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London als VorbildSo soll es bald in der Kölner Flora aussehen

Lesezeit 3 Minuten

Entwurf für den Neubau

Köln – Mit viel Fingerspitzengefühl entfernen zwei Bauarbeiter eine Glasscheibe des großen Schaugewächshauses in der Flora. Sie tragen das marode Gebäude aus den 1960er Jahren zurzeit Stück für Stück ab und trennen Glas, Stahl und Backstein fein säuberlich voneinander. „Wir können hier nicht einfach mit einem großen Knall alles plattmachen“, sagt Petra Rinnenburger, technische Betriebsleiterin der städtischen Gebäudewirtschaft.

Die Arbeiter entfernen zurzeit die Gläser des großen Schaugewächshauses.

Entsprechend lange dauert der Abbruch der drei Schaugewächshäuser, die einem Neubau weichen müssen. Das wird nötig, weil eine Sanierung nach mehr als 50 Jahren nicht mehr möglich war. Hinter dem Mauerwerk hatte sich Rost tief in tragende Pfeiler gefressen – bereits 2013 wurde das Große Tropenhaus für Besucher geschlossen, weil es zeitweise einsturzgefährdet war. Bis September sollen alle Gebäudeteile abgerissen sein – nach insgesamt fünf Monaten Arbeit.

Es wird nach möglichen Weltkriegsbomben gesucht

„Danach müssen wir zunächst den Untergrund untersuchen“, sagt Karsten Wickert, Projektleiter bei der Gebäudewirtschaft. So werde nach möglichen Weltkriegsbomben gesucht sowie nach Überbleibseln vorheriger Bauten. Die Grundmauern eines historischen Gewächshauses aus dem Jahr 1894 sollen sich noch im Boden verbergen. Erst danach kann der eigentliche Neubau beginnen.

Beim Abbruch entstandener Schuttberg

Stephan Anhalt, Direktor des Botanischen Gartens, Grünflächenamtsleiter Manfred Kaune und der Freundeskreis hatten jahrelang darum gerungen, dass der Stadtrat einen Neubau beschließt. 2015 waren die intensiven Bemühungen schließlich von Erfolg gekrönt. 11,4 Millionen Euro sollen die drei neuen Schaugewächshäuser kosten, die am Standort der bisherigen Gebäude entstehen werden.

Neu gewachsene Bananenstauden und Tabakpflanzen im halb abgerissenen Gewächshaus

Der vom Kölner Büro Königs Architekten entworfene Neubau ist an klassische Gewächshäuser angelehnt. Die Form erinnert an das Palmenhaus der Royal Botanic Gardens in London, das 1849 eröffnete. Der Grundriss wird mit dem der Bestandsbauten übereinstimmen, allerdings einige Meter höher sowie deutlich energieeffizienter sein. Das ermöglicht dem Botanischen Garten Neuanschaffungen wie etwa früchtetragende Kokospalmen und Seychellen-Nusspalmen, die aufgrund der deutlich geringeren Höhe des alten Hauses bislang nicht gedeihen konnten.

Klimapolitisch kontroverse Themen lassen sich darstellen

Die Besucher sollen in Zukunft über einen Höhenpfad bis zu den Wipfeln und Kronen der Palmen gelangen – barrierefrei. Der Botanische Garten plant zudem ein neues didaktisches Konzept. „Wir wollen, dass sich die Gäste mit allen Sinnen unseren Pflanzen nähern können“, sagt Stefan Linke vom Botanischen Garten. „Sie sollen riechen, schmecken und ertasten.“ Das Team wolle Menschen näher bringen, wie wichtig Pflanzen für ihr Leben und ihren Alltag sind. Auch klimapolitisch kontroverse Themen wie die Gewinnung von Palmöl im Regenwald ließen sich anschaulich darstellen.

Stefan Linke (Flora) bespricht sich mit Petra Rinnenburger und Karsten Wickert (Gebäudewirtschaft).

Besonders zufrieden zeigt sich Linke mit dem Umsetzen der zum Teil äußerst wertvollen Pflanzen, die während der Bauzeit in Ausweichquartieren gepflegt werden. „90 Prozent haben den Transport unbeschadet überstanden – das war deutlich mehr, als wir vorher erwartet haben“, sagt der Gärtnermeister. Bis zur Rückkehr in den Neubau, der über eine Orangerie mit dem benachbarten Subtropenhaus verbunden wird, soll allerdings noch einige Zeit vergehen.

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Die Gebäudewirtschaft will die Gewächshäuser Anfang 2022 an den Botanischen Garten übergeben. Danach werde es mindestens ein halbes Jahr dauern, um alle Pflanzen einzusetzen, sagt Linke. Bis sie fest angewachsen seien, werde weitere Zeit vergehen. Ein konkreter Eröffnungstermin ließe sich daher noch nicht nennen.