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Fördermittel für Saint-Gobain-WerkGlasherstellung in Porz soll klimafreundlicher werden

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Minister Robert Habeck übergab die Klimaschutzverträge für die Werke Porz und Speyer an die Verantwortlichen der Saint-Gobain Glass GmbH.

Minister Robert Habeck übergab die Klimaschutzverträge für die Werke Porz und Speyer an die Verantwortlichen der Saint-Gobain Glass GmbH.

Das Saint-Gobain-Werk Porz bekommt Fördermittel für die Umstellung auf klimaneutrale Energieträger.

Auf dem Weg zu einer klimafreundlicheren Glasproduktion kann das Porzer Werk der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH jetzt auf Fördermittel des Bundes setzen. Ebenso wie das Saint-Gobain-Werk in Speyer hat das Porzer Werk sich erfolgreich an der Ausschreibung von Klimaschutzverträgen beteiligt, mit denen der Bund energieintensive Industrieunternehmen bei Investitionen in klimafreundliche Produktionsanlagen unterstützt. So sollen Treibhausgase eingespart werden.

Bei einer Feierstunde im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat Robert Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, die beiden Verträge an die Vorstandsvorsitzende Cordula Gudduschat für das Isover Glaswolle-Werk in Speyer und an Pascal Decker, den Vorsitzenden der Geschäftsführung der Saint-Gobain Glass Deutschland GmbH, für das Glaswerk in Porz überreicht.

Saint-Gobain Werk in Porz stellt auf klimaneutrale Energieträger um

Im Saint-Gobain Werk in Porz wird Glas für den Baubereich hergestellt. Größte Herausforderung ist hier die Umstellung der Schmelzwanne auf klimaneutrale Energieträger: „Die zugesagten Fördermittel werden es uns ermöglichen, neue technische Wege zu gehen und die CO₂-Reduzierung weiter und massiv zu beschleunigen“, sagt Pascal Decker, Leiter der deutschen Glassparte von Saint-Gobain.

Mit den Klimaschutzverträgen beabsichtigt die Bundesregierung eine Reduzierung des CO₂-äquivalenten Ausstoßes um 90 Prozent bis zum Jahr 2041. Derzeit wird die Glasproduktion im Porzer Werk noch komplett mit Erdgas betrieben. Langfristig sollen CO₂-neutrale Brennstoffe wie grüner Strom, grüner Wasserstoff und Biomethan das Erdgas ersetzen.

Die Gründung der Glaswerke in Porz vor 125 Jahren (Luftbild vom Anfang der 1900er Jahre) trug wesentlich zum Wachsen und Blühen der damaligen Gemeinde Porz bei.

Die Gründung der Glaswerke in Porz vor 125 Jahren (Luftbild vom Anfang der 1900er Jahre) trug wesentlich zum Wachsen und Blühen der damaligen Gemeinde Porz bei.

Die Glasherstellung in Porz hat eine lange Tradition. Vor 125 Jahren war mit der „Spiegelfabrik Germania“ als Zweigniederlassung eines belgischen Werkes das erste hier ansässige Glaswerk gegründet worden. Die Infrastruktur mit Rohstoffvorkommen wie Kalk, Sand, Dolomit, Soda und Kohle in erreichbarer Nähe war entscheidend für die Standortwahl. Die Rohstoffe wurden großteils per Schiff angeliefert. Bis in die 1970er Jahre bestimmten Verladekräne das Bild des Porzer Rheinufers. Von dort gab es Gleisanschlüsse zu den Glaswerken.

Aufschwung in Porz durch Glasindustrie

Für die Produktion wurden zahlreiche Arbeitskräfte gebraucht, das Wachsen der Glasindustrie trug wesentlich zum Aufschwung und Blühen von Porz bei. 1927 gründete der „Verein Deutsche Spiegelglasfabriken“ (VDS), dem die Germania 1901 beigetreten war, auf dem Gelände ein weiteres Glaswerk, das Ziehglas fertigte, die „Rheinische Ziehglas AG“ (Rezag). Es folgten viele bahnbrechende technische Neuerungen und Veränderungen in der Produktion, unter anderem 1983 die Inbetriebnahme der ersten Magnetron-Beschichtungsanlage in Deutschland.

Die Glasherstellung hat einen hohen Energiebedarf, auch dabei gab es erhebliche Veränderungen. Zur Gründungszeit vor 125 Jahren wurde das Glas noch mit Gas aus der Kohlevergasung geschmolzen. Im Laufe der Zeit wurde umgestellt auf Schweröl und Erdgas. Schweröl wurde im Porzer Saint-Gobain-Werk bis zur Kaltreparatur der Schmelzwanne im vorigen Jahr noch zusammen mit dem Erdgas zur Feuerung genutzt. Dies sei zur Zeit der Energiekrise auch sehr sinnvoll gewesen, teilt das Unternehmen mit. Deshalb bleibe die Schwerölnutzung generell weiterhin möglich, werde aber aufgrund der höheren Emissionen nicht mehr angestrebt und hoffentlich nie mehr nötig.

Entladekräne am Rhein waren bis in die 1970er Jahre zu sehen. Rohstoffe fürs Glas und Kohle für den Schmelzprozess wurden hier vom Schiff auf Eisenbahnbahnwaggons geladen und zu den Glaswerken transportiert.

Entladekräne am Rhein waren bis in die 1970er Jahre zu sehen. Rohstoffe fürs Glas und Kohle für den Schmelzprozess wurden hier vom Schiff auf Eisenbahnbahnwaggons geladen und zu den Glaswerken transportiert.

Zum Klimaschutz trägt das Unternehmen außer durch die Umstellung bei der Energieversorgung auch mit baulichen und technischen Neuerungen bei. So erhielt die Schmelzwanne bei der Kaltreparatur eine energieoptimierte Ausstattung. Zudem wurde eine umfangreiche Wärmerückgewinnung über Regenerativkammern und Wärmetauscher erzielt. Mit der rückgewonnenen Wärme wird die Brennluft für die Schmelzwanne vorgeheizt. Zudem wird damit das gesamte Werk und das Brauchwasser beheizt und über eine Turbine eigener Strom produziert.

Die Saint-Gobain Gruppe nehme ihren Anspruch ernst, „führend im Bereich des nachhaltigen Bauens zu sein“, sagt Saint-Gobain Deutschland-Chef Raimund Heinl. Das in Porz hergestellte und veredelte Glas wird im Wesentlichen im Bau für Fassaden und Fenster verwendet.

An der Magnetron-Anlage wird eine Wärmeschutzbeschichtung aufgebracht, die dafür sorgt, dass die Wärme in den Raum kommt. In Porz wird mit der sogenannten Eclaz-Beschichtung nach Auskunft von Saint-Gobain „das Produkt mit den optimalsten Werten für Transparenz und Wärmeeffizienz auf dem Markt“ hergestellt. Je nach Anwendung dieses Bauglases sei es möglich, bereits innerhalb weniger Monate die für die Produktion eingesetzte Energie wieder einzusparen.

Mit eigenen großen Forschungs- und Entwicklungszentren wie Saint-Gobain Research Germany wird Heinl zufolge „die Dekarbonisierung des Bausektors“ vorangetrieben. Das gleichfalls mit einem Klimaschutzvertrag ausgestattete Isover-Werk in Speyer will mithilfe der Förderung unter anderem die Schmelzwanne auf eine mit „Grünstrom“ betriebene Technik umstellen, teilt das Unternehmen mit.