„Nicht zurück in den Workaholic-Modus“Bernd Stelter geht 60. Geburtstag gelassen an
Köln – Vor zehn Jahren, als er 50 wurde, ging es ihm nicht so gut. Da hatte ihn die Midlife-Crisis erwischt. „Schrecklich, nun ist die Hälfte des Lebens vorbei.“ Jetzt hat er das Problem nicht mehr. Am kommenden Montag feiert Bernd Stelter seinen 60. Geburtstag und geht das Thema Alter deutlich gelassener an. „Ich bin optimistischer. Das letzte Drittel beginnt, jetzt geht’s noch mal rund. Mein neues Motto lautet: Wer älter wird, braucht Spaß am Leben. Passend dazu schreibe ich schon die ersten Texte – so als eine Art Gebrauchsanweisung für das dritte Drittel des Lebens.“ Schließlich, auch das betonte er bei einem Spaziergang am Rhein immer wieder: „Ich habe so ziemlich alles erreicht, ich muss niemanden mehr irgendetwas beweisen.“
In Köln fand Bernd Stelter sein Glück
Beruflich und privat scheint der aus Unna (Westfalen) stammende Stelter im Rheinland sein Glück gefunden zu haben. Und für beide Bereiche gibt es ein markantes Datum: den 6. November 1988. Da stand Stelter erstmals in Köln auf einer Karnevalsbühne. Beim Vorstellabend des „Klub Kölner Karnevalisten“ im Sartory – der ihm im ersten Jahr gleich mehr als 100 Auftritte bescherte. Und er lernte seine Frau Anke kennen, die Tochter von Walter Haarhaus, der damals bei den Drei Colonias Akkordeon spielte. Mit ihr ist er seit mehr als 30 Jahren glücklich verheiratet. Sohn Tim (28) arbeitet als Weinküfermeister im Weingut Nelles an der Ahr, Tochter Judith (26) ist verheiratet, derzeit Referendarin und bald Lehrerin. „Das heißt, ich habe zwei Kinder, die inzwischen so selbstständig sind, dass sie mich nicht mehr brauchen.“ Hierdurch und bedingt durch die Corona-Beschränkungen hat sich auch die Aufgabenverteilung im Hause Stelter verändert. „Ich bin jetzt der Einkaufsbeauftragte. Ich kenne jeden Hofladen in der Umgebung. Und Anke kocht.“
Dazu freute er sich, dass er nach dreimal elf Jahren im Fastelovend immer noch als feste Größe gesetzt ist und in der Spitzengruppe mitmischt. „Der Karneval ist meine Wurzel. Und seine Wurzeln soll man behalten.“ Auch wenn sich da vieles verändert hat. Angefangen hatte er als der Werbefachmann. „Die gängige Fernseh-Werbung und die Promis, die dafür ihr Gesicht hinhielten, kannte damals jeder. Das konnte man gut parodieren. Heute würde das nicht mehr funktionieren. Und ich habe mich ja auch verändert und im Laufe der Jahre zwei- oder dreimal neu erfunden. Meine Witze sind nie beleidigend, derb oder unter der Gürtellinie. Aber die Freiheit der Rede und die Freiheit des Narren – die nehme ich mir. Heute ist mir Karneval mit Haltung wichtig. Nicht mit Lautstärke.“ Sitzungen mit Party-Charakter sind nicht sein Ding. „Ich will nur noch dort auftreten, wo man mir auch zuhört.“ Und dafür gebe es unter Etiketten wie Redner-Frühschoppen, Nostalgie- oder Flüster-Sitzungen immer mehr Formate.
Corona-Karneval hat für Stelter auch positive Aspekte
Stelter – auch aktives Mitglied der Prinzen-Garde in großer Uniform – sieht sich nicht als Comedian, eher als Kabarettist oder Komiker, und manchmal auch als Clown. „Die Rolle ist super. Der Clown bringt die Menschen zum Lachen und Weinen. Das Lied über den Clown, das ich nach den Ereignissen am 11. September, mit denen ich erst überhaupt nicht klarkam, geschrieben habe, ist zu einem meiner wichtigsten Lieder geworden. Damit beendete ich normalerweise meine Kabarett-Programme.“
Will Stelter sich mit 60 nun nochmals neu erfinden? In den vergangenen Monaten, in denen 107 Bühnenshows geplant waren, von denen aber nur acht stattfanden, ist ihm klar geworden: „In den Workaholic-Modus will ich nicht zurück.“ Es gab Jahre, da hatte er mehr als 230 Auftritte in der Session, und manchmal ließ er sich vom Arzt noch Cortison spritzen, damit die Stimme hält. „Auch das will ich nicht mehr.“
Der Fastelovend in der zurückliegenden Corona-Session habe ihm durchaus auch ein Stück gefallen. „Der Karneval hat gezeigt, dass man auch mit der Situation umgehen kann. Ich hatte sieben, acht »umjubelte« Auftritte in Autokinos, das Benefizkonzert an Weiberfastnacht in der Arena war eine großartige Aktion von Festkomitee und Karnevalisten. Ich habe einen täglichen Karnevalskalender ins Internet gestellt und auch so mancher Kollege war richtig kreativ.“
„Mit 60 ist man da auch nicht mehr so gefragt“
Stelter galt auch stets als bundesweit bekanntes Fernseh-Gesicht. Zehn Jahre saß er bei „7 Tage, 7 Köpfe“ neben Rudi Carrell und Jochen Busse, mehr als 30-mal wirkte er bei „Verstehen Sie Spaß?“ mit. Vier Staffeln lief die Sitcom „Bernds Hexe“ und zehn Jahre moderierte er die WDR-Show „Das NRW-Duell“. In allen möglichen Quizsendungen – so bei Günther Jauch und Jörg Pilawa – hat er Geld gewonnen. Für die Bürgerstiftung „Unsere Kinder, unsere Zukunft“ und ein Streetworker-Projekt in seinem Heimatort Bornheim oder auch für den Kölner Benefizverein für krebskranke Kinder „Dat kölsche Hätz“. Die höchste Einzelsumme waren 137 000 Euro in der Show „Welt der Naturwunder“ mit Frank Elstner. Da war er gegen TV-Talkmaster Frank Plasberg angetreten („Wir spielen gerne und sind beide ehrgeizig“) und hatte gewonnen.
Heute ist eine regelmäßige Fernsehsendung für ihn kein Thema mehr. „Nun ist auch gut. Mit 60 ist man da auch nicht mehr so gefragt.“ Als Gesprächspartner in Talk-Shows ist er allerdings weiter gerne dabei, auch als Teilnehmer diverser Promi-Quiz-Sendungen. Im Dschungel-Camp wird man ihn allerdings nicht sehen. „Dafür war ich tatsächlich mal sehr ernsthaft angefragt. Ich sehe das auch ganz gerne – weil ich nicht dabei bin.“
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Stelter versucht, im Alter fit zu bleiben
Welche Pläne hat er für die nächsten Monate und Jahre? „Im Alter ist es wichtig, körperlich und geistig fit zu bleiben.“ Als ihm die Kinder ein Fitness-Armband schenkten, war ihm schnell klar, dass er sich viel zu wenig bewege. „Das habe ich geändert. Inzwischen sind es täglich mindestens 10 000 Schritte. Dazu mache ich Gymnastik, und das Elektro-Auto bleibt so oft es geht in der Garage. Über 25 Kilo habe ich schon abgenommen.“ Um auch geistig fit zu bleiben, schreibe er Geschichten und Lieder, sammele Material für ein weiteres Buch. „Von Menschen in meinem Alter verlangt die Gesellschaft ja eher nichts – aber Lernen ist wichtig.“ Und so hat er kürzlich Niederländisch gelernt – schließlich macht er mit der Familie seit vielen Jahren regelmäßig Camping-Urlaub in einem Wohnwagen auf der holländischen Halbinsel Walcheren.
Zudem hat er als langjähriger Weinfreund und -kenner einen Kursus zum Sommelier belegt – beim International Wine Institut in Bad Neuenahr. „Wenn ich den bestehe, kriege ich den Titel Junior-Sommelier. Junior – und das in meinem Alter“, sagt er und lacht. „So richtig Sommelier geht leider nicht. Dafür müsste ich eine Lehre zum Restaurant-Fachmann haben. Und die fange ich jetzt dann doch nicht mehr an.“