Die Geschäftsführung des Porzer Krankenhauses hat angekündigt, im Rahmen der Einsparungen kein medizinisches Personal zu streichen. Jetzt müssen vier Assistenzärzte gehen. Ein Wortbruch mit Folgen?
Wortbruch der Geschäftsführung?Porzer Krankenhaus streicht Arztstellen – Entsetzen in der Belegschaft
Die Geschäftsführung des Porzer Krankenhauses ist erneut unter Druck geraten. Nach der vorerst abgewendeten Insolvenz durch ein Darlehen der Stadt in Höhe von neun Millionen Euro sind Teile der Belegschaft entsetzt über Stellenkürzungen. Diese betreffen das Team der Assistenzärzte der Kinderklinik am Krankenhaus Porz. Das hat sich mit einer Mail an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ gewandt. „Zu Ende Juni wird unser kinderärztliches Team bei vorhandenen 2200 Überstunden um mehr als ein Viertel eingekürzt“, heißt es dort. Vier der derzeit 16 Assistenzärztinnen und -ärzte sollen noch in ihrer Probezeit gehen. Das sorgt für Unverständnis, wurden Stellenkürzungen in einem Beitrag der WDR-Lokalzeit seitens der Geschäftsführung Ende April noch verneint.
Nun steht die Frage im Raum, ob der Geschäftsführung nach ihrem Versprechen, keine medizinischen Stellen zu streichen, ein Wortbruch vorzuwerfen ist. Sollten die Stellen voreilig geschaffen worden sein für neue Bereiche des Hauses, die inzwischen nicht mehr geplant sind, wäre dies aus Sicht der Verantwortlichen wohl nicht der Fall. Details zu den gestrichenen Stellen werden derzeit geklärt. Die Stadt sieht die Geschäftsführung in der Verantwortung für die Streichung der Stellen – auch wenn deutliche Einsparungen eine Bedingung für die Überweisung des Darlehens waren.
Kölner Sozialdezernent: „Kann Enttäuschung nachvollziehen“
Sozialdezernent Harald Rau, der als Vertreter der Stadt im Kuratorium der Porzer Krankenhausstiftung sitzt, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Die Stadt hat keine Hinweise gegeben, an welcher Stelle die Sparmaßnahmen zu erbringen sind.“ Die Enttäuschung im Team der Assistenzärzte, das nun von 16 auf zwölf Angestellte schrumpfen wird, könne er „komplett nachvollziehen“. Rau sagte: „Jeder Sanierungsschritt, der Einsparungen bedeutet, tut weh. Dass das auch schmerzhaft sein wird, haben wir erwartet.“
Nach aktuellem Kenntnisstand soll die Kinderklinik die einzige Abteilung des Krankenhauses Porz sein, in der vier ärztliche Vollzeitstellen wegen der schwierigen finanziellen Lage gestrichen worden sind. Das habe weitreichende Folgen, heißt es seitens des Assistenzärzte-Teams. Aufgrund der Kürzungen seien sie dazu gezwungen, in den Nachtdiensten nur eine Kollegin oder einen Kollegen einzusetzen. Diese Person betreue in der Zeit allein drei Stationen, darunter die Früh- und Neugeborenenstation.
„Willkürlich mit dem alleinigen Zweck, kurzfristig Geld einzusparen“
„Zudem sind wir zu langandauernden Erstversorgungen kritisch kranker Neugeborener sowie zu allen (Not-)Kaiserschnitten und Risikogeburten persönlich im Kreißsaal anwesend.“ Während dieser Zeit sei die kinderärztliche Ambulanz nicht besetzt und stehe still. „Parallele Notfälle führen zu unlösbaren und schlimmstenfalls lebensbedrohlichen Dilemmata“, heißt es in dem Schreiben. Seit Mai habe die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein zudem ihre fachärztlichen Sprechstunden im kinderärztlichen Notdienst am Krankenhaus Porz um 19 Stunden pro Woche reduziert, teilen die Ärzte in ihrem Schreiben mit. Dies führe zu einer weiteren Mehrbelastung des Assistenzärzte-Teams.
„Aufgrund der vorhandenen Arbeitsbelastung werden wir nicht in der Lage sein, dies noch aufzufangen.“ Zudem sollen vier Zimmer der Schulkinderstation künftig für Patientinnen und Patienten der Wirbelsäulenchirurgie genutzt werden. Sie stehen der Kinderklinik nicht mehr zur Verfügung. „Insgesamt entsteht unweigerlich der Eindruck, dass dem Bereich der weniger profitablen kinderärztlichen Versorgung keinerlei Priorität eingeräumt wird. Stellenkürzungen erscheinen willkürlich mit dem alleinigen Zweck, kurzfristig Geld einzusparen“, kritisiert Sven Dreyer, stellvertretender Vorsitzender des Ärzteverbandes Marburger Bund in NRW und Rheinland-Pfalz.
„Mit einer Reduktion der medizinischen Versorgungskapazitäten lässt sich kein Krankenhaus sanieren. Ein zukunftsfähiges Konzept ist leider nicht erkennbar. Die nicht akzeptablen Kündigungen erfolgten ohne jegliche nachhaltige und zukunftsfähige Stellenkalkulation“, so Dreyer. Auf den umfangreichen Fragenkatalog des „Kölner Stadt-Anzeiger“ heißt es in einer Mitteilung des Porzer Krankenhauses lediglich, dass die Kinderklinik auch mit den gekürzten Stellen „überdurchschnittlich personell ausgestattet“ sei. Zwölf Assistenzärztinnen und -ärzte kämen auf insgesamt 10,75 Stellen. Für die „bestmögliche Betreuung der über 6000 Kinder pro Jahr“ werde zu jeder Tages- und Nachtzeit die Kinderklinik auch künftig auf diese „ausreichende personelle Ausstattung“ setzen.
Gestrichene Stellen: Kölner Kinderarzt wendet sich an Karl Lauterbach
„Eine über dieses Maß hinausgehende Stellenplanung ist aufgrund der eng geschnürten Budgetierung von Kinderkliniken nicht möglich“, teilt die Geschäftsführung mit. Fragen, ob zum Beispiel weitere Stellen – auch in anderen Abteilungen – gekürzt werden, blieben unbeantwortet. Weiter heißt es, dass die Geschäftsführung des Porzer Krankenhauses der Forderung des Marburger Bundes zustimme, „dass sowohl niedergelassene Kinderärzte als auch Kinderkliniken entökonomisiert werden müssen.“
Klaus Roll, seit über 20 Jahren Kinder- und Jugendarzt im Porzer Stadtteil Finkenberg, hat sich mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen in einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach gewandt. Darin kritisiert er, dass das „hochqualifizierte Team der Porzer Kinderklinik zusammengestaucht“ werde, Betten abgebaut oder profitableren Abteilungen in der Klinik zugeschlagen würden. Wohnortnahe Versorgung sei wichtig, das habe der vergangene Winter gezeigt, wo Kinder durch halb NRW transportiert worden seien, „um ein freies Bett zu bekommen“. Roll appelliert an Minister Lauterbach, „damit dieser Kahlschlag in der Kinderklinik Porz gestoppt wird“. Dazu gehöre auch eine umgehend bessere finanzielle Ausstattung der Kinderkliniken im Allgemeinen: „Diese unsägliche Entwicklung auf dem Rücken unserer Kinder und Familien darf so nicht weitergehen.“