Ebay-Prozess in Köln„Ich war 20 Jahre mit dem falschen Mann verheiratet“
Köln – Kein gutes Haar an Dietmar O. ließen seine beiden Ex-Frauen, als sie am Montag im Revisionsprozess gegen ihn ausgesagten. Der 60-Jährige hatte sich im August 2018 auf die Kinderbett-Anzeige einer damals 41 Jahre alten Mutter von zwei Kindern hin gemeldet. Beim vereinbarten Verkaufstermin in deren Wohnung in Deutz griff er sie an und verletzte sie lebensgefährlich mit einem Messer. Im April 2019 verurteilte das Kölner Landgericht ihn wegen versuchter schwerer sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzung zu viereinhalb Jahren Haft. Weil der Bundesgerichtshof beanstandet hat, das Strafmaß sei zu niedrig ausgefallen, muss vor einer anderen Strafkammer neu verhandelt werden.
Das Tatgeschehen selber steht nicht mehr in Frage. Die Richter gehen von einem sexuellen Motiv aus, das mit Dietmar O.s schwierigem Verhältnis zu seiner inzwischen verstorbenen Mutter, einer Prostituierten, zu tun gehabt haben soll. Der Angeklagte habe die Ebay-Anbieterin aufgesucht, um sie zu zwingen, eine mitgebrachte Nylonstrumpfhose anzuziehen, vor ihm zu posieren und zu stöhnen; dabei habe er vor ihr onanieren wollen. Die Frau leistete heftige Gegenwehr.
Lebensgefährtin spricht positiv über Dietmar O.
Im Nachhinein habe sie sich gesagt, sie sei „20 Jahre lang mit dem falschen Mann verheiratet gewesen“, äußerte die erste Ex-Ehefrau. Als sie von der Tat erfuhr, sei sie „am Boden zerstört gewesen“, sagte die 60-Jährige. „Dass er sich überhaupt noch im Spiegel angucken kann, wundert mich.“ Sie habe gewusst, dass er wiederholt Ebay-Inserentinnen kontaktiert habe, um sie sexuell zu belästigen. Die zweite ehemalige Ehefrau, 56, gab an, vor der Tat habe sie einmal zum Sohn des Angeklagten gesagt: „Der wird irgendwann einer Frau ganz wehtun.“ 2009 habe sie Dietmar O. kennengelernt, als „total netten“ Mann.
Nach einem gemeinsamen Umzug habe sich sein Verhalten jedoch gewandelt. „Sehr dominant“ sei er nun gewesen: „Ich hatte nichts mehr zu melden.“ Nach einer schweren Erkrankung sei er eine Zeit lang wieder umgänglicher gewesen. Danach habe er angefangen, sich im Internet mit anderen Frauen zu schreiben. Außerdem habe er sich häufig Pornos angeschaut, auch „Gewaltpornos“. Eines Abends habe er sie zu einem sexuellen Rollenspiel aufgefordert, mit ihm als dem „Dominanten, der Macht über mich hat“. Erschrocken habe sie das Spiel abgebrochen: „Seine Stimme und sein Gesichtsausdruck waren so beängstigend.“
Diejenige, die positiv über Dietmar O. sprach, war seine Lebensgefährtin, mit der er seit November 2017 zusammen ist. „Er wollte der Frau nichts antun“, sagte sie zur Tat, „er wollte ihr nur Angst machen“, weil diese ihn an seine Mutter erinnert habe. Überraschend fügte sie hinzu: „Ich wusste von Anfang an, dass es keine sexuelle Tat ist.“ So habe Dietmar O. es ihr gesagt, und sie glaube ihm. Von der Anmerkung des Vorsitzenden, der Angeklagte habe sich vor Gericht anders geäußert, ließ sie sich nicht beirren. Der Prozess wird am Mittwoch fortgesetzt.