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Weitere Forderung vom Anwalt80-Jährige zahlt hohe Strafen für Falschparken in Kölner Klinik

Lesezeit 4 Minuten
Blick auf ein mehrgeschossiges Parkhaus

Das klinikeigene Parkhaus des Heilig-Geist-Krankenhauses bietet Parkraum auf fünf Etagen.

Bei ihrem Besuch des Klinikcampus parkte eine 80-Jährige versehentlich auf einem Sonderstellplatz im Parkhaus. Nun soll sie 350 Euro Strafe zahlen.

Diesen Besuch in Heilig-Geist wird die 80-Jährige aus Longerich wohl nie mehr vergessen. Weil sie im Parkhaus des Klinikums falsch parkte, soll sie nun insgesamt mehr als 350 Euro zahlen. Nachdem sie die erste Rechnung bereits beglichen hat, sieht sie sich nun mit einer weiteren Forderung einer Rechtsanwaltskanzlei konfrontiert. Nun reicht es der Seniorin – sie will nun selbst zum Anwalt gehen.

Sonder-Stellplatz genutzt – und Rechnung bekommen

Was war passiert? Am Morgen des 3. November 2023 hatte die Seniorin (die nicht namentlich genannt werden möchte) einen Arzttermin auf dem Klinikgelände an der Graseggerstraße 105. Dabei nutzte sie versehentlich einen der Sonder-Stellplätze im Erdgeschoss des ansonsten zu dieser Zeit halbleeren Parkhauses. Kurze Zeit später folgt das böse Erwachen: Eine Rechnung über 131,79 Euro der Appgrade UG, im Auftrag des Dienstleisters Park & Collect, flatterte ins Haus.

Neben dem eigentlichen „Parkknöllchen“ über 25 Euro vergrößerten die sogenannte Einigungsgebühr, Halter-Ermittlungskosten, eine Post- und Telekommunikations-Pauschale sowie die Mehrwertsteuer den Betrag erheblich. Um Ruhe zu haben, überwies sie die Summe.

Ein Parkschild mit Rollstuhl-Piktogramm ist zu sehen.

An den Schwerbehinderten-Parkplätzen wird per Zusatzschild auf mögliche Kosten für widerrechtlich abgestellte Pkw hingewisen, an den Eltern-Kind-Parkplätzen nicht.

Damit war das Drama jedoch nicht vorbei: Per Brief, datiert auf den 16. Januar, meldete sich die Lectio Rechtsanwalts-GmbH aus Herzogenrath bei Aachen bei ihr. Diese forderte die Frau zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Sie habe gemäß § 862 BGB den Besitz des Mandanten gestört, heißt es, sowie verbotene Eigenmacht ausgeübt. Wegen der Wiederholungsgefahr mahne man die Halterin ab. Neben der schriftlichen Verpflichtung, für jeden weiteren Verstoß bis zu 1000 Euro zu zahlen, soll sie weitere 220,27 Euro an die Kanzlei überweisen. Andernfalls engagiere man ein Inkassobüro. Beim Brief, der dieser Zeitung vorliegt, handelt es sich ganz offenbar um ein Textbaustein-Schreiben, es fehlt eine persönlicher Anrede.

Parkplatz-Betreiber bewegen sich in juristischer Grauzone

Derartige Fälle von horrenden Forderungen gegen Falschparker sorgen quer durch Deutschland für Schlagzeilen, oftmals im Zusammenspiel der Park & Collect und der Herzogenrather Kanzlei. Private Parkraum-Überwachung boomt seit einigen Jahren: Immer mehr Supermärkte, auch in Köln, lassen auf ihren Parkplätzen kontrollieren, um Dauer- und Fremdparker fernzuhalten. Park & Collect richtet sich mit seinem Angebot auch an Privatleute, etwa wenn der eigene Stellplatz oder die Grundstücks-Ausfahrt zugeparkt ist. Im Unterschied zu Supermarkt-Parkplätzen ist das Parkhaus am Klinikum jedoch, mit Ausnahme der ersten 30 Minuten, gebührenpflichtig.

Ob jedoch die von Privatfirmen erhobenen Gebühren, erst recht in dieser Höhe, überhaupt rechtens sind, ist juristisch hoch umstritten. „Nach Ansicht unserer Juristen ist jedoch nicht ganz klar, ob man auch innerhalb einer vertraglichen (Nutzungs-) Vereinbarung über die Parkfläche gleich in einer Besitzstörung ist, wenn man gegen die Bedingungen der Nutzung verstößt“, erläutert Alexander Schnaars von der ADAC-Pressestelle. Spätestens nach der ersten Zahlung hätte jedoch Ruhe herrschen müssen. „Wenn die Betroffene belegen kann, dass sie den Vergleichsvorschlag rechtzeitig angenommen und den Betrag auch überwiesen hat, ist es allerdings etwas widersprüchlich seitens des Bewirtschafters, dass er danach dennoch zur Unterlassungserklärung auffordert.“

Die Firma Park Collect Europe sitzt im irischen Dublin und gibt keinen telefonischen Kontakt an. Die AppGrade UG mit Sitz in Köln, die deren Falschparker-Melde-App für Deutschland betreut, verweist bezüglich der zweiten Rechnung auf die Kanzlei, diese war telefonisch nicht zu erreichen. Der Krankenhaus-Träger vermutet, dass die Frau nicht auf einem Eltern-Kind-, sondern einem Behindertenparkplatz stand. Nur diese seien an das Park & Collect-System angebunden, so Pressesprecherin Bianca Streiter. Tatsächlich weist an jenen Plätzen, und nur dort, ein Schild auf mögliche Kosten für Falschparker hin.

Klinik in Köln-Longerich verweist auf Freihalten der Behinderten-Parkplätze

Es gehe dem Klinikum darum, dass Mobilitäts-Eingeschränkte sicher zur Einrichtung gelangen. „Sollten Besucher oder Patienten, die einen Schwerbehindertenausweis haben und auf einen entsprechenden Parkplatz angewiesen sind, keine Parkmöglichkeit bei uns finden, kommt es zu Beschwerden/Nachfragen am Empfang. Nur dann kontrolliert ein Mitarbeiter die Parksituation und überprüft, ob ein entsprechender Ausweis im Auto liegt. Ist das nicht der Fall, werden Fotos erstellt und der Fall an Park & Collect gemeldet“, erläutert Streiter.

Drei dieser Fälle habe es an jenem Tag gegeben, vermutlich sei auch jener der Frau darunter. Warum sie jedoch nach ihrer Zahlung einen weiteren Bescheid bekommen habe, entziehe sich ihrer Kenntnis. Von der Rückvergütung von 25 Euro, die das Krankenhaus von Park & Collect erhalte, profitiere im Übrigen in ungekürzter Höhe der Klinik-Förderverein.

Die Betroffene jedoch will in Zukunft angesichts der Drohkulisse darauf verzichten, das Parkhaus zu nutzen – und stattdessen in den umliegenden Straßen parken.