„Hype“-Schauspielerin Nora Henes„Köln hat mich mit offenen Armen empfangen“
- Nora Henes hatte als „Naila“ in der WDR-Rap-Musical-Serie „Hype“ ihre erste größere Rolle.
- Bis es dazu kam, musste sie einige Rückschläge verkraften:
- Von der Suche nach ihren Wurzeln, über den Verlust ihrer Mutter, bis hin zur geringen Wertschätzung als Tänzerin.
- Jetzt blickt die 26-Jährige aber positiv in die Zukunft, und fühlt sich in Köln angekommen.
- Wir haben sie zum Gespräch getroffen.
Köln – Von einem bewegten Leben zu sprechen dürfte bei den meisten 26-Jährigen übertrieben anmuten. Bei der Kölner Schauspielerin und Tänzerin Nora Henes ist es das nicht. Henes hat über ihre Hauptrolle als „Naila“ in der WDR-Rap-Musical-Serie „Hype“ im Frühjahr größere Bekanntheit erlangt. Bis es zu dieser Rolle kam, musste Henes allerdings schon einige Rückschläge verkraften – von miserabel bezahlten Tanzjobs, über die Suche nach den eigenen Wurzeln in Deutschland und Nigeria, bis hin zu psychischen Belastungen während der Corona-Pandemie. „Hype hat mir wieder ein Ziel gegeben“, sagt sie heute.
Geboren ist die 26-Jährige in Heppenheim als Tochter einer nigerianischen Mutter und eines deutschen Vaters. Ihr Weg nach Köln vor rund vier Jahren hatte einige Umwege. „Ich bin als Kind oft umgezogen“, erzählt sie. „Meine Mutter kommt aus einem nigerianischen Dorf, in dem schlimme Dinge vor sich gehen. Sie musste ihre Heimat verlassen, hat sich in Deutschland aber nie wohlgefühlt und psychisch sehr darunter gelitten“, so Henes.
„Sie wollte immer vor den Problemen fliehen. Erst als mein Zwillingsbruder und ich als Jugendliche zu meinem Vater gezogen sind, habe ich ein Heimatgefühl entwickelt. In Deutschland sind die Menschen zwar sehr kritisch, aber sie schauen hinter den Vorhang. Es ist nicht so oberflächlich, die Leute sind sozial engagiert“, sagt Nora Henes.
Henes studierte Schauspiel in Vancouver
Den Vergleich kann die 26-Jährige gut ziehen: Nach dem Abitur ging sie ins kanadische Vancouver, um Schauspiel zu studieren. Dort entdeckte sie auch ihre Liebe zum Tanz wieder, den sie immer mehr zum Ausdruck ihrer Gefühle nutzte. Aus dem geplanten Jahr in Vancouver wurden zweieinhalb. „Ich habe auch überlegt, noch länger dort zu bleiben. Ich hatte gute berufliche Möglichkeiten dort“, sagt Henes. „Aber gleichzeitig habe ich mich irgendwann wie in einer Blase gefühlt. Alles ist gut, alles ist positiv, man fühlt sich, als würde man schweben. Doch dadurch verliert man den Boden unter den Füßen. Man muss sich auch mit problematischen Dingen auseinandersetzen“, sagt sie.
Und entschloss sich, zurück zu ihren Wurzeln nach Deutschland zu kehren. „Dieses Land hier hat mich gefüttert, hat mich großgezogen, hat mich gebildet, und das kostenlos. Obwohl ich in Kanada so viele Optionen hatte, war mein Innerstes leer. Ich habe mich nach meiner Heimat gesehnt.“
Tour mit Andrea Berg und Auftritt bei TeddyTeclebrhan
In Köln hat sich Nora Henes direkt wohlgefühlt. „Die Rheinländer sind super freundlich und offen, man kommt leicht ins Gespräch. Ich wurde hier mit offenen Armen empfangen“, sagt sie. In Köln konzentrierte Henes sich auf ihre Karriere im Show-Bereich. „Ich wollte erstmal in die Entertainment-Richtung gehen. Das Schauspiel-Studium ist sehr intensiv, man geht ins Unterbewusstsein, vieles bricht auf. Ich hatte aber nicht die Zeit und die Energie, um das zu heilen. Deshalb dachte ich, ich klebe erstmal ein Pflaster drauf und mache Shows.“ Henes tanzte in einem Musikvideo des Comedians Teddy Teclebrhan, tourte gemeinsam mit der Schlagersängerin Andrea Berg. „Da habe ich vor 30.000 Leuten getanzt. Das war schon aufregend“, sagt sie.
Trotzdem ist der Berufsalltag für professionelle Tänzerinnen und Tänzer meist alles andere als glamourös. „Der Tänzer-Beruf ist in Deutschland nicht anerkannt und unterbezahlt. Tanzen wird oft als etwas Billiges angesehen, nicht als Kunst. Das ist ein großes Problem“, sagt Henes. „Dazu kommt, dass ich oft die einzige Schwarze Tänzerin im Saal war. Wenn ich mit meiner nigerianischen Familie telefoniert habe, wurde sich über mein Pidgin lustig gemacht. Das hat mir ein Gefühl von Minderwertigkeit gegeben.“ Pidgin ist eine in Nigeria gesprochene Pidgin- und Kreolsprache, die auf Englisch basiert. Noch während Henes auf Tour war, musste sie von Deutschland aus eine Beerdigung in Nigeria organisieren. Ihre mittlerweile in Schottland lebende Mutter verstarb Ende 2019 plötzlich an Lungenkrebs.
Serie „Hype“ brachte Aufschwung für die Künstlerin
„Ich wollte es nicht wahrhaben und habe viel verdrängt. Ich bin zwei Wochen später schon wieder mit auf Tour gegangen, um mich abzulenken. Teilweise habe ich auf der Bühne gelächelt, aber gleichzeitig sind mir die Tränen runtergelaufen“, sagt sie.
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Als 2020 dann der Corona-Lockdown kam, gab es auf einmal keine Ablenkung mehr für Nora Henes. „Ich wurde immer unglücklicher, bis ich dann zusammengebrochen bin. Es hat seine Zeit gedauert, bis ich mich wieder aufgerappelt habe. Und dann kamen Esra und Patrick.“ Esra und Patrick Phul sind die Macher der Rap-Musical-Serie „Hype“, die das Leben von jungen Menschen in Porz abbildet. Sie casteten Nora Henes für die weibliche Hauptrolle „Naila“. Naila verkörpert eine Influencerin, die es aus Porz-Finkenberg „herausgeschafft“ hat und nun ein Leben voller Werbeaufträge und Luxus führt.
„Hype war von Anfang an ein Herzensprojekt für mich, weil ich mich in der kulturellen Zerrissenheit, die dargestellt wird, wiedergefunden habe“, sagt Henes. „Mir hat die Arbeit an der Serie wieder ein Ziel gegeben, ich musste mich wieder auf etwas vorbereiten und konnte mich auf etwas konzentrieren. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Die Serie sei ein Sprachrohr für viele geworden, die sich dadurch verstanden und gesehen fühlen. „Ich würde mich sehr über eine zweite Staffel freuen. Ich bin ready!“, sagt sie und lacht.