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Verträglichkeit mit Kölner DomWas das Auswärtige Amt mit dem DEVK-Hochhaus zu tun hat

Lesezeit 5 Minuten
Die Visualisierung zeigt den Siegerentwurf von JSWD für das DEVK-Hochhaus.

Die Visualisierung zeigt den Siegerentwurf für das DEVK-Hochhaus.

Vor 20 Jahren sorgten Hochhaus-Pläne dafür, dass der Dom auf die Liste bedrohter Welterbestätten kam. Was bedeutet das für den DEVK-Turm?

Das geplante neue DEVK-Hochhaus beeinträchtigt laut des Experten, der die Verträglichkeit des 144-Turms mit dem Unesco-Welterbe Dom beurteilt, die historische Stadtsilhouette nur „moderat“. So steht es in der ersten Stellungnahme von Architekt und Stadtplaner Michael Kloos aus Aachen, die er im Architektenwettbewerb für das Hochhaus an der Zoobrücke Ende Mai abgab. Das städtische Baudezernat hat die Stellungnahme jetzt dem Stadtrat in einer Sachstandmitteilung präsentiert.

Die Unesco ist die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation. Ende Juli hatte die Unesco 1210 Welterbestätten in 168 Ländern notiert, 56 davon standen auf der Liste der besonders bedrohten Welterbestätten – so wie der Kölner Dom zwischen 2004 und 2006.

Damals waren Hochhaus-Pläne in Deutz der Grund. Als klar war, dass das Hochhaus nicht kommt, strich die Unesco den 157 Meter hohen Dom von der Liste der bedrohten Welterbestätten. Allerdings: Der rund 2,5 Kilometer vom Dom entfernte geplante DEVK-Büroturm liegt außerhalb der damals angefertigten Pufferzone rund um den Dom.

Wie berichtet, haben die Architekten von JSWD das Verfahren für den DEVK-Neubau gewonnen, ihr Entwurf sieht ein 144 Meter und ein 44 Meter hohes Gebäude vor, sie sind verbunden über einen fünfgeschossigen Sockel. Sie ersetzen das Zooparkhaus, es wird stattdessen eine auch öffentlich nutzbare Tiefgarage gebaut. Die bisherige Zentrale gegenüber lässt die DEVK ab diesem Jahr sanieren und zieht übergangsweise in ein Haus am Rheinpark.

Ursprünglich sollte der neue Büroturm durch einen Sockel mit der Zentrale verbunden werden, doch davon hat das Unternehmen sich verabschiedet. Die DEVK hat seit 1984 ihre Zentrale an der Zoobrücke. Der Neubau wäre mit 144 Meter nach dem Mediapark-Turm (149 Meter) und dem Colonia-Turm (147 Meter), besser bekannt als Axa-Hochhaus, das dritthöchste Haus in Köln.

DEVK-Vorstand Bernd Zens

DEVK-Vorstand Bernd Zens

Kloos‘ Einschätzung ist noch nicht final, er wird noch ein Gutachten erstellen. Laut DEVK-Vorstand Bernd Zens ist sein Urteil „schon ein wichtiger Faktor“, ob der Kölner Versicherer das Bauprojekt für rund 750 Millionen Euro tatsächlich bauen kann. Zens sagte: „Solange er nur Bedenken hat, wird es schon gehen. Anders sieht es aus, wenn er zur Einschätzung käme, das Hochhaus ginge so nicht.“

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Zens rechnet mit einer Fertigstellung etwa im Jahr 2032. Die DEVK will ihr Mitarbeitenden-Wachstum auffangen, aber auch ihr Kapital in einer Immobilie anlegen. Zusätzlich zu Büros sollen ein Café, eine Skybar, ein Supermarkt, ein Konferenzzentrum und Mitarbeiter-Apartments entstehen.

Doch noch liegt das finale Gutachten von Kloos nicht vor. Und das liegt daran, dass laut Stadtverwaltung und DEVK noch nicht klar ist, ob der Entwurf von JSWD tatsächlich umgesetzt wird, weil es ohnehin noch weitere Anpassungen der Entwürfe brauche. Der Versicherer kann auch den Zweitplatzierten (Lengfeld und Wilisch Architekten Part) oder Drittplatzierten (Henke Schreieck Architekten ZT) beauftragen, das ist üblich in solchen Verfahren.

Das derzeitige Gebäude der DEVK am Rheinufer

Das derzeitige Gebäude der DEVK am Rheinufer

Beispielsweise bei den ursprünglich geplanten Wohntürmen am Fernsehturm „Colonius“ hatte sich der damalige Bauherr nach dem Wettbewerb umentschieden und wählte den zweitplatzierten Entwurf aus, weil er sich seiner Meinung nach besser eignete. Am Ende war es egal, weil er seine Pläne nie umsetzte.

Die Stadt teilte mit: „Das Gutachten kann erst finalisiert werden, wenn die Überarbeitung des Wettbewerbsergebnisses abgeschlossen ist.“ Je nach Abstimmungsbedarf und Aufwand braucht Kloos laut Stadt zwei bis drei Monate. Kloos selbst wollte sich gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht äußern. Wenn das Gutachten vorliegt, entscheidet die Stadt laut eigener Aussage, ob sie es an das Land NRW übergibt.

Baumaßnahmen gefährden manchmal Welterbestätten

Wenn sie das tut, entscheidet das Land, wie es weitergeht, beispielsweise ob es weitere Analysen des Landschaftsverbandes Rheinland braucht oder nicht. Und das Land entscheidet, ob das Thema über das Auswärtige Amt an die Unesco mit Sitz in Paris weitergegeben wird oder abgeschlossen wird, weil es „schon auf Landesebene entschieden werden kann, dass das Verfahren eindeutig unkritisch ist und nicht weiter erörtert werden muss“.

Baumaßnahmen sind laut Unesco einer von 14 Faktoren, die Welterbestätten wie den Dom gefährden. Die Unesco schreibt: „Sollte durch einen oder mehrere dieser Faktoren eine ernste und spezifische Gefahr für den Erhalt einer Welterbestätte entstehen, kann das Welterbekomitee diese auf die Liste des gefährdeten Erbes der Welt setzen.“

Stadt geht von Verträglichkeit aus

Die Verwaltung ließ die Frage offen, ob sie sich dem Urteil des Gutachters widersetzen würde, wenn es negativ ausfällt. Sie ist zuständig für den nötigen Bebauungsplan. Die Verwaltung sagte aber: „Die Stadt geht davon aus, dass die Welterbeverträglichkeit weiterhin gegeben sein wird.“

Unesco-Experte Kloos urteilte im Wettbewerb über den JSWD-Plan: „Der Entwurf ist in ein niedrigeres und ein hohes Bauvolumen unterteilt. Letzteres erscheint aufgrund seiner Längsausrichtung entlang des Rheinkorridors sowohl von der Mülheimer Brücke als auch von der Hohenzollernbrücke aus gesehen relativ schlank und aufgrund seiner abgerückten Positionierung vom Rhein ordnet es sich insgesamt in den Rheinkorridor beziehungsweise die historische Stadtsilhouette mit dem Dom als Mittelpunkt ein.“

Aber: „Die relativ schlüssige Einordung in die Stadtsilhouette bzw. den Rheinkorridor könnte durch eine Verringerung der Gebäudehöhe (Übererfüllung der Flächenanforderungen!) weiter verbessert werden (…).“

Das Bauprojekt der DEVK hat eine jahrelange Vorgeschichte, unter anderem drohte der Versicherer im Sommer 2022 damit, mit seiner Zentrale Köln zu verlassen, weil die Stadtverwaltung das neue Hochhaus in seinen Augen nicht schnell genug vorantrieb. In Monheim hatte die DEVK sich schon ein Grundstück gesichert, auch Gespräche mit anderen Städten wie beispielsweise Düsseldorf geführt.