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Sitz im RheinauhafenRechtsanwaltsgesellschaft aus Köln ist „Kanzlei des Jahres“

Lesezeit 6 Minuten
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Markus Sengpiel (l.) und Detlef Mäder

  1. Die Gesellschaft Luther ist „Kanzlei des Jahres“. Markus Sengpiel führt seit Juli 2014 gemeinsam mit Elisabeth Lepique als Managing Partner die Rechtsanwaltsgesellschaft.
  2. Detlef Mäder leitet das Kölner Büro. Seine Beratungsfelder sind Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht sowie IT-Recht.
  3. Die Verantwortlichen im Gespräch über Anwälte in Teilzeit und die Attraktivität der verschiedenen Standorte.

KölnHerr Sengpiel, Herr Mäder, Ihr Unternehmen mit Sitz im Rheinauhafen ist 2019 „Kanzlei des Jahres“ geworden. Was machen Sie denn, was andere nicht machen?

Sengpiel: Luther ist eine der großen Kanzleien in Deutschland mit eigenen Büros im Ausland. Bezogen auf den Umsatz sind wir die achtgrößte Kanzlei in Deutschland mit zehn Standorten und weiteren zehn Standorten im Ausland. Wir sind sehr stark auf die deutsche Industrie fokussiert und konzentrieren uns daher insbesondere auf fünf Industrien: Energie, Health Care und Life Science, Mobility und Logistik, Informationstechnologie und Telekommunikation sowie Immobilien und Infrastruktur. Diese Industrien zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Grundbedürfnisse moderner Volkswirtschaften abdecken, hochreguliert sind und dass sie sich alle in Transformationsprozessen befinden.

Wie viele Anwälte sind bei Ihnen tätig?

Sengpiel: Weltweit sind es 420 Rechtsanwälte und Steuerberater, die für Luther tätig sind, in Deutschland ungefähr 360. In Köln arbeiten zurzeit 98 Anwälte, insgesamt aber rund 230 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darunter gibt es auch viele Kolleginnen und Kollegen, die in Teilzeit tätig sind, sowohl bei den Anwälten, im Bereich der Assistenz als auch in den zentralen Bereichen wie HR („Human Resources“ – Personalabteilung, Anm. d. Red.), Finance, Marketing und IT.

Anwalt in Teilzeit – geht das denn überhaupt?

Sengpiel: Die Vereinbarkeit von verschiedenen Lebensmodellen und -phasen ist eine Herausforderung für alle Großkanzleien. Bei Luther sind wir sehr daran interessiert, den Anteil von Frauen auch innerhalb der Partnerschaft zu stärken. Bei den Berufsanfängern haben wir eine Frauenquote von 50 Prozent, die mit zunehmender Karriereentwicklung abnimmt. Von früheren Mitarbeitern, die nach einigen Jahren in die Wirtschaft oder Justiz gewechselt sind, erfuhren wir im Nachhinein von deren fälschlicher Annahme, die Tätigkeit als Anwalt lasse sich nur schwer mit einer Familie vereinbaren. Ich denke, das trifft auf Luther nicht zu, da wir neben Teilzeit auch flexible Arbeitszeiten und Home Office anbieten.

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Und was tun Sie für die Zukunftsfähigkeit als Arbeitgeber?

Sengpiel: Wir sind mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Dialog, um zu klären, wie der Kanzlei-Partner der Zukunft eigentlich aussieht. Wir sehen den Lebensrealitäten ins Auge und versuchen, uns entsprechend aufzustellen. Gleichzeitig dürfen wir aber nicht vergessen, dass unsere Mandanten hohe Erwartungen an Erreichbarkeit und Reaktionsgeschwindigkeit haben. Und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben ein verstärktes Bedürfnis nach zeitlicher und räumlicher Flexibilität. Es geht also darum, diese gegenseitigen Erwartungen mit den Ambitionen und Optionen einer erfolgreichen Wirtschaftskanzlei in Einklang zu bringen. Dafür überprüfen wir unsere aktuellen Konzepte und passen diese bedarfsgerecht an. Auch bei uns ist es deshalb möglich, nach Absprache im Homeoffice zu arbeiten. Schließlich arbeiten wir daran, dass sich eine Tätigkeit in Teilzeit und die Verantwortung als Partner bei Luther nicht ausschließen.

Mäder: Zudem sind wir bemüht, gute Nachwuchskräfte zu rekrutieren. Einerseits ist hier die Nähe zu den Universitäten Köln, Bonn und Düsseldorf von großem Vorteil. Andererseits zeigt sich hier heute durchaus ein Wettbewerb – nicht nur mit Kanzleien, sondern auch mit der Wirtschaft, der Justiz oder anderen Behörden, wo vermeintlich andere Arbeitszeiten und -bedingungen locken.

Also ist das Bild des Wirtschaftsanwaltes, der sehr gut verdient, aber dafür auch rund um die Uhr zur Verfügung steht, gar nicht mehr so aktuell?

Sengpiel: Selbstverständlich wollen und müssen wir Geld verdienen. Doch auch nicht zu jedem Preis. Wir setzen alles daran, dass wir Rahmenbedingungen und eine Kultur schaffen, mit denen wir die Erwartungen der Mandanten voll erfüllen und dennoch eine Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ermöglichen. Bei uns ist es beispielsweise auch so, dass Arbeit am Wochenende die Ausnahme und nicht der Regelfall ist.

Wie zufrieden sind Sie denn mit dem Standort Köln?

Sengpiel: Köln hat als Stadt hervorragende Ausgangsbedingungen, insbesondere für die Nachwuchsgewinnung. Wir haben hier die Universität und die TH, dazu die Unis Bonn und Aachen in der Nachbarschaft. Ein Talentpool ist also da. Gleichzeitig glaube ich, dass wir uns, ebenso wie andere Kölner Unternehmen, noch stärker für die Weiterentwicklung der Stadt einsetzen sollten. Jeder Einzelne könnte sich stärker engagieren für diese Stadt, in der wir leben.

Mäder: Köln muss aufpassen, dass die großen Arbeitgeber nicht abwandern und dass die Leistungskraft erhalten bleibt. Schon jetzt ist Köln nicht mehr so stark, wie es einmal war.

Tut die Stadt genug dafür?

Mäder: Die Stadt hat jetzt die Wirtschaftsförderungsgesellschaft gegründet, um die Kräfte visibel zu bündeln, was zeigt, dass von Politik und Verwaltung erkannt wurde, dass etwas getan werden muss. Aber die Stadt muss insbesondere auch für ausländische Unternehmen und Mitarbeiter attraktiver werden. Düsseldorf ist beispielsweise ganz anders aufgestellt: Hier hat die Stadtverwaltung bereits vor langer Zeit viel intensiver die Kontakte zu ausländischen Unternehmen gepflegt und mit landes- und sprachkundigen Mitarbeitern gefördert.

In Köln ist man manchmal schon froh, wenn jemand Englisch spricht.

Mäder: Genau.

Dafür ist die Stadt natürlich extrem populär. Aber welche Rolle spielen bei Ihnen eigentlich Themen wie Bildung, Schule oder Wohnen?

Sengpiel: Wer in Köln ist, möchte natürlich hierbleiben. Das ist unser Vorteil. Viele Kollegen, die aus dem Ausland zurückkommen, gehen dagegen eher in Städte wie München, Hamburg oder auch Düsseldorf. Diese Städte sind für die meisten, die international gearbeitet und gelebt haben, attraktiver. Köln ist eben eher etwas für das Gefühl. Von der Wahrnehmung her halten die anderen Städte einem internationalen Anspruch mehr stand, um Beispiel durch ein großes Angebot an internationalen Kindergärten und Schulen. Allerdings ist etwa die Wohnungssituation in Köln gar nicht so schlecht. Das Preisniveau ist an anderen Standorten wesentlich höher.

Beim Verkehr läuft in Köln ja nicht immer alles rund. Ist das für Sie und für Ihre Kunden ein Thema?

Mäder: Da sind wir hier im Rheinauhafen zunächst einmal sehr glücklich über die Tiefgarage. Natürlich hat der Verkehr insgesamt zugenommen, aber nichtsdestotrotz sind wir in Köln ganz gut erreichbar und perfekt an den ÖPNV angebunden.

Sengpiel: Leider hat der Hafen noch kein richtiges Gesicht bekommen. Für uns als Unternehmen ist es ein hervorragender Standort, aber eine gute Mischung, auch mit Angeboten für das tägliche Leben, finden Sie hier nicht. Die ganze Atmosphäre bleibt etwas steril. Architektonisch ist das Projekt sicherlich sehr gelungen, nur findet hier kein richtiges Leben statt. Es ist also kein echtes „Veedel“ – von denen lebt Köln ja eigentlich.

Fühlen Sie sich denn von der Stadtverwaltung gut behandelt?

Sengpiel: Definitiv ja. Wir pflegen auch einen intensiven Austausch. Ich würde mir wünschen, dass auch die Wirtschaft etwas stärker kooperiert und sich engagiert. Man kann nicht immer nur auf die Stadt schimpfen, es braucht auch eigenes, bürgerliches Engagement. Ich glaube, daran fehlt es leider in Köln in vielen Bereichen. Natürlich gibt es zahlreiche Initiativen, etwa im Bereich Kultur.

Wir Bürgerinnen und Bürger in Köln geben uns leider allzu schnell mit Mittelmaß zufrieden, und das ist schade. Wir haben wesentlich mehr Chancen, liegen strategisch zentral in Deutschland und in Europa. Es gibt durchaus die einen oder anderen Pfunde, mit denen wir erheblich mehr wuchern könnten, als wir das bislang machen. Ich habe natürlich auch kein Patentrezept dafür, glaube aber fest daran, dass mehr Engagement von Unternehmen ebenso wie von den Kölner Bürgerinnen und Bürgern erheblich dazu beitragen kann, dass die Stadt langfristig prosperiert.