Das Großprojekt um die Abwasserrohre wird voraussichtlich fünf Jahre dauern und beinhaltet mehrere Einschränkungen für Anwohner.
„Risiko steigt von Jahr zu Jahr“Alter Abwasser-Düker in Köln-Niehl soll für 110 Millionen Euro erneuert werden
Fast 100 Jahre haben die beiden Rohre auf dem Buckel, durch die das Abwasser aus dem Linksrheinischen zum Klärwerk in Stammheim fließt. Bisher hat der alte Düker im Kölner Norden keine größeren Probleme bereitet. Doch längst hat er seine Leistungsgrenze erreicht und wird allmählich in Rente geschickt.
Die Stadtentwässerungsbetriebe (Steb) wollen in den kommenden fünf Jahren neue Abwasserrohre unterhalb des Rheinbetts verlegen und damit gleich mehrere Risiken und Nachteile des bisherigen Bauwerks ausschalten. „Der alte Düker ist dringend erneuerungsbedürftig“, sagte Projektleiter Christian Heinze am Donnerstag bei der Vorstellung des voraussichtlich rund 110 Millionen Euro teuren Großprojekts. Eigentlich liege die Lebensdauer solcher Kanalbauwerke bei 70 Jahren, so Steb-Vorständin Ulrike Franzke: „Dieser Düker wird fast 100, da werden Entwässerungsbetreiber langsam unruhig.“
Die neue, rund 900 Meter lange Trasse wird zum großen Teil parallel zur alten verlaufen, nur etwa 50 Meter weiter südlich. Sie führt vom Niehler Damm, wo der Düker auf die linksrheinische Abwasserleitung trifft, bis zum Großklärwerk Stammheim auf der anderen Rheinseite. Zwei Rohre aus Stahlbeton werden unter dem Flussbett in 15 bis 25 Metern Tiefe verlegt, darin befinden sich wiederum drei Leitungen, die künftig bis zu 6000 Liter Abwasser pro Sekunde transportieren können.
Neuer Düker in Köln: 80 Prozent des Kölner Abwassers werden im Norden gereinigt
Angesichts des zu erwartenden Bevölkerungswachstums sei diese Leistungssteigerung um 2000 Liter pro Sekunde dringend notwendig, so Christian Heinze. Etwa 80 Prozent des Kölner Abwassers würden in Stammheim gereinigt, davon wiederum stammten 60 Prozent aus dem linksrheinischen Köln. Der Düker sei das „wesentliche Rückgrat unserer Abwasserentsorgung“.
Vieles soll die neue Verbindung können, was die Alte aus dem Jahr 1928 nicht schafft. Dank einer hydraulischen Steuerung können die Abflussmengen künftig passend zu den Kapazitäten im Großklärwerk reguliert werden. Ein Abluftabsaugsystem soll Geruchsbelästigungen verringern. Und die Rohre werden künftig begehbar sein, um sie auch innen überprüfen zu können – ein weiterer Vorteil gegenüber der alten Anlage, die lediglich von außen durch Taucher inspiziert werden konnte.
„Das Risiko steigt von Jahr zu Jahr“, so Christian Heinze über den historischen Düker, der wegen seiner Lage direkt unterhalb der Rheinsohle auch in Gefahr schwebe, von Schiffsankern beschädigt zu werden. Der Schacht für die beiden neuen Rohre wird von Stammheim aus mit Hilfe eines Bohrkopfs vorgetrieben. Anschließend werden die Stahlbetonrohre mit Durchmessern von 3,2 und zwei Metern abschnittsweise eingepresst.
Niehler Damm wird ab Oktober 2023 für Autos gesperrt
Auf dem Gelände des Klärwerks und am Niehler Damm entsteht in einem ersten Schritt bis Ende 2024 jeweils eine große Baugrube. Danach beginnt der unterirdische Rohrvortrieb. Oberirdisch wird sich das Bauprojekt vor allem in Niehl bemerkbar machen: Schon ab Oktober dieses Jahres wird der Niehler Damm auf etwa 300 Metern Länge für den Autoverkehr gesperrt.
„Den Niehlerinnen und Niehlern wird in den nächsten fünf Jahren sehr viel abverlangt“, so Diana Siebert, Bezirksbürgermeisterin von Nippes. Für den Stadtteil seien die Beeinträchtigungen aber vielleicht auch eine Chance, könne doch Durchgangsverkehr reduziert werden. Anwohner sollen weiterhin ihre Häuser erreichen können. Auch der Radverkehr soll ungehindert fließen können. Die Buslinie 147 wird umgeleitet.
Die Stadtentwässerungsbetriebe sprechen von einer Jahrhundertinvestition. Für mindestens ein weiteres Jahrhundert würden ausreichende Kapazitäten im Kölner Abwassersystem geschaffen. Die Verlegung einer Gashochdruckleitung, schleppende Genehmigungsverfahren und Corona verzögerten den Baubeginn jedoch. Wenn der neue Düker seine Arbeit voraussichtlich 2028 aufnimmt, wird der alte übrigens nicht vollständig außer Betrieb gehen. Künftig soll er Klärschlamm transportieren oder andere Leitungen unter dem Rhein herführen.