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InterviewBernd Stelter über Holland, das Impfen und seinen neuen Krimi
Köln – Sie sind wieder da. Sie haben eine Mission. Sie sind Hobby-Detektive. Mögen schlichtere Gemüter einfach nur Osterurlaub auf der niederländischen Halbinsel Walcheren machen, die deutschen Camper von „De Grevelinge“ sind immer im Dienst der Gerechtigkeit. Inspecteur Piet van Houvenkamp von der Polizei in Middelburg sieht das ein wenig anders, er löst seine Fälle lieber ohne nervige Amateure. Und doch kreuzen sich ihre Wege im Kriminalroman „Mieses Spiel um schwarze Muscheln“. Es ist der dritte Camping-Krimi von Bernd Stelter. Der Fall gibt Rätsel auf. Ein bekannter Muschelfischer treibt leblos im Wasser. Unfall oder Selbstmord scheiden aus. Der Tote hat keine Papiere bei sich, dafür aber einen Jutesack über dem Kopf.Ein neues Buch von Bernd Stelter kurz nach dem Ende der Karnevals-Session ist ungewöhnlich, eigentlich kaum vorstellbar. Aber die Umstände! Wann und wo ist der Krimi entstanden?Bernd Stelter: Das Buch habe ich zu einem großen Teil in Holland geschrieben. Ich war im Sommer zwei Monate auf unserem Stamm-Campingplatz in Walcheren. Wegen der Corona-Pandemie hatte ich ja wie viele andere Kollegen mehr Zeit und die habe ich sinnvoll genutzt.
Home-Office im Vorzelt, auch nicht schlecht. Wie sah die Recherche aus?
Stelter: Ich war viel mit dem Fahrrad unterwegs und habe mir interessante Ecken angesehen. Dabei sind etliche schöne Ideen entstanden. Die Handlung samt Täter hatte ich schon vorher im Kopf, aber ich liebe es, an Details und Feinheiten zu feilen oder lustige Einfälle und Ereignisse einzubauen. Ein typischer Arbeitstag sah so aus: vormittags Eindrücke gesammelt, mittags Kaffee getrunken, nachmittags geschrieben, abends frei. Das war super. Schreiben muss Spaß machen.
Du bist viel herumgekommen und hast dich offenbar nicht geschont. Man lernt diverse Getränke und Fischgerichte kennen. Fantasie oder Kochbuchwissen?
Stelter: Ganz im Gegenteil. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Alle Lokale habe ich selber getestet und für gut befunden. Mir ist es wichtig, Dinge exakt zu beschreiben und Lokalkolorit abzubilden. Beim Lesen sollen angenehme Bilder im Kopf entstehen. Im vorliegenden Fall darf auch mal das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Es ist also ein Buch mit Mehrwert. Ein Krimi mit Restauranttipps. Vor allem für Muschelfans. Hast du über die Arbeit an dem Buch zur Muschel gefunden?
Stelter: Die standen schon vorher auf dem Speisezettel. Aber es war keine Leidenschaft auf den ersten Biss. Ich war lange Zeit eher kein Muschelfreund. Bis ich vor ein paar Jahren gemeinsam mit Sternekoch Mario Kotaska bei einer Live-Koch-Veranstaltung auf der Buchmesse in Frankfurt zu Gast war. Ich habe moderiert, er hat gekocht. Bei dem Event gab es unter anderem sehr lecker zubereitete Muscheln.
Für Freunde deiner Krimis ist das Buch auch ein Wiedersehen mit vertraut gewordenen Personen. Das sind neben den Camper-Paaren der Inspecteur, seine Assistentin Annemieke Breukink und seine Vermieterin Juliana Joosses. Mit welchen Gefühlen blättern deine Freunde und Kollegen in dem Buch? Droht Verwechslungsgefahr mit realen Personen?
Stelter: Nun ja, nicht eins zu eins. Aber es fließen mitunter Charaktereigenschaften von Leuten aus meinem Umfeld mit ein. Ich kombiniere schon mal Sachen. Aber nie verletzend oder beleidigend. Die Hauptfiguren im Buch entwickeln sich weiter, es kommen spannende Züge dazu, andere verblassen.
Der Krimi ist zwar in der Pandemie entstanden, aber Corona spielt keine Rolle. Warum nicht?
Stelter: Ich wollte mich ganz bewusst nicht damit befassen. Das wäre ein völlig anderes Buch geworden. Nein, Corona kommt nicht vor. Die Camper samt Ehefrauen dürfen sich treffen, gemeinsam grillen, mit zehn Personen Ausflüge machen, kühle Getränke zu sich nehmen und auf Mörderjagd gehen. Nicht zu vergessen, die in Holland üblichen drei Küsschen zur Begrüßung auf die Wangen. Alles erlaubt.
Zur Person
Bernd Stelter, Jahrgang 1961, feiert seit Jahrzehnten Erfolge im Kölner Karneval und ist mittlerweile einer der bekanntesten deutschen Kabarettisten. Zehn Jahre lang war er Teil der „7 Köpfe“ auf RTL, ebenso lang moderierte er die WDR-Spielshow „NRW-Duell“. Er schrieb mehrere Sachbücher und Romane, u.a. seine Camping- Krimis „Der Tod hat eine Anhängerkupplung“ und „Der Killer kommt auf leisen Klompen“.
Bernd Stelter lebt mit seiner Frau in der Nähe von Köln, ist aber so oft wie möglich in Holland und liebt Camping. (stef)
Welche Meinung hast du zum Thema „Impfen“?
Stelter: Wenn der Anruf käme, dass ein Impftermin frei geworden ist, wäre ich in fünf Minuten mit hochgerolltem Hemdsärmel vor Ort. Die Zurückhaltung und Skepsis einiger Leute gegen bestimmte Impfstoffe, weil man nicht so richtig wissen könne, woraus der besteht und wie der Stoff wirkt, kann ich nicht nachvollziehen. Und überhaupt: Ich mache seit gut 25 Jahren Urlaub in Holland und esse dort mit Begeisterung „Frikandel speciaal und frietjes“. Wenn ich genau wissen wollte, was da womöglich drin ist, wäre ich verhungert. Konkret gesagt: Ja, ich werde mich impfen lassen, wenn ich dran bin. Wann immer das ist. Ich war zunächst in Gruppe drei, jetzt bin ich in vier, nach dem 19. April rücke ich wieder eine Gruppe rauf.
Wie das?
Stelter: Ganz einfach. Mit einem BMI von über 30 war ich in Gruppe drei. Dann habe ich 24 Kilo abgenommen, nein Moment, ich war ja am Dienstag beim Friseur, jetzt sind es bestimmt sogar 25 Kilo. Auf jeden Fall bin ich nun in Gruppe vier. Aber am 19. April werde ich 60 Jahre alt, dann rücke ich wieder vor.
Abgenommen mit Hilfe von vielen Muscheln auf dem Speiseplan? Die haben ja wenig Kalorien.
Stelter: Ich glaube, es lag vor allem am Sport. Ich bin zum Beispiel jeden Tag mindestens 10000 Schritte gegangen. Das behalte ich auch bei, das tut mir gut.
Es gibt zum Krimi auch das passende Hörbuch. Es ist eine ungekürzte Version, neun Stunden und 33 Minuten lang und von dir selber gesprochen. Aber nicht alleine, oder? Es ist auch ein bekannter Schlagersänger zu hören.
Stelter: Von wegen, das bin ich. Ich konnte nicht widerstehen, den Foodblogger Chester Bloomberg mit der Stimme von Howard Carpendale auszustatten. Die Figur des exzentrischen Chester hat mir ohnehin viel Freude gemacht.
Der ist tatsächlich ein Knaller. Vor allem seine Aufmachung. Mal lässt du ihn in einem rosafarbenen Zweireiher mit roter Krawatte auftreten, dann trägt er einen hellblauen Smoking mit pinkfarbenen Lackschuhen. Wer hat dich da modisch beraten?
Stelter: Das gehört zu den Privilegien eines Autors. Man kann sich Berufe aneignen, auf die man gerade Lust hat. Diesmal hat es mich gereizt, Herrenausstatter zu sein und mir verrückte Sachen auszudenken. Bei dem Krimi „Der Killer kommt auf leisen Klompen“ war ich Innenarchitekt und habe ein Hausboot samt Kunstwerk eingerichtet. Dabei handelte es sich in meiner Vorstellung um eine Fotografie des niederländischen Fotografen Anton Corbijn, die Mike Jagger als alte Frau zeigt. Meinen Plan, mir das Werk zu kaufen, wenn das Buch gute Verkaufszahlen erzielt, habe ich fallengelassen. Obwohl sich der Krimi prima verkauft hat.
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Für den Corbijn hättest du in die Bereiche von Dan Brown vordringen müssen. Auf der „Wall of Fame“ im Stammhaus deines Kölner Verlags Lübbe sind eure Namen immerhin gemeinsam verewigt.
Stelter: Stimmt, da stehe ich auch drauf. Zu einem anderen berühmten Kollegen gibt es eine drollige Geschichte. Die muss ich kurz erzählen. Auf der Buchmesse kam ich mit einem reizenden Herrn über mein Buch „Der Tod hat eine Anhängerkupplung“ ins Gespräch. Weil er so nett war, habe ich ihm ein Exemplar signiert. Er hat mich dann gefragt, ob ich auch sein Buch mit Widmung haben möchte. Höflich wie ich bin, habe ich natürlich ja gesagt. Und dann zieht der „Die Säulen der Erde“ aus einem Schmuckschuber und schreibt übersetzt „für meinem Kollegen Bernd, dein Ken“. Ich bin fast umgefallen. Ich hatte in der Aufregung rund um meinen ersten Camping-Krimi Ken Follett nicht erkannt.
Das Buch „Mieses Spiel um schwarze Muscheln“ von Bernd Stelter ist im Verlag Lübbe erschienen, 352 Seiten, gebunden, und kostet 22 Euro