Hüning mit leuchtenden Augen, „und so ist es auch“.
Köln-Mülheim: Gottesttracht als Unikum
Die Gottestracht ist für Krütt-Hüning so etwas wie der Mülheimtag. Die Besonderheit der Fronleichnamsprozession in Mülheim am Rhein ist noch heute, dass die Prozession nicht nur zu Lande, sondern auch mit Schiffen auf dem Rhein durchgeführt wird.
Die Prozession beginnt an der Liebfrauenkirche. In einer Landprozession ziehen dann alle Teilnehmenden zum Norbert-Burger-Haus über die Mülheimer Freiheit und Peter-Müller-Straße hin zum Mülheimer Ufer. Dort beginnt die Schiffsprozession. Sie führt vom Anleger in Mülheim bis zur Zoobrücke, dann lässt sich das Schiff bis nach Stammheim treiben, bevor es wieder zurück zum Anleger fährt. Ihren Abschluss findet die Mülheimer Gottestracht in St. Clemens.
Die Mülheimer Gottestracht ist also eine Rundprozession. „Und genau das fand Pfarrer Metternich merkwürdig“, sagt Krütt-Hüning, „er hat immer gesagt, eine katholische Prozession geht von A nach B, dass das in Mülheim anders ist, muss einen Grund haben“. Dieser Frage ging Krütt-Hüning also für ihn nach, und sein Archiv über den Mülheimer Brauch wuchs und wuchs.
Köln: Geschichte der Mülheimer Gottestracht führt weit zurück
Er habe in der Bibliothek des Erzbistums nachgeforscht, die Geschichte von Mülheim am Rhein nach Hinweisen durchforstet, über germanische Bräuche gelesen und Wegkreuze der Prozession gesucht. „Ich bin immer wieder lange im Dunkeln getappt und kam nicht weiter“, erinnert Krütt-Hüning sich, „und dann kam doch wieder der Punkt der Erleuchtung“.
So sammelten sich die Quellen. Ob er sie irgendwann zusammentragen würde, hatte Krütt-Hüning selbst nicht gewusst. Doch als er dann in den Ruhestand eintrat, hatte er das Bedürfnis, seinem Leben neue Impulse zu geben. Also schrieb er das Buch. Circa ein Jahr habe das dann gedauert. Danach kam das Design. Krütt-Hüning hat alles selbst gemacht, es selbst verlegt. Entstanden ist ein Hardcover-Buch mit 116 Seiten und vielen Fotografien aus dem Familienarchiv. „Die Bedeutung der Gottestracht für Mülheim am Rhein“ ist beim Autor per Mail an kruett@web.de für 18 Euro erhältlich.