Auch für Köln geht ein turbulentes Jahr zu Ende. Elf denkwürdige Zitate, deren Folgen und die Frage, ob das kölsche Grundgesetz 2025 endlich hält, was es verspricht.
KVB-Chaos, Opern-Debakel, Ford-BebenDas Köln-Jahr in Zitaten: „Die Debatte der letzten Tage innerhalb der Partei, sorry, kotzt mich an“
Achtung! Dieser Jahresrückblick erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Er soll auch nicht entmutigen, sondern Hoffnung machen, dass das kölsche Grundgesetz 2025 endlich mal hält, was es verspricht: „Et hätt noch immer jot jejange.“
Die Notbremse haben die Kölner Verkehrs-Betriebe schon gezogen, im November folgt die Bankrotterklärung. Die Chefin der erklärt der leidgeprüften Kundschaft, dass man ihr das Fahren mit der Stadtbahn einfach nicht mehr zumuten kann, weil keiner noch mit Sicherheit sagen kann, wann oder ob überhaupt der nächste Zug kommt. Die Gründe sind Personal- und Ersatzteilmangel, hoher Krankenstand und eine marode Fahrzeugflotte. Als Konsequenz wird das Angebot weiter zusammengestrichen. Zum dritten Mal seit 2023. Der Fahrplanwechsel, der am 10. Dezember ansteht, fällt aus. Irgendwie logisch. Ein Zug, der nicht im Fahrplan steht, kann auch nicht zu spät kommen.
Das spektakulärste Neubauprojekt in Köln scheitert, weil selbst der Hohen Domkirche das Geld ausgeht. Sie steigt im Januar aus dem Projekt aus und bewahrt die Stadt damit wohl davor, nach der Oper ein weiteres Desaster zu produzieren. Im Januar steigen die kalkulierten Baukosten für ein neues Kölnisches Stadtmuseum, ein neues Bürohaus für die Hohe Domkirche sowie das benachbarte Römisch-Germanische Museum auf 207 Millionen Euro. Oberbürgermeisterin Henriette Reker wirkt regelrecht erleichtert: „Auch wenn ich Verständnis für die Entscheidung der Domkirche habe, so bedaure ich, dass wir das Projekt nicht wie bisher geplant umsetzen können.“ Sie hatte ihre Zustimmung immer offen gelassen, weil die Stadt wegen der schwierigen finanziellen Lage sich auf andere Dinge konzentrieren müsse. Ob sie sich damit im Stadtrat hätte durchsetzen können, ist fraglich. „Wirtschaftliche Vernunftentscheidungen“, wie Dompropst Guido Assmann das Aus begründete, werden im Stadtrat nur selten getroffen. Geträumt wird dennoch weiter – von einer abgespeckten Version. Der Architekt Volker Staab will sich den Entwurf an die Wand seines Büros hängen. Aber auch dazu braucht man einen Nagel.
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Deutzer Auto-Freiheit, Venloer Fahrradstraße, Tempo 50 auf der Zoobrücke. Das ist zu viel für Karl Mandl, im Mai nur CDU-Parteichef und noch kein geschasster OB-Kandidat. Seither hat Köln ein Dezernat für Immobilität mit einem Chef von grünen Gnaden. „Bürgerinnen und Bürger nerven“ stehe nicht im schwarz-grünen Bündnisvertrag. Genervt hat Mandl später selbst. Und zwar die CDU.
Was ist das Brauchtum wert? Im Juni knirscht es gewaltig zwischen dem finanzschwachen FKK und Stadtspitze. Seit 20 Jahren ist der Zuschuss für den Rosenmontagszug nicht erhöht worden. Jetzt müssen die Jecken, die mitlaufen wollen, statt bisher zweimal elf Euro dreimal elf Euro zahlen. Und bei der Prinzenproklamation wird die Liste der Ehrengäste zusammengestrichen. Dreimal Kölle helau!
Das Entsetzen über das Opern-Debakel ist längst einem Kopfschütteln gewichen. Im Mai platzt der für Ende Juni geplante Termin für die Fertigstellung. Nach zwölf Jahren Planung, Bau, Fast-Baustopp, Neuplanung und erneutem Baustart müssten die Verantwortlichen der Stadt Köln eigentlich den Sanierungsfall ausrufen, machen aber weiter in Optimismus. Die Kosten inklusive des Kapitaldienstes und der Interimsspielstätten klettern auf knapp 1,5 Milliarden Euro. „Wir denken nicht mehr in Terminen, sondern in Szenarien“, sagt Oberbürgermeisterin Reker Ende Juni. Sie sei sicher, die Oper noch 2024 zu eröffnen. „Mein Eröffnungs-Outfit passt ganzjährig.“ Man sieht sich an Silvester – auf der Baustelle.
Mit bemerkenswerter Zurückhaltung antwortet der Ford-Verkaufschef Christian Weingärtner noch im Juni die Frage nach den Verkaufszahlen für erste Elektroauto, das in Niehl vom Band laufen wird. Man sei „mehr als zufrieden“. Das Ford-Erdbeben lässt nicht lange auf sich warten. Der Explorer und ein E-Capri verkaufen sich schlecht. Im November kündigt das Unternehmen Kurzarbeit und Entlassungen an. Bis Ende 2027 sollen 4000 Jobs in ganz Europa wegfallen. Am härtesten betroffen ist der Standort Köln, wo 2900 Stellen wegfallen sollen. Das ist etwa jede vierte Stelle. Derzeit hat Ford in Köln noch rund 11 500 Arbeitsplätze. Selbst Bundeskanzler Olaf Scholz eilt im Dezember zur Betriebsversammlung ins Werk nach Niehl. Im Gepäck hat er wenig. Die Fordler sind entsprechend sauer. „Olaf, ohne Wahl wär'n wir die egal.“
Nach heftigen Debatten kapiert im Juli sogar der WDR, dass er die Rundfunkbeiträge besser ins Programm als in Designermöbel fürs Filmhaus investieren sollte. Gerade noch rechtzeitig, bevor man die Führung des Hauses in „Musterhaft“ nimmt. Nicht aus Einsicht, sondern weil sich einfach kein Lieferant finden ließ, der sich bei einem Stückpreis von 4500 Euro für einen Lounge-Sessel auf ein Abstottern in 245 Monatsraten einlassen wollte.
Köln ist einige der wenigen Städte, in denen die Bürger zur Restmüllproduktion gezwungen werden. Minimum 140 Liter pro vier Personen und Woche. Wer das nicht schafft, muss wie der Merheimer Sven Dunkel eben die Luft bezahlen in der Tonne bezahlen. Auch wenn die gewaltig stinkt. Da könne man nichts machen, eine kleinere Tonne gebe es nicht, sagen die Abfallwirtschaftsbetriebe. Dafür bald ein Zero-Waste-Konzept, das eine Hausmüll-Analyse vorsieht. Um die zu erstellen, muss die Stadt noch lange im Abfall herumwühlen.
Alles auf Anfang. Danach sieht es aus beim Drunter-und-Drüber um den Ausbau der Ost-West-Achse. Der Stadtrat vertagt im Dezember auf Anraten der Bezirksregierung die Entscheidung und die Kölner müssen weiter damit leben, dass es nach mehr als zehn Jahren des politischen Streits so schnell keine Lösung geben wird, die ihnen einen reibungslosen und pünktlich Stadtbahnbetrieb beschert. Vor der Kommunalwahl im Herbst wird das wohl nichts mehr.
Selbst Alt-OB Fritz Schramma kann Karl Mandl nicht mehr retten. Im Dezember beendet die CDU dessen Oberbürgermeister-Kandidatenkarriere. Derweil hat sich der Parteivorstand unter dem Motto „Wir suchen, er findet“ um einen Hoffnungsträger geschart, der nun einen neuen Kandidaten finden muss. Nathanael Liminski, Chef der Staatskanzlei und engster Vertrauten von Ministerpräsident Hendrik Wüst, leitet die neue Findungskommission, aus der sich sogar Amtsvorgänger Armin Laschet frustriert zurückgezogen hat.
Warum warten die FC-Fans geduldig vor den Sicherheitskontrollen, lassen sich abtasten, während ein Feuerwerksarsenal, das Silvester in den Schatten stellt, einfach durch den Zaun gereicht wird? Warum verkauft der FC die Bengalos nicht gleich im Fanshop der Südtribüne? FC-Geschäftsführer Christian Keller scheint kein Problem damit zu haben, dass der Klub die Eintrittsgelder verbrennt. Ist ja nur Kohle.