Prozess in KölnSchlüsseldienst-Inhaber soll Zwangslage von Frauen ausgenutzt haben

Eine Türöffnung durch einen Notdienst kann sehr teuer werden. (Symbolbild)
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Köln – Die berechneten Kosten standen „in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung“. Diese Formulierung wiederholt sich in der Anklage, die am Dienstag in Saal 29 des Amtsgerichts zu hören war. Zu verantworten hatte sich ein 29-jähriger Mann aus Essen, dem vorgeworfen wird, er habe als Inhaber eines Schlüsseldienstes wiederholt Wucherpreise berechnet. Acht Fälle sind angeklagt. Der Zeitraum der mutmaßlichen Taten erstreckt sich von Dezember 2018 bis April 2020.
In den ersten beiden Fällen soll Konstantin T. (Name geändert) Mitarbeiter geschickt haben; diese hätten die „Zwangslage“ von Frauen in Bergisch Gladbach und Porz ausgenutzt, die sich ausgeschlossen hatten. Beim ersten Mal habe ein Mitarbeiter den Schlosszylinder ausgebaut, obwohl dies nicht nötig gewesen sei, und den Preis auch sonst in die Höhe getrieben. 1432 Euro habe die Kundin zahlen müssen. Bei der zweiten Frau wurden laut Staatsanwalt 804 Euro fällig – auch dies deutlich über dem „ortsüblichen Entgelt“ für das Öffnen von Türen.
Das System der Betrüger
Konstantin T., der nach eigenen Angaben Hartz IV beantragt hat und von seiner Familie finanziell unterstützt wird, habe nie Mitarbeiter beschäftigt und sei stets „Einzelkämpfer“ gewesen, sagte sein Verteidiger. Die beiden ersten Vorwürfe könnten also nicht zutreffen. Das Geschäftsmodell beschrieb der Anwalt so: Die Anrufe der Hilfesuchenden seien in einer Zentrale eingegangen, die die Aufträge an Firmen in ganz Deutschland verteilt habe. Für die Vermittlung habe die Zentrale bis zu 70 Prozent des Rechnungsbetrags genommen. Entsprechend groß sei der Anreiz für die Auftragnehmer gewesen, die Preise so zu berechnen, dass auch sie auf ihre Kosten kämen. Dazu, ob sein Mandant, der einschlägig vorbestraft ist, dies auf illegale Weise getan hat, sagte er nichts.
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Unter den weiteren angeklagten Fällen, deren Tatort überwiegend Köln ist, findet sich dieser: An einem Dezembermorgen im Jahr 2019 hätten drei Leute den Schlüsseldienst zu einer Wohnung am Marsilstein gerufen. Einer von ihnen sei auf ein Herzmedikament, das in der Wohnung gelegen habe, angewiesen gewesen. 837 Euro hätten die Kunden zahlen müssen.
Die in der Anklageschrift genannten Preise zusammengerechnet ergeben einen Betrag von 7298 Euro. An konkrete Fälle könne sich Konstantin T. nicht erinnern, sagte der Verteidiger. Es sei gut möglich, dass nicht sein Mandant, sondern andere die fraglichen Rechnungsblätter verwendet hätten. „Nicht auszuschließen“ sei, dass weitere Verfahren eingeleitet würden. Das Schöffengericht will abwarten, ob es dazu kommt und vertagte die Verhandlung auf unbestimmte Zeit.