Den Kölner Schutzhof für Pferde gibt es seit mehr als 30 Jahren. Da er sich privat finanziert, ist jedes Jahr eine neue Herausforderung.
„Tiere sind keine Gegenstände“Kölner Pferdeschutzhof bietet ehemaligen Rennpferden und Zirkusponys Zuflucht
„Eigentlich lief heute Morgen alles wie immer“, sagt Dennis Verbeek und sieht sich im Stall um. Alle Pferdeboxen sind bereits ausgemistet und mit frischem Stroh, Heu und Wasser ausgestattet. Draußen herrscht ungemütliches Spätherbstwetter; eben hat es sogar angefangen zu schneien. Auf dem Kölner Schutzhof für Pferde in Weidenpesch fallen an diesem Vormittag die ersten Schneeflocken.
Dennis Verbeek ist 29 Jahre alt und der Sohn von Sabine Verbeek, die den Pferdeschutzhof leitet. Er ist auf dem Hof aufgewachsen, mittlerweile arbeitet er hier mit seiner Mutter in Vollzeit. Seine Großmutter Ruth Machalet gründete 1988 den Hof am Ginsterberg. „Wir sind eine Art Tierheim für Pferde“, sagt Dennis Verbeek. Ein ziemlich großes Tierheim – der Hof umfasst 38.000 Quadratmeter. Neben Pferden gibt es hier auch Ziegen, Schweine, Katzen und Hühner.
Auf dem Hof leben derzeit 20 Pferde. Sie wurden von überforderten Besitzern abgegeben oder aus qualvollen Unterbringungen gerettet. Der Schutzhof nimmt die Pferde vorerst auf. Viele der Tiere leben nur für einige Monate bis Jahre hier, im besten Fall werden sie schnell an einen neuen Besitzer vermittelt. Das ist bei Pferden am wahrscheinlichsten, die sich noch reiten lassen.
„Morgens freue ich mich am meisten darauf, mein Pflegepony Nicki zu sehen.“ Yvonne Hannes (41) strahlt über das ganze Gesicht. Sie arbeitet seit 2012 auf dem Pferdeschutzhof. „Morgens um 8 Uhr beginnt der Tag erstmal mit Kaffee. Möglichst bald bringen wir die Pferde dann aber raus.“ Die Pferde werden aus ihren Boxen auf die Weiden gebracht. Dort kriegen sie Bewegung, frische Luft und können am Gras knabbern. Heute ist den Pferden aber eher weniger nach Bewegung zu Mute. Als der Schneeregen einsetzt, stellen sich viele unter.
Auf dem Hof leben viele Ponys, aber auch einige größere Pferde, wie Iwan, ein ehemaliges Rennpferd. Die jüngsten Pferde sind drei Jahre alt – das älteste Pony namens Ron ist fast 40. Zur Einordnung: Laut der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz gilt ein Pferd ab 20 Jahren bereits als alt. Dem Verein zufolge entsprechen 40 Pferdejahre rund 114 Menschenjahren. Sein Alter sieht man Rons magerem Körper zwar an, aber „er ist noch voller Energie“, sagt Verbeek.
Während die Pferde auf der Weide stehen, laufen die Stall-Arbeiten. Beim Ausmisten helfen auch Menschen mit, die ihre Sozialstunden hier ableisten. Diese Menschen seien eine wichtige Hilfe, betont Yvonne Hannes. Es gibt auf dem Hof nur drei Festangestellte. Dazu kommen Familie Verbeek und circa 20 ehrenamtliche Helfer. Mithelfen kann jeder Tierfreund, der mindestens zwölf Jahre alt ist und Lust auf körperliche Arbeit hat. Nicht immer geht es um Tierpflege, heute zum Beispiel muss ein Zaun neu aufgebaut werden, und die Stallungen werden saniert.
Gegen 15 Uhr kehren die Pferde zurück in ihre Ställe, und um diese Zeit kommen die Ehrenamtler, unter anderem auch einige Jugendliche. Gemeinsam mit Dennis Verbeek putzen sie die Pferde oder bauen an den Stallungen. Den Kindern tue die Arbeit gut. „Sie werden mit der Zeit viel souveräner. Es kommt oft vor, dass ein Mädchen ganz verschüchtert bei uns anfängt und mit der Zeit viel selbstbewusster wird“, erzählt Verbeek. Heute werden aber keine Kinder vorbeikommen, glaubt er, das Wetter ist zu schlecht.
Verbeeks Lieblingstier ist Shay. Das Pony war einst in einem Wanderzirkus, jetzt genießt es die Ruhe auf dem Schutzhof. Nach der Rettung benötige es Geduld, doch fast jedes Pferd würde sich hier regenerieren, sagt Verbeek. In manchen Fällen, wie bei Iwan, dem Rennpferd, sei eine Vermittlung an einen neuen Besitzer trotzdem unmöglich. Dann würden die Pferde hier ihr „Gnadenbrot“ erhalten. Sie bleiben also auf dem Schutzhof, bis sie sterben.
Der Pferdeschutzhof finanziert sich aus privaten Mitteln und Spenden. Unterstützung durch die Stadt Köln gibt es nicht, sagt Verbeek, die würde er sich aber wünschen. Wegen der gestiegenen Preise von Heu und Stroh sei es schwierig geworden. Verbeek und seine Kollegen finden generell, dass in Köln und Deutschland mehr für den Tierschutz getan werden müsse. „Die Politik sollte Tiere vor allem nicht mehr als Gegenstände betrachten“, sagt Yvonne Hannes. Verbeek spricht sich zwar nicht gegen den Reitsport per se aus, „solange er im Einklang mit dem Pferd stattfindet“. Was er und seine Mutter jedoch vollständig ablehnen: Pferde in Karnevalszügen. „Die Pferde kriegen da Todesangst. Es ist stressig und viel zu laut.“
Zur Mittagszeit kehrt Ruhe auf dem Hof ein, auch die Pferde wirken schläfrig. Gerade für die älteren Tiere sei dieses nass-kalte Wetter nicht besonders angenehm, sagt Dennis Verbeek. Er überlegt, die Pferde heute schon früher in die Ställe zu bringen. Er selbst hat auch schon eine rote Nase. „Zieh dir mal ’ne dickere Jacke an!“, rät ihm seine Kollegin Bettina Jung. Schließlich gibt es den Pferdeschutzhof nur dank all der Menschen, die sich hier täglich für die Tiere einsetzen – und das bei jedem Wetter.