An SilvesterKölner Paar lädt trauernde Menschen zu Online-Abend ein
Köln-Nippes – Nicht für alle ist Silvester ein Anlass zur Ausgelassenheit. Wer einen Verwandten oder Freund verloren hat, fühlt sich zum Jahreswechsel oft nicht in der Lage, das vielleicht kürzlich erst Erlebte beiseitezuschieben. Mit der Trauer allein zu bleiben, macht die Situation oft aber noch schwerer erträglich. Weil Sprechen in diesem Fall die beste Therapie ist, laden der Trauerredner Stephan Schmitz und seine Frau, Diplom-Psychologin Gerda Reiff, zu einem „Silvesterabend online für mehr oder weniger Trauernde“ ein. Von 20 Uhr bis nach Mitternacht bieten sie einen Raum für Erinnerungen, Begegnungen, Weinen und Lachen.
„Wir fragen uns jedes Jahr, wie wir Silvester verbringen wollen,“ erzählt Stephan Schmitz. Weil er und seine Frau selbst in den letzten Jahren die vorige Generation nach und nach verabschiedet hätten, seien sie auf die Idee eines Gesprächsabends mit anderen Betroffenen gekommen, fährt er fort. Mit der hilfreichen Wirkung des Miteinander-Sprechens kennt sich das Ehepaar jedenfalls bestens aus. Als ehemaliges Ordensmitglied und Ex-Priester hat Stephan Schmitz schon früh Erfahrungen in diesem Bereich gesammelt.
Nach seiner beruflichen Neuorientierung in der Betriebswirtschaft kamen ihm seine Fähigkeiten bei Coaching und Moderation in der eigenen Firma zugute. Gerda Reiff, durch ihren Beruf ebenfalls Spezialistin in Sachen Kommunikation, absolvierte vor dem Studium der Psychologie eine kaufmännische Ausbildung. Die Beratungsfirma betreibt sie gemeinsam mit ihrem Mann.
Kölner arbeitet als Trauerredner
Seit diesem Jahr arbeitet Stephan Schmitz als Trauerredner. Er führt lange Gespräche mit den Hinterbliebenen, versucht dem Menschen und der Situation in seinen Reden gerecht zu werden. Der Priestermangel, aber auch die Suche nach außerkirchlichen Beerdigungs- und Trauerformen, haben den Berufsstand in das Bewusstsein der Menschen gerufen.
Natürlich liegt die Reminiszenz an seine Zeit als Priester nah. Schon damals schreckte ihn der Umgang mit der Trauer nicht. „Für mich war eine Beerdigung nicht lästig“, sagt er, „ich habe Trauernde immer gerne begleitet“. Der Online-Silvesterabend sei eine private Einladung, keine berufliche Dienstleitung, betont Stephan Schmitz. Auch verstehen sich die Eheleute nicht als Leiter der Veranstaltung. „Wir sind Gesprächsteilnehmer, wollen nur ab und zu Anregungen geben“, erläutert Schmitz. Im Vordergrund stehe der Austausch auf Augenhöhe. Einfach nur von den Verstorbenen zu erzählen, wirke oft bereits heilsam auf die Trauernden.
Als Form der Begegnung schätzt Schmitz das Gespräch in vielen Lebensbereichen. Innerhalb des Kölner Salons, den das Paar in der Salontradition des 17. und 18. Jahrhunderts führt, pflegen Schmitz und Reiff eine Gesprächskultur, die wirtschaftliche und kulturelle Ambitionen zusammenbringt.
Gegenstand soll an verstorbene Person erinnern
Für den Prozess der Trauerarbeit ist es schier unumgänglich, miteinander zu sprechen. Einen Gegenstand, der an die verstorbene Person erinnert, Verpflegung und eine Kerze sollten die Teilnehmer an den Bildschirm ihres Computers mitbringen. Wenn es auf den Jahrescountdown zugeht, wird sie angezündet, um den Verstorbenen nochmals in den Mittelpunkt zu stellen und das neue Jahr zu begrüßen. Ansonsten bleibt der Ablauf relativ frei.
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Aus seiner langjährigen Erfahrung in der Trauerbewältigung weiß Stephan Schmitz, dass es längst nicht nur traurige Momente an diesem Silvesterabend geben wird. Vielleicht flössen Tränen, sicher würde aber auch gelacht, wenn die Teilnehmer ihre Geschichten erzählten. „Die Seelsorge treibt mich an“, erklärt Stephan Schmitz seine Motivation zur Trauerarbeit. Im Team mit seiner Frau wird er sie an einem Tag bereitstellen, der die Erinnerung an Vergangenes naturgemäß aufleben lässt.
Informationen zu „Adieu und Willkommen! Ein Silvesterabend online für mehr oder weniger Trauernde“ sind im Internet zu finden. Die Anmeldung zum kostenfreien Abend erfolgt telefonisch unter Tel. 0221/7522088 oder per E-Mail.