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Offener Brief an BundesjustizministerSchwarzfahren sollte komplett straffrei sein

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Eine Fahrkartenkontrolleurin kontrolliert mit einem elektronischen Lesegerät in einer U-Bahn den Fahrschein eines Fahrgastes.

Schwarzfahren soll künftig nicht mehr strafbar sein – das fordern zumindest Wissenschaftler in einem offenen Brief an Bundesjustizminister Marco Buschmann.

In einem Schreiben an den Bundesjustizminister fordern Wissenschaftler, dass Schwarzfahren nicht mehr als Straftat gilt. Verfasst hat den Brief unter anderem eine Kölner Kriminologin.

Schwarzfahren soll künftig nicht mehr strafbar sein – das fordern zumindest Wissenschaftler in einem offenen Brief an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Die Kölner Kriminologin Nicole Bögelein hat den Brief gemeinsam mit Luise Klaus, Geografin an der Goethe-Universität Frankfurt, verfasst. Mehr als 120 weitere Kriminologen, Strafrechtler und Stadtforscher aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden haben das Schreiben unterzeichnet.

Der Brief wurde Justizminister Buschmann am 6. August zugestellt, sagt Bögelein. Bislang habe er sich noch nicht dazu geäußert. Das Bundesjustizministerium äußert sich auf Nachfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht zu dem Brief.

Schwarzfahrer befinden sich oft in prekären Lebenslagen

Vor allem Menschen, die in Armut oder prekären Situationen leben, können sich kein Ticket für den öffentlichen Nahverkehr leisten, argumentieren die Wissenschaftler. Betroffene würden nicht aus krimineller Energie ohne Ticket fahren, sondern weil sie keine andere Möglichkeit hätten. In dem Brief heißt es: „Wenn Menschen nicht in der Lage sind, Tickets für den öffentlichen Personennahverkehr zu bezahlen, kann das Strafrecht nicht die Lösung sein.“

Fahren ohne Ticket gilt als eine der häufigsten Bagatellstraftaten. Die Wissenschaftler weisen in ihrem Brief auf den hohen personellen und finanziellen Aufwand hin, der nötig ist, um Schwarzfahrer zu verfolgen. Geld und Personal könnten besser an anderer Stelle verwendet werden, wenn Schwarzfahren straffrei wird.

Mehrheit der Bevölkerung ist für die Entkriminalisierung

In ihrem Schreiben führen die Wissenschaftler Umfragen an, nach denen 55 bis 70 Prozent der Bevölkerung befürworten, dass Fahren ohne Ticket zukünftig straffrei werden soll. Bereits elf Städte und regionale Verkehrsbetriebe zeigen das wiederholte Fahren ohne Ticket nicht mehr als Straftat an – darunter auch die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB).

Justizminister Buschmann hatte im November 2023 angekündigt, das Strafgesetzbuch zu reformieren. Schwarzfahren soll dann keine Straftat sein, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Den Unterzeichnern des offenen Briefes reicht das nicht. Sie fordern, den dazugehörigen Paragrafen ersatzlos zu streichen. Nur so könne Buschmann das „derzeitige Unrecht, dem insbesondere Menschen in prekären sozialen und ökonomischen Lebenslagen ausgesetzt sind, beenden.“ Stattdessen fordern sie eine Senkung der Fahrpreise oder flächendeckende Sozialtickets.