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ParkautomatenDas Geld steht auf der Straße

Lesezeit 5 Minuten

In der Werkstatt an der Stolberger Straße sind Parkuhren aller Generationen zu sehen. Nicht alle kamen in Köln zum Einsatz.

Köln – Das Geld steht auf der Straße, verteilt auf 1800 Parkautomaten. 300 000 Euro – alles in Münzen. Nummer 894 auf der Mittelstraße beispielsweise ist so einträglich, dass er dreimal pro Woche geleert werden will. Doch damit ist er bei weitem nicht der Spitzenverdiener. Dessen Standort wird Thomas Weil, Leiter des Parkbetriebsservice der Stadt, nicht verraten. Nur so viel ist ihm zu entlocken: „Das Ding steht nicht in der Innenstadt.“

Irgendwo müssen die 15,2 Millionen Euro ja herkommen, die Kölns Autofahrer jährlich in die Stadtkasse zahlen, wenn sie auf einem der 34 000 Stellplätze parken. Geht es nach dem Willen des Stadtrats, wird sich diese Summe in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Auf 16,27 Millionen Euro im Jahr 2013, und noch einmal um eine Million Euro 2014. Am 15. November werden die Politiker die Erhöhung der Parkgebühren in der City wohl mit großer Mehrheit beschließen. Die Stunde wird dann drei statt bisher zwei Euro kosten, weil künftig im 20- statt wie bisher im 30-Minuten-Takt abgerechnet wird. Thomas Weil findet, dass diese Erhöhung „nach 15 Jahren durchaus ihre Berechtigung hat, schließlich hinken wir seit Jahren den Preisen in den Parkhäusern hinterher“.

1100 Automaten werden umgestellt

1800 Parkscheinautomaten betreibt die Stadt Köln. Davon sind 1400 so vernetzt, dass Störungen automatisch an den Parkbetriebsservice gemeldet werden. Zum Vergleich: Die KVB hat rund 600 Fahrscheinautomaten, die Deutsche Bahn in NRW insgesamt 1000.

Rund 34 000 Stellplätze werden mit den Parkscheinautomaten bewirtschaftet. Pro Jahr werden die Automaten rund 27 000-mal geleert und acht Millionen Tickets verkauft. 16 500 Störungen müssen beseitigt werden.

Die erste Parkuhr wurde 1956 am Neumarkt aufgestellt, die ersten Parkscheinautomaten 1983 an der Deutzer Freiheit und in Rodenkirchen. Die letzten Parkuhren verschwanden 2001 mit der Umstellung auf den Euro aus dem Stadtgebiet. (pb)

Für den Parkbetriebsservice wird der Beschluss viel Arbeit bedeuten. 1100 der 1800 Parkautomaten müssen umgestellt werden – und auch wenn die große Mehrzahl per Datenfernübertragung jede kleinste Störung in die Zentrale ins Deutzer Stadthaus meldet, wird das nicht automatisch gehen:

„Wir müssen raus auf die Straße, jeden einzelnen Automaten umrüsten. Das Gebührenschild erneuern, die Zeitintervalle verändern“, sagt Weil. Wir – das sind die Mitarbeiter der Sicherheitsfirmen, die auch für die Leerung verantwortlich sind. Bis Mitte Januar wird das Umrüsten dauern, „und dabei kann es durchaus zu der kuriosen Situation kommen, dass der Autofahrer in einem Viertel für ein paar Tage zu unterschiedlichen Tarifen parken kann.“ 1100 Automaten per Knopfdruck aus der Zentrale umzustellen geht trotz der Vernetzung nicht. „Wir haben je nach Parkzone allein in der City bis zu 60 verschiedene Tarife.“ Die gebührenpflichtigen Zeiten sind verschieden, teilweise endet der Zahltag abends um sechs, teilweise nachts um eins. „Wir sind keine Geldeintreiber. Wir versuchen lediglich, durch eine vernünftige Parkraumbewirtschaftung den Verkehr flüssig zu halten.“

Zwei Techniker sind im Einsatz

Was es bedeute, in einem Viertel ohne Parkraumbewirtschaftung zu leben, könne man in Teilen von Sülz oder Ehrenfeld bis heute beobachten. „Da sind ganze Straßenzüge von Pendlern zugeparkt, die in dem Viertel arbeiten. Und die Geschäftsleute wundern sich, dass ihre Kunden den Parkplatz nicht finden, der von ihren Angestellten genutzt wird.“ Parkraumbewirtschafter seien nichts anders als „die Jäger des verlorenen Platzes“.

Nummer 1700 meldet sich. Ein Kommunikationsproblem. Die Solarzelle, die den Automaten mit Energie versorgt, scheint nicht mehr richtig zu arbeiten. Die Akkuspannung lässt nach. Noch ist der Akku voll, doch jetzt muss schnell ein Techniker in die Neven-DuMont-Straße, um ihn „betriebsfähig zu halten“. Alle zwei Stunden senden 1400 der 1800 Automaten, die an der Datenfernübertragung hängen, ein Statussignal. Zwei Techniker sind täglich zwischen 8 und 22 Uhr im Einsatz, damit die „größte disponible Einnahmequelle der Stadt“ nicht versiegt.

Das Schlimmste seien die Aufbrüche. Bis zu zehn Parkautomaten werden im Monat geknackt – und zwar nicht von Amateuren. Die haben bei den meisten gar keine Chance mehr. Papier reinstecken. Geld aufstauen und dann mit einem Draht die Münzen rausfummeln, das funktioniert nur bei den Uralt-Schätzchen mit geradem Münzschlitz. Weil: „Von denen haben wir nicht mehr viele.“

Die neue Generation an Automaten

Die Stadt liefert sich seit knapp zwei Jahren ein technologisches Wettrüsten mit organisierten Banden aus Osteuropa. „Unsere Automaten haben mittlerweile Sicherheitsstufen zwei und drei, die vierte Generation kommt in Kürze.“ Doch die Branche lernt auch dazu. Erst wird irgendwo in Europa ein Automat mit der neuesten Technologie gestohlen, dann zerlegt, die Technik studiert. „Die Banden kommen heutzutage zum Teil mit Bohrschablonen. Die wissen ganz genau, wo sie ansetzen müssen, um das Geldkassetten-Fach aufzubohren.“

Unlängst habe die Polizei einen Täter aufgegriffen, der zu einem frisch aufgebrochenen Automaten zurückgekehrt sei. „Sein Capo hat ihn angebrüllt, weil er den Kassenbeleg vergessen hat. Den wollte er noch holen.“ Von der neuen Automatengeneration erhofft sich die Stadt, dass sie deutlich schwerer zu knacken sein wird. „Es gibt da eine eigene Din-Norm. Wenn der Automat eine gewisse Zeit lang standhält, verlieren die Täter das Interesse, weil das Risiko zu groß wird.“ Das Risiko, wegen eines aufgeknackten Parkautomaten bestraft zu werden, ist dagegen denkbar gering. „Wer einmal erwischt wird, hat kaum etwas zu befürchten. Das ist für die Polizei eine Bagatelldelikt.“

Aber eins, das erhebliche Kosten verursacht. Der Automat muss zur Reparatur in den städtischen Bauhof an der Stolberger Straße, an besonders einträglichen Stellen muss schnell Ersatz her, der anderswo abmontiert wird. „Das ist manchmal die reinste Automatenwanderung“, weiß Teils Kollegin Svenja Becker. Weil ein neuer Parkscheinautomat rund 5000 Euro koste, könne es sich die Stadt nicht leisten, zehn davon „auf Halde zu stellen. Die müssen alle raus auf die Straße und Geld verdienen.“