RechtsextremismusForscher sehen Köln und Umland als neuen „Hotspot rechter Gewalt“
Köln – Das NS-Dokumentationszentrum schlägt Alarm: Nie gab es in Köln und Umgebung so viele gegen Flüchtlinge gerichtete Straftaten aus dem rechtsextremen Spektrum wie im Vorjahr, berichten die Mitarbeiter der beim NS-Dok angesiedelten Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus NRW – ein Projekt, das unter anderem gefördert wird vom NRW- und vom Bundesfamilienministerium.
Die Mobile Beratung bezieht sich auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke. Demnach registrierte die Polizei 2016 in Nordrhein-Westfalen 499 Straftaten gegen Asylbewerber, entsprechende Unterkünfte oder ehrenamtliche Flüchtlingshelfer. Ein Fünftel geschah im Regierungsbezirk Köln, 24 Vorfälle ereigneten sich im Kölner Stadtgebiet. Vor zwei Jahren waren es zehn – allerdings flossen seinerzeit ausschließlich Übergriffe auf Unterkünfte in die Statistik ein, nicht auf Menschen.
In Wahrheit sei die Zahl für 2016 aber noch höher, berichten die Mitarbeiter der Mobilen Beratung. Sie haben eigene Recherchen angestellt, haben Presseberichte, Parlamentsanfragen und einzelne Polizeimeldungen ausgewertet sowie Hinweise auf Vorfälle miteinbezogen, die sie aus Gesprächen oder Mitteilungen von Betroffenen erhalten haben. Die Forscher kommen demzufolge nach eigenen Angaben auf etwa 700 Straftaten landesweit – rund 200 mehr als die Bundesregierung.
„Polarisierende Stimmung“
Die Polizei konnte auf Anfrage am Dienstag keine konkrete Zahlen für Köln nennen, hat aber zugesichert, in den kommenden Tagen Auskunft zu geben. Die statistische Auswertung sei kompliziert und nicht auf die Schnelle zu leisten, erklärte ein Behördensprecher zur Begründung.
Die Mitarbeiter der Mobilen Beratung hingegen haben festgestellt, dass Köln und das Umland sich zuletzt zu einem „Hotspot rechter Gewalt“ entwickelt und in dieser Hinsicht die Region um Aachen, Heinsberg und Düren abgelöst hätten – wenngleich hier nur wenig „schwere Gewalttaten“ bekannt geworden seien.
Laut der Auflistung der Bundesregierung handelt es sich bei den 24 Taten in Köln zumeist um das so genannte Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, um Volksverhetzung, und Sachbeschädigung, dreimal auch um Körperverletzung gegen Flüchtlinge.
Zwei Taten erregten im Vorjahr besonderes Aufsehen: Am 2. Januar warfen zwei Männer einen Feuerwerkskörper mit „Pegida“-Aufkleber gegen ein Flüchtlingsheim in Mülheim. Im Juni soll ein Heranwachsender die Unterkunft einer achtköpfigen Familie aus dem Irak in einem Pfarrhaus in Rondorf angezündet haben. In beiden Fällen wurde niemand verletzt.
„Aus unserer Sicht besteht ein Zusammenhang zwischen den flüchtlingsfeindlichen Straftaten und einer sich seit 2015 weiter polarisierenden gesellschaftlichen Stimmung“, sagt Heiko Klare von der Mobilen Beratung. Die Hemmschwelle sinke, Hetze und Diskriminierung würden „immer offener und selbstbewusster geäußert“.
Die mutmaßlichen Täter stammten häufig aus einem „bürgerlichen Milieu“ und gehörten nicht etwa rechten Gruppierungen an. Angesichts der bevorstehenden NRW-Landtagswahl und der Bundestagswahl appelliert Klare an alle Parteien: „Unter keinen Umständen darf der Wahlkampf auf dem Rücken der Geflüchteten ausgetragen werden.“
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