Porzer LukaskircheErgreifendes Gedenken an die Pogromnacht
Porz – Schwer lastete das Schweigen auf den Besuchern der Gedenkstunde, nachdem Pfarrer Rolf Theobald gesprochen hatte. Zum Jahrestag der Erinnerung an die Pogromnacht vom 9. November 1938, als deutschlandweit Synagogen brannten und geschändet wurde, die Häuser und Geschäfte jüdischer Mitbürger angegriffen und bisherige Nachbarn zu Ausgestoßenen, Verfolgten und zu Tode Gequälten wurden, las der Pfarrer den 22. Psalm.
Von der Gottesferne ist da die Rede, vom Verlassensein und großer Angst. In der evangelischen Lukaskirche, die auf Einladung der „Kinder Abrahams“ einmal mehr zum Treffpunkt des Gedenkens wurde, erinnerte Theobald an das Wort eines KZ-Überlebenden: Nicht das jüdische Volk sei in Auschwitz gestorben, sondern das christliche. Das, was Generationen als christliche Werte verstanden hätten, sei in der Nazizeit bei denen, die weggeschaut haben, vernichtet worden. In der Schuldannahme auch mehr als acht Jahrzehnte später liege eine Chance zur Humanisierung.
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Eindrucksvoll hatten Sängerinnen und Sänger des Chores der Synagogengemeinde Köln „VIP – Voices in Peace“ unter Leitung von Ekaterina Margolin zuvor jiddische Lieder zu Gehör gebracht, die von Leid und Verfolgung sprachen. Die Klage: „Es brennt, Brüderle, unser Schtetl brennt“ erinnerte plastisch an die Untaten von 1938, denen die Ermordung von sechs Millionen Juden folgen sollten. Pfarrer i.R. Harald Klimek las die Namen der Konzentrationslager und Ghettos vor, in denen Menschen ohne jeden Grund und ohne Schuld auf grauenvolle Weise zu Tode gekommen sind. In einem aus dem Jüdischen übersetzten Gebet rief er den erbarmungsvollen Gott an. Er bat um Erbarmen für die Opfer, aber auch für die Menschen, die mit der seit damals lastenden Schuld leben müssen.
„Was geht da verloren, mitten unter uns?“
Seit Jahren wirken bei der Vereinigung „Kinder Abrahams“ Vertreter verschiedener Religionen, die allesamt auf den Stammvater Abraham zurückgeführt werden können, am Gedenken mit. Pfarrer Berthold Wolff von der katholischen Kirche brachte mit dem biblischen Gleichnis vom guten Hirten, der das verlorene Schaf rettet, einen Auftrag mit: Zu den verlorenen Schafen zählte er Menschen, die ihre eigene, lebenswichtige Würde weder über Staat oder Gesellschaft noch über ermutigende Angehörige oder Religion beziehen können.
Solche Menschen, die sich überall abgehängt fühlten, versuchten, sich selbst eine Würde zu schaffen, indem sie sich groß und andere klein machten. „Was geht da verloren, mitten unter uns?“ fragte Wolff und ermutigten die Besucher der Gedächtnisfeier zum genauen Hinsehen. Wenn die Gesellschaft – und jeder Einzelne nach seiner Kraft – neue Chancen schaffe, um den verlorenen Schafen einen Platz in der Herde zu geben, bleibe weniger Platz für Fanatismus.
Die Porzer Vereinigung der „Kinder Abrahams“ sorgt überdies mit Information für ein besseres gegenseitiges Verständnis der Religionen. Interessenten sind willkommen, den Glauben und die daraus resultierende Lebensweise der Religionsgemeinschaften kennenzulernen.