AboAbonnieren

„Man darf über alles und jeden Witze machen“Onkel Fisch sprechen über Cancel Culture, Optimismus und ihren Lieblingsmoment aus 2024

Lesezeit 3 Minuten
Markus Riedinger (l.) und Adrian Engels bilden seit 1994 das Duo Onkel Fisch.

Markus Riedinger (l.) und Adrian Engels bilden seit 1994 das Duo Onkel Fisch.

Das Satire-Duo tritt am Dienstag mit seinem Jahresrückblick in der Volksbühne am Rudolfplatz auf, Tickets gibt es noch.

„Man darf ja gar nichts mehr sagen“ – dieses offenbar weit verbreitete Gefühl kann Adrian Engels nicht teilen: „Man darf über alles und jeden Witze machen. Man muss nur wissen, warum. Diese Frage muss man für sich beantworten können.“ In den vergangenen sieben Jahren, seit er sich gemeinsam mit Markus Riedinger als Onkel Fisch in dem wöchentlichen WDR2-Podcast „Zugabe Pur“ politischen Rückblicken widmet, habe nie jemand gesagt: Das könnt ihr nicht sagen. „Und das führe ich nicht darauf zurück, dass wir zu weichgespült wären.“

Riedinger fügt hinzu: „Die Menschen haben schon immer gesellschaftliche Normen gehabt, über die sich offenbar eine Mehrheit einig war.“ Wenn man sich gegen diese Normen – die sich im Laufe der Jahrhunderte natürlich geändert haben – verhält, treffe man eben auf Widerstand. „Wenn es eine Cancel Culture gäbe, hätte sie auch schon beim Hofnarren gewirkt.“

Satire seit mehr als 30 Jahren

Seit 1994 treten Riedinger und Engels im schwarzen Anzug als das Satire-Duo Onkel Fisch auf, zu ihrer Neujahrstradition gehört mittlerweile auch die Jahresrückblick-Tour. Für die hat das vergangene Jahr mehr als genug Stoff geliefert. Einer ihrer Lieblingsmomente, der an Absurdität kaum zu übertreffen sei, war etwa der G7-Gipfel in Italien, zu dem auch Papst Franziskus eingeladen war. „Und was sollte er da? Der 87-jährige Pontifex sollte vor den G7-Führern über die Gefahren von Künstlicher Intelligenz referieren. Das liest man und denkt sich: Was? Und das ist natürlich ein wunderbarer Running Gag in unserem Programm geworden. Für uns ist das wie eine Absprungrampe“, sagt Engels.

Ihr Lieblingszitat des Jahres komme von Julian Nagelsmann, der in seiner flammenden Rede nach dem EM-Aus die Gemeinschaft betonte: „Das Erstaunliche daran war, dass der deutsche Fußball-Nationaltrainer eine Rede halten muss, die man eigentlich von den Politikern erwartet. Das war so anrührend und wichtig und in der Situation auch für das Land so treffend, es hat uns wirklich maßgeblich beeindruckt“, sagt Riedinger.

Das Lustige und Absurde auch in schlechten Nachrichten sehen

„Der große Klopper war aber natürlich der 6. November.“ Sie hätten sich bereits auf einen Wahlsieg von Donald Trump eingestellt und gedanklich eine Musical-Nummer für den Abschluss ihres Programms vorbereitet. Beim Aufwachen an besagtem Mittwochmorgen war dann klar: Trump ist es, das Amerika-Musical steht. „Und am Abend war dann die Ampel geplatzt. Das hat uns tatsächlich einen Moment aus den Schuhen gehoben. Aber wir haben dann einfach zwei Musicals geschrieben.“ Das Eröffnungsmusical spielt in den USA, das Abschluss-Musical in Berlin.

Diese großen Umbrüche, die Krisen und Kriege, aber auch die kleinen Störfeuer, die dieses Jahr bestimmt haben – darin noch den lustigen oder absurden Aspekt zu sehen, das sei Teil ihrer DNA, sagt Engels. Deshalb könnten sie auch mit einem lachenden statt weinenden Auges auf das Jahr 2024 zurückblicken.

Im Grunde seien sie beide Optimisten: „Wenn uns jemand erzählt: Das Ende der Welt ist nah! Dann sagen wir: Wenn’s mit der Bahn kommt, haben wir eine Stunde länger“, sagt Riedinger. Und in gewisser Weise seien sie als Satiriker schließlich auch Krisengewinner. „Für uns werden das spannende Jahre, egal was passiert. Wir werden genug Material bekommen.“ Mit besonders viel Spannung blicken die beiden dabei natürlich auf die vorgezogene Bundestagswahl im Februar.

Davor touren sie aber erstmal mit ihrem Jahresrückblick weiter durch die Republik. Am Dienstag präsentieren sie ihr zweistündiges „Action-Kabarett“ in der Volksbühne am Rudolfplatz – ein besonderer Auftritt für die beiden, da das ehemalige Millowitsch-Theater eine Kult-Stätte ihrer Jugend sei. Los geht es um 19.30 Uhr, Tickets für 29,60 Euro im Vorverkauf gibt es noch.

Nach dem Jahresrückblick haben Onkel Fisch dann erstmal Ferien – „das ist auch schön.“ Im März geht es dann weiter mit ihrem aktuellen Programm „Hoffnung – Ein Serviervorschlag“.