NS-DokumentationszentrumStadt Köln hat die Suche nach einem neuen Direktor gestoppt
Köln – Die Stadtverwaltung plant offenbar, die Leitung des NS-Dokumentationszentrums vorerst nicht neu zu besetzen. Das geht aus einer Antwort des Kulturdezernats auf eine Anfrage der SPD-Fraktion hervor. Werner Jung, der langjährige Direktor der Einrichtung, ist Ende Oktober 2021 in den Ruhestand gegangen. Seitdem ist die Stelle vakant. Monate zuvor lief bereits ein Verfahren für die Nachbesetzung, das in den vergangenen Monaten nicht fortgeführt wurde.
Die Stadt begründet die Unterbrechung des Verfahrens mit einem Ratsbeschluss, in dem die Verwaltung beauftragt wird, die Historische Mitte, zu der auch das NS-Dokumentationszentrum gehört, zu einem Alleinstellungsmerkmal der Stadt weiterzuentwickeln. Dabei seien „mögliche Synergien zu identifizieren“, wie es in dem Beschluss heißt. Will die Stadtverwaltung die Leitung unterschiedlicher Museen und Bildungseinrichtungen also zusammenlegen?
Kölner Politik irritiert: „Der Interpretation können wir nicht folgen“
Auf Nachfrage äußerte sich ein Stadtsprecher am Montag nicht und verwies auf die Antwort der Verwaltung auf die SPD-Anfrage. In dieser heißt es, es sei „zunächst zu eruieren, welchen Einfluss der geforderte Vernetzungsansatz auf die zukünftige strukturelle Ausrichtung der hier betroffenen Einrichtungen nimmt.“ Eine Wiederbesetzung der fraglichen Stelle solle diesen Überlegungen nicht vorgreifen. Die Entscheidung sei in Abstimmung mit dem Amt der Oberbürgermeisterin und dem NS-Dokumentationszentrum getroffen worden.
Die Kölner Politik fühlt sich jedoch missverstanden – und drängt auf eine schnelle Nachbesetzung. „Der Interpretation und der bisherigen Begründung der Verwaltung können wir nicht folgen“, sagt etwa Brigitta von Bülow, kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Die Umgestaltung der Historischen Mitte hat mit der Leitung des NS-Dokumentationszentrums nichts zu tun.“
Kölner Kulturausschuss: Neuer Auftrag für die Verwaltung
Die Einrichtung brauche dringend eine starke kreative Leitung. „Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass wir alles unternehmen müssen, um gegen Rassismus, Antisemitismus, und rechten Populismus einzutreten“, so von Bülow weiter. Die Einrichtung sei nicht zu vergleichen mit anderen Museen. „Es ist eine Gedenkstätte, es ist ein Ort der Vermittlung, ein Ort, aus dem aus der Vergangenheit für die Gegenwart und für die Zukunft für ein Zusammenleben in Vielfalt gelernt wird.“
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Auch der Förderverein des Museums ist empört über die Nichtbesetzung. „Der Ball liegt eindeutig bei der Verwaltung. Wir leisten politische Bildungsarbeit. Das NS-Dokumentationszentrum steht auf zwei Standbeinen: Der historischen Forschung und der Museumspädagogik. Wir braucht es eine starke Leitung“, sagt Martin Sölle, Vorsitzender des Vereins „El-De-Haus“. Dass die Nachfolge vakant ist, sei längst bekannt, „aber der neue Kulturdezernent Stefan Charles möchte erst Ende April mit uns sprechen. Das ist leider viel zu spät.“
In der Sitzung des Kulturausschusses hatte eine breite Mehrheit der Fraktionen geplant, die Verwaltung mit einer schnellstmöglichen Nachbesetzung zu beauftragen. Der Antrag wurde jedoch zurückgezogen, nachdem die Verwaltung zusagte, die notwendigen Gespräche zu führen. „Ich werde alles dafür tun, dass dies auch so stattfindet“, sagte Brigitta von Bülow im Anschluss. Politik und Förderverein erwarten nun eine zügige Wiederaufnahme des Verfahrens.