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Kommentar

Odysseum-Schließung
Eine gute Idee, aber Köln war nicht bereit

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Das Bild zeigt die Vorderfront des Odysseums in Köln.

Das Kölner Odysseum soll bald der Vergangenheit angehören.

Das Odysseum sollte ein großzügiges Geschenk der Sparkasse Köln-Bonn an die Stadt werden. Es wurde eine jahrzehntelange Irrfahrt.

Meine Töchter haben Glück gehabt, die durften mit dem Odysseum aufwachsen. Sie haben hier im Sand nach Dinospuren gesucht und sich vom aus Japan importierten animatronischen T-Rex erschrecken lassen. Sie haben mit Gehirnwellen Bälle gesteuert, unter großem Einsatz Wasser von der Wurzel bis zur Krone eines Baumes gepumpt und sich mit der Hand am Van-de-Graaff-Generator die Haare zu bergen stehen lassen.

Mit anderen Worten: Sie haben gelernt, freiwillig und außerschulisch, ja mit unverhohlener Begeisterung. Am liebsten wären sie jedes Wochenende in das Kalker Haus gefahren. Seine selbst gestellte Aufgabe, jungen Menschen technisches und naturwissenschaftliches Know-how auf möglichst an- und aufregende Weise zu vermitteln, hat das Odysseum anfangs nämlich sehr gut erfüllt.

Der Sparkassen-Stiftung fehlte das veranstaltungstechnische Know-how

Leider hielt das veranstaltungstechnische Know-how nicht mit dem Idealismus mit, den die Stiftung Wissen der Sparkasse Köln-Bonn (damals noch Stadtsparkasse Köln) für das Projekt mitbrachte. Die prognostizierten Einnahmen erwiesen sich schnell als illusionär. Das Geldinstitut musste sein großzügiges Geschenk an die Stadt Jahr um Jahr kräftig bezuschussen. Man baute die Dauerausstellung mehrmals um, und jedes Mal ging dabei etwas vom Ursprungsgedanken verloren. Man suchte, vielleicht nur halbherzig, andere Mitspender und zog sich schließlich aus der Verantwortung zurück – das gesparte Geld wog schwerer als der Van-de-Graaff-mäßig haarsträubende Imageverlust.

Auf unschöne Weise bewahrheitete sich der homerische Name des Ortes: Mit dem Odysseum war die Sparkasse auf eine zwölfjährige, verlustreiche Irrfahrt geraten. Und die Stadt, deren jüngere Bewohner doch von diesem Lern- und Erlebnisort profitiert hatten? Sie sah sich nicht in der Verantwortung. Das wäre ja noch schöner, wenn sich das großzügige Geschenk als trojanisches Pferd entpuppt.

Unter neuer Regie verwandelte sich das interaktive Wissensmuseum in einen Abenteuerspielplatz mit Blockbuster-Ausstellungen, in ein kommerzielles Unternehmen. Das war ein durchaus ehrbarer und auch ziemlich erfolgreicher Rettungsversuch. „Harry Potter“, „Star Wars“, die noch laufende „Ramses“-Ausstellung oder noch viel mehr animatronische Jurassic-Park-Bewohner, sie zogen endlich die Massen, die dem alten Odysseum ferngeblieben waren.

Jetzt kann sich die Odysseum GBR am Ende doch noch über städtisches Geld freuen – in Form langfristiger Mieteinnahmen. Und die Stadt bekommt dafür eine neue, dringend benötigte Gesamtschule im Rechtsrheinischen. Vielleicht erhält der T-Rex ja einen Ehrenplatz im Pausenhof. Auch zukünftige Blockbuster-Ausstellungen sollen nicht an Köln vorbeigehen, der Betreiber will dafür neue Standorte in der Stadt finden. Dann ist doch alles gut, oder?

Ich bin trotzdem enttäuscht, ein wenig traurig sogar. Vielleicht, weil man es einfach leid ist, dass in Köln jede gute Idee an Halbherzigkeit scheitert. Oder weil ich selbst außerhalb der Schule schon immer viel mehr gelernt habe als innerhalb. Ganz bestimmt jedenfalls, weil nachgeborene Kinder nun nicht mehr so viel Glück haben wie meine Töchter und in Köln keinen so großartigen und lehrreichen Ort mehr finden werden, wie es das Odysseum einmal war.