Vom 16. bis zum 20. Mai findet auf dem Gelände des Latibul das Circus Dance Festival statt. Ein Gespräch über zeitgenössischen Zirkus und Tradition.
Clowns mit roter Nase und männlich?Circus-Dance Festival im Kölner Norden bricht mit Zirkus-Klischees
Clowns sind männlich und haben immer eine rote Nase – das ist das gängige Klischee. Mit solchen Traditionen will das Circus Dance Festival bewusst brechen: Zeitgenössischer Zirkus schreitet voran, hinterfragt, öffnet sich für Experimente.
Dafür sei Köln ein guter Standort, sagt Tim Behren, künstlerischer Leiter des Festivals und Choreograf der Kölner Tanz-Kompanie „Overhead Project“. Während der zeitgenössische Zirkus in Deutschland im Vergleich zu Frankreich noch in den Kinderschuhen stecke, nehme Köln eine Vorreiterrolle ein. „Hier gibt es bereits eine Szene. Köln ist eine Zirkusstadt.“
Zirkus gilt seit 2023 als immaterielles Kulturerbe der Unesco
In Abgrenzung zum klassischen Zirkus, den etwa Roncalli repräsentiert, versteht sich der zeitgenössische als „eine Kunstform, die sich viel stärker mit anderen künstlerischen Sparten wie Tanz, Theater und Medienkünsten vermischt“, so Behren.
Das Festival An der Schanz in Riehl startet am Donnerstag, den 16. Mai und endet am Sonntag, dem 20. Mai. Ausgangspunkt für das Motto „Re-Inventing Circus – Zeitgenössischer Zirkus zwischen Erbe und Erneuerung“ war, dass die Unesco den Zirkus seit 2023 zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland zählt.
Was der zeitgenössische Zirkus auf jeden Fall ablehne, sei die Arbeit mit Tieren und dass er nur für Kinder sei. Zudem beleuchte er die Rollenklischees in Bezug auf Männer und Frauen kritisch. „Einer unserer Hauptacts ist Laury Murphy, eine Performerin aus England. Sie mischt Stand-Up-Comedy und Luftakrobatik“, sagt Behren. Murphy thematisiert die Perspektive des Publikums und worüber dieses lacht, sie arbeitet mit Texten, kritisiert amerikanische Comedians und kommentiert sarkastisch den stereotypen Blick auf ihren Körper: Ihre neue Produktion dreht sich um das Thema Clown.
Die Akrobatinnen und Akrobaten von „Circumstances“ sind zwischen 57 und 67 Jahre alt. Ihr Stück „Glorious Bodies“ widmet sich der Frage, wie sich Körper von Artisten mit der Zeit wandeln und zeigt, wie sie mit ihren veränderten Fähigkeiten Frieden schließen können. „Das ist eine Deutschlandpremiere und passt zum Thema Erbe und Erneuerung. Welche Haltung hat diese Generation als Teil der 68er-Bewegung zu alternativen Kunstformen entwickelt?“ Auch einen alternden Körper auf der Bühne zu sehen, passiere nicht so oft, so Behren.
Köln-Riehl: Open-Air-Konzerte, Familientag und Gastronomie am Latibul
Seltenheit, künstlerischer Mut: Das ist das, wonach Behren sucht, wenn er noch vor Stattfinden des aktuellen Festivals wieder mit der Planung des nächsten befasst ist: Auf internationalen Festivals, vor allem in Frankreich, spürt er die innovativen Nummern auf. „Es sollen experimentelle Stücke sein, die andere Zirkusdramaturgien zeigen. Es geht nicht nur um höher, schneller, weiter, auch nicht darum, dass es bei den Tricks von leicht zu schwer übergeht“, sagt Behren.
Das Festival biete aber nicht nur Raum für progressive Stücke, sondern zeigt ein breites Angebot: Auf dem Gelände in Riehl wird es Gratis-Konzerte geben, es ist ein Film- und Diskussionsprogramm geplant sowie am Sonntag ein Familientag, der vom Latibul, dem Zirkus- und Theaterpädagogischen Zentrum, organisiert wird.
„Das Besondere an dem Festival ist, dass man sich auf dem Gelände sehr gut aufhalten kann. Man kann viel entdecken. Und wir haben eine 360-Grad-Bühne“, sagt Behren.
Behren kommt aus Tübingen, hat in Brüssel an der Zirkushochschule studiert und wurde als Akrobat ausgebildet. Dann kam er nach Köln, das nicht zuletzt durch seine gute Anbindung an die Zirkusländer Belgien und Frankreich für viele Hochschulabsolventen attraktiv sei. Er gründete die Kompanie „Overhead Project“, die mit ihrem Stück „Blueprint“ ebenfalls auf dem Festival zu sehen sein wird.
Circus Dance Festival, Infos zum Programm gibt es im Internet unter circus-dance-festival.de. Neben kostenlosen Acts gibt es für die Stücke Tickets für 18 Euro, ermäßig 12 Euro.