Köln früher und heuteSo wurde der Stadtpalast aus dem Mittelalter gerettet

Das Overstolzenhaus heute.
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Köln – Leicht abseits der üblichen Touristenströme steht ein Gebäude, das zu den wichtigsten architektonischen Schätzen der Stadt gehört. Eingebettet in eher unscheinbare Nachkriegsfassaden sticht das Overstolzenhaus mit seiner stattlichen mittelalterlichen Front sofort ins Auge.
Die beschauliche Rheingasse südlich des Heumarkts ist Standort dieses letzten Kölner Profanbaus aus der Epoche der Romanik und eines der ältesten Gebäude überhaupt. „Das Overstolzenhaus ist ein Pfau auf dem Hühnerhof“, bringt es der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings auf den Punkt: „Das ist etwas ganz Kostbares.“
Kölner Overstolzenhaus: eines der ersten Bauwerke aus Stein
Zwischen 1230 und 1260 ließ es die durch Tuchhandel zu Wohlstand gekommene Patrizierfamilie Overstolz als Repräsentationssitz in unmittelbarer Nähe zum Rhein errichten. Zwei Wohngeschosse und vier Speichergeschosse verbargen sich hinter der mächtigen Fassade mit Doppelarkadenfenstern und Stufengiebel.
Während in der Nachbarschaft zumeist aus Holz und Fachwerk gebaut wurde, gehörte das Overstolzenhaus zu den ersten Konstruktionen aus Stein. „Es hatte die Qualität der Klöster und Kirchen“, sagt Ulrich Krings. Dieser „Stadtpalast“ zeige, wie vermögend einige bürgerliche Familien zu diesem Zeitpunkt waren.
Abbruch des Kölner Hauses wurde abgewendet
Dass es diesen Palast noch gibt, ist einer rechtzeitigen Rückbesinnung auf die deutsche Geschichte zu verdanken. Im 19. Jahrhundert gehörte das Overstolzenhaus dem Maurermeister Anton Mayerhofer, der es für zwei neue Wohnhäuser abbrechen wollte.
Stadtbaumeister Johann Peter Weyer steuerte dagegen und bewog die Stadt im Jahr 1838, das Haus zu kaufen. „Damit war der Abbruch abgewendet, worüber man nur glücklich sein kann“, sagt Ulrich Krings.
Die aufflammende Begeisterung für das Mittelalter habe damals dem romantischen Zeitgeist entsprochen: „Die damals bestimmende Gesellschaftsschicht hat sich nach dem Ende der Napoleonischen Kriege und dem Übergang Kölns an Preußen auf die eigene Tradition besonnen.“ Weyer durfte das Overstolzenhaus in einem Akt frühen Denkmalschutzes restaurieren.
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Kölner Ort für Hochzeiten und Karnevalsfeiern
Das Gebäude wird in dieser Zeit sehr populär. Wegen seiner Monumentalität und seiner prachtvollen Ausstattung wird es auch Tempelhaus genannt. Weyer ändert die für die Romanik typische asymmetrische Erdgeschoss-Einteilung.
Stattdessen lässt er fünf identische Fenster unter Rundbogenblenden entstehen. Ein separater Eingang links des Overstolzenhauses führt in den rückwärtigen Garten in Richtung Filzengraben, wo Weyer nach Pariser Vorbild eine elegante langgestreckte Halle aus Holz baut.
Hochzeiten und Karnevalsfeiern finden hier statt, 1842 aber auch ein Fest anlässlich der Grundsteinlegung für den Weiterbau des Kölner Doms, an dem König Friedrich Wilhelm IV. teilnimmt. Die Halle an der Rheingasse ist eine Art Vorläufer des Gürzenichs, der noch keine große Rolle als Veranstaltungsort spielt. Nach nur fünf Jahren wird die Halle demontiert und versteigert. Der rückwärtige Teil des Overstolzenhauses wird zum schmucken Garten.
Overstolzenhaus in verschiedenen Funktionen
Eine Menge Nutzungen hat der wohl vornehmste romanische Bürgerbau Deutschlands seitdem erfahren. Die Handelskammer war hier im 19. Jahrhundert ebenso zu Hause wie die Börse oder die Baptistengemeinde.
In den 1950er Jahren zog das Kunstgewerbemuseum ein, 1990 dann die Kunsthochschule für Medien. „Wir lieben diesen Bau und wir lieben den Garten“, sagt Sprecherin Juliane Kuhn. Zunächst sei der städtische Bau „ziemlich abgerockt“ gewesen, habe sich aber nach umfangreichen Sanierungen zu einem „wunderschönen Ort zum Arbeiten“ gemausert.
Hinter der Steinfassade befindet sich heute die Bibliothek der Kunsthochschule, die auch der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Im Inneren können historische Wandmalereien, Ornamente und Säulen bestaunt werden.
Umgebung wird dem Gebäude nicht gerecht
Ulrich Krings ist natürlich froh darüber, dass das Overstolzenhaus nach den schweren Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs „nicht plattgemacht“, sondern erneut vor dem Untergang bewahrt wurde. Diesmal war es die damalige Stadtkonservatorin Hanna Adenauer, die auf eine Wiederherstellung drängte.
Die direkte Umgebung allerdings werde dem Kleinod nicht gerecht, sagt Ulrich Krings. Vor allem die Rückseite der Brauerei zur Malzmühle mit der kleinen Gasse zum Heumarkt verströme gegenüber dem Overstolzenhaus eine unangemessene Hinterhofatmosphäre. Juliane Kuhn stört diese Nachbarschaft weniger: „Wir gehen dort abends gerne einen trinken.“