Das Land plant zwei neue Erstaufnahmeeinrichtungen in Köln – die Grünen finden das gut, die CDU ist dagegen und findet deutliche Worte.
Dezernent wirbt um VerständnisNeue Flüchtlingsunterkunft in Köln – CDU lehnt Pläne ab
Kölns Sozialdezernent Harald Rau hat am Freitag begründet, warum er zwei neue Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes mit einer Kapazität für jeweils tausend geflüchtete Menschen ablehnt. Rau sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ über die möglichen neuen Unterkünfte an der Riehler Straße im Agensviertel und in Porz-Lind: „Ich habe mich für eine Begrenzung auf jeweils 500 Menschen an den beiden Standorten eingesetzt, weil eine noch größere Anzahl an Menschen die Integration und Betreuung erschwert. Es würde die Situation für die Menschen in den Unterkünften schwieriger machen und auch für die Anwohnenden.“
Wie am Freitag berichtet, sieht die zuständige Kölner Bezirksregierung als Vertretung des Landes die beiden Standorte als Alternativen an, um dort jeweils bis zu 500 Flüchtlinge unterzubringen. Laut einer internen Mail von Rau hatte sie zuvor je tausend gefordert. Die Bezirksregierung hatte mitgeteilt: „Es ist eine Unterbringungskapazität von 500 Plätzen je Standort vorgesehen.“
Rau bekräftigt Bedarf für Einrichtungen
In den Erstaufnahmeeinrichtungen werden die Menschen untersucht und ihre Daten erfasst, sie sollen dort in der Regel drei bis vier Wochen bleiben und danach auf andere Unterkünfte verteilt werden. Bis an beiden Standorten tatsächlich Menschen einziehen können, dürfte aber noch Monate bis Jahre vergehen. Entweder müssen neue Gebäude gebaut oder Container aufgestellt werden oder bestehende Häuser saniert werden. Rau sagte: „Dass es den Bedarf für diese Einrichtungen gibt, steht außer Frage.“
Teile des Kölner Stadtrates sehen das anders, beispielsweise sagte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau: „Die CDU-Fraktion steht dem Vorschlag der Bezirksregierung äußerst kritisch gegenüber. Beide Standorte sind für eine kurzfristige Unterbringung von Geflüchteten wenig geeignet.“ Die Baumaßnahmen würden lange dauern und viel kosten. „Die Bezirksregierung wäre deshalb gut beraten, die Planungen für die beiden Standorte nicht weiterzuverfolgen“, sagte Petelkau.
Die Grünen-Fraktion weist darauf hin, dass es sich um eine Angelegenheit des Landes handelt, die Stadt kaum Einfluss habe. Die migrationspolitische Sprecherin Dilan Yazicioglu sagte: „Für uns ist es sehr wichtig, dass die Einrichtungen menschenwürdig sind und die Geflüchteten ausreichend Privatsphäre haben.“ Sie kenne die Objekte aber nicht von innen. Über einen Standort in der Innenstadt sagte Yazicioglu: „Das begrüße ich total, weil die Geflüchteten mitten in die Gesellschaft gehören und nicht an den Stadtrand.“
Die Vize-Fraktionschefin der FDP, Katja Hoyer, sagte: „Unterkünfte mit bis zu 500 geflüchteten Menschen an einem Ort stellen immer eine große Herausforderung dar. Die FDP-Fraktion steht zu der Verpflichtung, geflüchteten Menschen in Köln Schutz zu bieten, aber wir hätten uns an dieser Stelle von der Landesregierung mehr Augenmaß gewünscht.“
Interessensgemeinschaft hält Standort für fragwürdig
Am Donnerstag hatte die Interessengemeinschaft Neustadt-Nord/Villen-Viertel Bedenken geäußert, sie hält die „Durchgangsstation“ in der leerstehenden Oberfinanzdirektion und der Generalzolldirektion am Riehler Straße für „fragwürdig“. Diese Tatsache „erschwert die Integration natürlich“, sagte Rau. Zuvor hatte die Bezirksvertretung Innenstadt darüber diskutiert, ob die Stadt Köln ihr Vorkaufsrecht für das Gelände ausüben soll und dort Wohnungen oder eine Schule baut. Diese Pläne dürften nun erledigt sein.
Die Kölner Bezirksregierung betreibt aktuell zwei Erstaufnahmeeinrichtungen in Köln-Bayenthal und Bonn, doch die Mietverträge sind befristet. Die Stadt Köln möchte an der Schönhauser Straße in Bayenthal eine neue Schule bauen, deshalb soll die Unterkunft für Flüchtlinge weichen. Dort sind laut Kölner Flüchtlingsrat 750 Menschen untergebracht.
Auch am Freitag blieb offen, ob die zweite Landes-Unterkunft in Porz auf das Gelände des sogenannten „Lager Lind“ kommt – es gilt aber als zumindest sehr wahrscheinlich. Es handelt sich dabei um ein früheres Militärareal, auf dem einmal Wohnungen geplant waren. Die Porzer Bezirksbürgermeisterin Sabine Stiller (CDU) sagte: „Kein Mensch ist dagegen, anderen Menschen zu helfen, aber es ist zwingend für mich, dass wir die Bürgerinnen und Bürger gut informieren.“ Rau sagte: „Wenn Anwohnende Bedenken gegen eine Aufnahmeeinrichtung in ihrem Umfeld äußern, nehmen wir diese ernst und versuchen, sie auszuräumen.“
Mitte Juni waren in rein städtischen Unterkünften 10.915 geflüchtete Menschen untergebracht. Köln übererfüllt momentan seine Verpflichtung, hat eine Quote von 107,5 Prozent. Laut Rau hat das Land aber seine Berechnung für die Erstaufnahmeeinrichtungen geändert: „Wir bekommen statt wie bislang 70 Prozent nun 100 Prozent der dort lebenden Menschen auf das Kontingent der Stadt Köln angerechnet.“