„Nicht hinnehmbar“Kölner Bürgervereine wehren sich gegen geplanten Wohnungsbau
- Der Regionalplan soll Brachflächen aufzeigen, die zukünftig für Wohnungsbau oder Gewerbeansiedlung genutzt werden können.
- Rund 650 Hektar potenzielle Neubauflächen hat die Verwaltung in ganz Köln ausgemacht. Davon befindet sich etwa ein Drittel in Porz.
- Dagegen wollen die vernetzten Porzer Bürgervereine wehren. Das Ausmaß und die getroffene Auswahl seien nicht hinnehmbar, so Sprecherin Simin Fakhim-Haschemi.
Porz – Wie kann Köln wachsen, ohne die Umwelt und die Bevölkerung zu stark zu belasten? Darauf soll der Regionalplan eine Antwort geben. Darin werden Brachflächen ausgewiesen, die zukünftig für Wohnungsbau oder Gewerbeansiedlung genutzt werden können. Die Verwaltung hat Ende 2019 ihre Vorschläge für neue Flächen der Politik vorgelegt. Seitdem herrscht Streit über die richtigen Areale für zukünftige Wohnungen und Gewerbebetriebe. „Das Ausmaß und die getroffene Auswahl für Porz sind nicht hinnehmbar“, urteilt Simin Fakhim-Haschemi, Sprecherin der Vernetzung Porzer und Poller Bürgervereine.
Rund 650 Hektar potenzielle Neubauflächen hat die Verwaltung in ganz Köln ausgemacht. Davon befindet sich etwa ein Drittel in Porz. Zusammengerechnet ergeben die Flächen im Bezirk rund 180 Hektar. „Das ist nicht gerecht, Porz darf nicht über Gebühr belastet werden“, kritisiert Hans Baedorf, ebenfalls Sprecher der Bürgerverein-Vernetzung.
Köln: Ausgewiesene Flächen haben besondere ökologische Funktionen
Ein weiteres Problem: Einige der ausgewiesenen Flächen haben besondere ökologische Funktionen, sie liegen zum Teil im Wasserschutzgebiet, einem Biotopverbund oder gelten als klimaaktive Flächen. Gerade die Flächen zwischen Libur, Zündorf und Langel seien Kaltluftentstehungsgebiete, argumentieren die Sprecher der Vernetzung. Werden die Flächen versiegelt, habe das Auswirkungen auf das Klima in den benachbarten Stadtteilen.
Hermann Jutkeit sieht eine mögliche Bebauung der Flächen weniger kritisch. Er ist Geschäftsführer der Projektentwicklungsgesellschaft Bau-Data und untersucht im Auftrag der von Eltz’schen Verwaltung, wie und wo in dem Gebiet neu gebaut werden könnte. Einige der heutigen Ackerflächen zwischen den Stadtteilen Zündorf, Libur und Wahn sind im Besitz der Familie des Freiherrn von Eltz. „Wachstum ist ja nicht grundsätzlich schlecht“, sagt Jutkeit, der sich auch im Austausch mit der Stadt befindet. Es würde auch dafür sorgen, dass sich die Infrastruktur für die Bewohner verbessert, etwa durch neue Supermärkte, Schulen und Kindergärten, die ebenfalls Teil der Planungen seien. Auch die von vielen geforderte Umgehungsstraße für Zündorf gehöre dazu, so Jutkeit.
Köln: Bebauung könnte Klima positiv beeinflussen
Zum Problem der Flächenversiegelung führt er an, dass man das Klima in einem Stadtteil durch eine entsprechende Bebauung auch positiv beeinflussen kann. Eine Klimaexpertise der Firma Geo-Net habe gezeigt, dass die Kaltluft, die auf den Ackerflächen entsteht, schon Einfluss auf die angrenzenden Orte hat, so Jutkeit. Deshalb müssten bei neuen Bauvorhaben unter anderem ausreichend breite Grünflächen innerhalb der Wohngebiete mitgeplant werden, die die Kaltluft durchlassen. „Wir sind ganz am Anfang eines Verfahrens und werden die Bürger noch ausführlich informieren und ihnen die Möglichkeit geben, sich einzubringen“, sagt Jutkeit.
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Ein Anwachsen der südlichen Porzer Stadtteile könne zudem die von vielen geforderte Verlängerung der Stadtbahnlinie 7 beschleunigen, glaubt der Projektentwickler.
Köln-Porz: Erst Bahnlinie verlängern, dann Wohnungsbau
Auch da ist die Vernetzung der Bürgervereine anderer Meinung. Sie fordert seit Jahren eindringlich, zuerst die Bahnlinie zu verlängern und erst dann neue Wohnungen zu planen. Denn schon heute seien die Straßen und Bahnen völlig überlastet. „Wohnungen und Gewerbe können erst dann geplant werden, wenn eine Verkehrsentlastung wirklich umgesetzt ist“, so Fakhim-Haschemi. Damit die Forderungen der Vernetzung auch Gehör finden, haben die Sprecher der Vereinigung diese schriftlich an die Mitglieder des Rates und die Porzer Bezirksvertretung geschickt.
Auch für Jutkeit ist Verkehrsentlastung wichtig. „Eine gute Entwicklung von Langel und Zündorf braucht notwendig eine Verlängerung der Linie 7 und eine Umgehungsstraße“, so der Planer. Über die zeitliche Abfolge ist er jedoch anderer Ansicht. Darüber könne man aber durchaus diskutieren, sagt Jutkeit.
Politiker diskutieren Auswirkungen des Regionalplans
Porzer Brachflächen im Regionalplan
Neun Flächen hat die Stadt im Bezirk Porz für eine mögliche Bebauung ausgemacht. Betroffen sind die Stadtteile Westhoven, Urbach, Elsdorf, Libur, Zündorf und Langel. In Westhoven geht es um eine 9,9 Hektar große Fläche rechts und links der Porzer Ringstraße ungefähr zwischen Neue Straße und Drieschstraße. In Urbach ist es ein 7,1 Hektar großes Areal zwischen dem Friedhof Leidenhausen und der Kennedystraße. In Elsdorf sind es zwei Flächen ein 16,4 großes Areal zwischen der Zündorfer Straße und der Hasenkaule, sowie ein 10,9 Hektar großes Gebiet im Bereich der Herman-Löns-Straße westlich der Autobahn. In Libur hat die Stadt gleich drei Flächen von insgesamt 68 Hektar für neue Bebauung identifiziert. Wobei alle Areale nicht in unmittelbarer Nähe der heutigen Bebauung liegen, sondern eher an Wahn grenzen. Zwei Flächen liegen westlich der Bahnlinie zwischen Liburer Straße und Autobahn, die dritte ungefähr zwischen der Kiesgrube Paulsmaar und dem Golfplatz Sankt Urbanus.
Zündorf könnte nach dem überarbeiteten Regionalplan um bis zu 52 Hektar wachsen. Die mögliche Baufläche zieht sich wie ein Schlauch entlang der heutigen Bebauung zwischen der Wahner Straße und der Ranzeler Straße. Für Langel hat die Verwaltung ein 20 Hektar großes Areal zwischen den Straßen An der Mühle und Langeler Berg ausgewiesen. (af)
Diskutieren wollen auch die Politiker. Sie haben die Verwaltung aufgefordert, eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Regionalplan durchzuführen. „Die Stadtverwaltung hat diese zugesagt und ich gehe davon aus, dass sich die Verwaltung an ihre Zusage gebunden sieht“, sagt SPD-Fraktionschef Simon Bujanowski. Eine Entscheidung, welche Flächen wirklich in den neuen Regionalplan aufgenommen werden, ist nämlich noch nicht gefallen. Die SPD fordert, dass die ursprünglichen Pläne überarbeitet werden, etwa was den Umfang der Flächen in Porz angeht.
„Die Vorschläge der Verwaltung sind für mich so noch nicht entscheidungsfähig“, befindet auch CDU-Fraktionschef Werner Marx. Es fehlten ihm etwa noch wichtige Information unter anderem über die Umweltverträglichkeit möglicher neue Baugebiete. „Die muss uns die Verwaltung erst noch liefern“, fordert Marx.
Die Porzer Bezirksvertretung wird in jedem Fall am 30. Januar erneut über den Regionalplan diskutieren. Am Ende muss aber der Rat über die Vorlage entscheiden. Aktuell steht der Regionalplan auf der Tagesordnung des Rates am 6. Februar.