Obdachlose in KölnMacht sich die Stadt wegen Körperverletzung strafbar?
Köln – Die Kölner Staatsanwaltschaft prüft die Aufnahme von Ermittlungen gegen Vertreter der Stadt Köln wegen ihres Umgangs mit Obdachlosen. Es geht um die Frage, ob das möglicherweise unzureichende Angebot der Stadt zu gesundheitlichen Gefährdungen bei den Wohnungs- und Obdachlosen führt.
Vertreter der Stadt könnten sich wegen Körperverletzung oder dem Straftatbestand „Aussetzen in hilfloser Lage“ verantworten müssen. Hintergrund ist eine Aufforderung Rainer Kippes von der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM), der sich für Obdachlose einsetzt und die mangelhafte Wohnungspolitik der Stadt kritisiert. Er hatte im vergangenen Jahr selbst vor Gericht gestanden, weil er zusammen mit obdachlosen Frauen leerstehende Häuser besetzt hatte. Das Verfahren wurde eingestellt, weil der Hauseigentümer – ein Unternehmen des Bundes – die Anzeige zurückgezog.
Kritik an städtischer Wohnungs- und Sozialpolitik
Im Prozess hatte der Vertreter der Anklage, Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn, Verständnis für die Kritik an der Kölner Sozial- und Wohnungspolitik geäußert. Nun bestätigte er auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, sich mit Kippes Vorwürfen in einem so genannten Prüfvorgang noch einmal zu beschäftigen. Entgegen der Aussage des Mülheimer Aktivisten und streitbaren Mitglieds der Grünen liege jedoch keine Strafanzeige gegen städtische Beamte wegen Körperverletzung vor.
Mit der Prüfung eines Ermittlungsverfahrens ist die Beurteilung einer spannenden, aber auch recht komplizierten Frage verbunden. Im März vergangenen Jahres hat das Oberverwaltungsgericht in Münster die Stadt Köln dazu gezwungen, eine andere Unterbringung für eine obdachlose fünfköpfige Familie zu organisieren. Die drei Erwachsenen und zwei Kinder lebten bis dahin in einem 30 Quadratmeter großen Hotelzimmer. Mit seinem Urteil setzte das Oberverwaltungsgericht neue Maßstäbe: Pro Person seien mindestens neun Quadratmeter nötig. Außerdem müsse sichergestellt sein, dass sich ein Obdachloser 24 Stunden in geschlossenen Räumen aufhalten könne und er in seiner Unterkunft eine Rückzugsmöglichkeit habe.
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Die Stadt Köln, die in den vergangenen Tagen mehrfach ausführlich ihre Winterangebote für die steigende Zahl an Obdachlosen darstellte, erfüllt diese Vorgaben des Gerichts nicht. Eine Unterbringung über 24 Stunden ist nicht für jeden garantiert, und Mehrbettunterkünfte erfüllen in der Regel nicht die vom Oberverwaltungsgericht geforderten Mindeststandards.
Doch damit ist noch lange nicht klar, ob der Stadt beziehungsweise ihren Bediensteten strafrechtliche Konsequenzen drohen. Nicht jeder, der gegen verwaltungsrechtliche Vorgaben verstößt, macht sich strafbar. Ein Vergehen muss im Einzelfall nachgewiesen werden. Das würde hier bedeuten: Einem Vertreter der Stadt müsste nicht nur die Verletzung einer Handlungspflicht vorgeworfen werden können. Es müsste sich auch nachvollziehen lassen, dass diese Verletzung in einem direkten Zusammenhang mit medizinisch nachweisbaren Beeinträchtigungen von Betroffenen stehen.