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Neue StudieFünf Forderungen, um das Verkehrs-Chaos in Köln zu bekämpfen

Lesezeit 4 Minuten
Mülheimer Brücke (1)

Die Mülheimer Brücke

  1. Nur in Düsseldorf ist man noch langsamer auf den Straßen unterwegs als in Köln.
  2. Das zeigte eine Studie zu Stau und Verkehr im Bezirk der IHK Köln, die die IHK zusammen mit der TH Köln in Auftrag gegeben hatte.
  3. Fünf zentrale Forderungen sollen den Verkehr in der Stadt beruhigen. Einer der Vorschläge: eine „Baustellen-App“

Köln – Statistisch gesehen, hat jeder Pendler im vergangenen Jahr 41 Stunden in Köln im Stau verbracht. Die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den wichtigen Verkehrsachsen der Stadt lag tagsüber bei 37,2 Kilometer pro Stunde. Von den zehn größten deutschen Städten kam man nur in Düsseldorf noch langsamer voran. Die Straßen waren voll, auch wenn das in der aktuellen Corona-Pandemie, in der der motorisierte Verkehr abgenommen hat, etwas in Vergessenheit geraten ist. Baustellen gehören zu den Hauptverursachern des stockenden Verkehrs.

Die Zahlen sind in der nun erschienenen Studie „Baustellenmanagement im Bezirk der IHK Köln“ zu finden. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) hat mit der Technischen Hochschule (TH) Köln die Baustellenplanung in Köln und der Region untersucht. Es ist eine Nachfolgeuntersuchung, schon 2017 hatten sich IHK und TH des Themas angenommen. Fazit der neuen Baustellen-Expertise: Es ist noch lange nicht alles gut, aber schon einiges besser geworden.

Kultur der Kommunikation

Besonders die Abstimmung zwischen verschiedenen kommunalen Stellen und Behörden hätten sich in den vergangenen drei Jahren verbessert, bilanziert die Studie. Thomas Krupp, Professor für Transport und Verkehrslogistik an TH, spricht von einer „neuen Kultur der Kommunikation“ der Behörden, was zu Genehmigungsprozesse beschleunigt habe. Auch in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Digitalisierung seien Fortschritte erzielt worden. Wenn gleich vor allem im Sektor zentraler Digitalisierung noch einiges zu tun sei.

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Zwar könnten Bauanträge digital gestellt werden, die Nachverfolgung und weitere Planungsprozesse jedoch gingen durch mehr Hände als nötig, mitunter würden Informationen mehrfach erhoben. „Eine kuriose Situation“, nennt das Hartmut Reinhard, Professor für Management und Controlling an der TH. Hier müsse die Digitalisierung konsequent fortgesetzt werden. Auf besonders große Kritik stieß das Fehlen von „Kennzahlen“: Der aktuelle Status einer Baustelle werde von der Stadt nicht transparent dokumentiert.

Forderung nach App

Die 147 Seiten umfassende Studie formuliert fünf zentrale Forderungen – in der Expertise von 2017 waren es noch zehn. So solle es auch für Großprojekte des Straßenbaus einen zentralen Ansprechpartner für alle Akteure geben, außerdem eine lückenlose Digitalisierung, um Arbeitsschritte zu beschleunigen. Eine „Baustellen-App“ solle bei den Bürgern größere Akzeptanz für die Projekte und den daraus resultierenden Verkehrsbehinderungen schaffen, der Verkehrskalender der Stadt Köln auf deren Homepage reichen nicht.

Straßenbaustellen sorgen oft für Staus. 

Die „Kennzahlen“ einer Baustelle müssten detailliert erhoben werden. Und für Bauunternehmen müsse es finanzielle Anreize geben, schneller zu arbeiten. Oder Strafen beim Trödeln. Ulrich Soénius, Geschäftsführer Standortpolitik der IHK, hat auch schon einen konkreten Sanktionsvorschlag. Wenn etwa eine Firma eine Baustelle nicht richtig abräume, könne sie zum Beispiel für jede vergessene Warn-Bake mit 200 Euro pro Woche zur Kasse gebeten werden. Solche Strafen „müsste man direkt im Vertrag mit aufnehmen“, sagt Soénius.

„Eine Baustelle ist erst einmal nichts schlechtes“, sagt Soénius, sei sie doch auch ein Zeichen für Investition und Verbesserung. Aber die Bauphasen und damit die Einschränkungen auf den Straßen müssten kürzer werden. „Der Verkehr muss fließen“, sagt Soénius, jede Stockung bedeute einen wirtschaftliche Schaden für die Unternehmen. Jede Staustunde koste einen Betrieb 100 Euro pro Wagen, mahnt Soénius.

Grossbaustellen auf Kölner Straßen

Rund 100 Baustellen gibt es derzeit im Stadtgebiet. Die meisten sind kleinere Eingriffe, die nach einigen Tagen erledigt sind. Länger dauert es da schon auf dem Autobahnring, zum Beispiel auf der A1 und dem Kreuz Köln-Nord. Aber auch im Stadtzentrum gibt es einige Straßenbauvorhaben, die Verkehrsteilnehmer und Anwohner noch eine ganze Weile beschäftigen werden. Eine Auswahl:

Mülheimer Brücke

Der Beton bröckelt, der Stahl rostet, die Schäden an dem knapp 70 Jahre alten Bauwerk sind kaum zu übersehen. Der korrodierte Stahl muss ausgetauscht, die Zufahrtsrampen auf beiden Rheinseiten sollen abgebrochen und neu gebaut werden. Eine Fahrspur pro Richtung ist zurzeit gesperrt. Im Zuge der Generalsanierung drohen weitere Sperrungen, irgendwann dürfen auch Stadtbahn dort nicht mehr fahren, für Lkw von mehr als 3,5 Tonnen Gewicht ist die Brücke schon jetzt tabu. Die Sanierung dauert bis mindestens 2025 – und damit zwei Jahre länger als geplant.

Vogelsanger Straße

Der Verkehr auf der wichtigen Ausfallstraße ist zwischen der Inneren Kanalstraße und dem Gürtel erheblich eingeschränkt. Schon seit dem vergangenen Jahr arbeitet die Rhein-Energie dort an Versorgungsleitungen. Seitdem ist die Straße zur Hälfte aufgerissen und nur in eine Richtung befahrbar. Bis die Vogelsanger Straße wieder ohne Einschränkungen befahrbar ist, dauert es voraussichtlich noch bis Ende November.

Bonner Straße

Der Kreisverkehr an der Kreuzung Koblenzer Straße wird umgebaut. Und zwischen Lindenallee und Verteilerkreis finden noch bis voraussichtlich Ende Oktober Kanalarbeiten statt. Doch das, was derzeit auf der Bonner Straße passiert, ist nur ein Vorgeplänkel für das, was kommt. Damit auch zwischen Schönhauser Straße und dem Verteiler einmal die Nord-Süd-Stadtbahn fahren kann, werden dort voraussichtlich ab 2022 neue Autospuren, Rad- und Fußwege, sowie die Schienenstränge samt Haltestellen eingerichtet. Die neue Bahn zwischen Breslauer Platz und Bonner Wall fährt frühestens 2027. (og)