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Rizin-Bomber-ProzessYasmin H. fühlt sich vorverurteilt

Lesezeit 3 Minuten

Die Angeklagte Yasmin H. beim Prozessauftakt

Köln – „Ich sitze hier als deutsche Muslima, Mutter, Islamistin und angeblichen Terroristin.“ So begann Yasmin H. am Mittwoch vor dem 6. Strafsenat des Düsseldorfer Oberlandesgerichts ihre umfangreiche Einlassung.

Den Hauptvorwurf, sie habe zusammen mit ihrem tunesischen Mann Sief Allah H. in Chorweiler einen islamistisch motivierten Sprengstoffanschlag vorbereitet und dafür den biologischen Kampfstoff Rizin hergestellt, wies sie vehement zurück. Knapp eine Woche zuvor war der 31-Jährige zu zehn Jahren Haft verurteilt worden – auch dafür, dass er im Herbst 2017 zwei Mal versucht hatte, in das Herrschaftsgebiet der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) auszureisen, um am bewaffneten Kampf gegen das syrische Regime teilzunehmen.

Dies gilt ebenfalls als Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die 44-jährige Angeklagte gab zu, ihn bei den Ausreiseversuchen unterstützt zu haben. Der Senat hat hinreichend deutlich gemacht, dass er sie auch sonst für schuldig hält.

Yasmin H.: „Kein Vertrauen in Justiz“

Sie sehe sich „gezwungen“, zu ihrer Entlastung eine „sehr ausführliche Erklärung abzugeben“ sagte Yasmin H., die dafür in ihrer Zelle 170 Seiten geschrieben hat. „Gezwungen“ deshalb, weil der Senat und die Bundesanwaltschaft sie „vom ersten Tag an verurteilt“ und kein Interesse daran gehabt hätten, „den genauen Sachverhalt und die Hintergründe richtig zu durchleuchten“.

So hätten es die Richter abgelehnt, wichtige Akten beizuziehen und Entlastungszeugen aus Tunesien zu hören. Offenbar hätten sie das vorurteilsträchtige Bild einer „sprengstoffbeladenen, in Schwarz gekleideten Muslima“ im Kopf, die mit ihren Kindern in der Küche stehe, Couscous koche – und mit einem Mal alles stehen und liegen lasse, um ein Bombenattentat zu verüben.

Ein „fairer Prozessablauf“ sehe anders aus, beschwerte sich die Angeklagte. Ihr „Vertrauen in die Justiz, die Demokratie und die Politik“ sei „auf den Nullpunkt gesunken“.

2004 zum Islam konvertiert

Sie habe „definitiv keine Anschlagsabsicht gehabt“, sagte Yasmin H. Weder habe sie Utensilien für den Bombenbau besorgt noch Rizin hergestellt. Ihr Mann, von dem sie sich distanzierte, habe sie getäuscht und ihr gegenüber „komplett verheimlicht“, womit er sich unter dem Einfluss von IS-Angehörigen beschäftigte. „Ich bin sehr froh, dass niemand zu Schaden gekommen ist“, beteuerte die mehrfache Mutter, die 2004 Muslimin geworden ist.

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Was ohne ihr Zutun passiert sei, sei „nicht im Sinne des Islam“. Und auch nicht im Sinne einer „gesunden Familie“, die vom aufbewahrten Gift mitgefährdet worden sei.

Zwei Mal habe es heftigen Streit mit Sief Allah H. gegeben, nachdem sie ein verdächtiges „Pulver“ entdeckt habe. „Ich habe ihn aufgefordert, alles wegzuschmeißen“; in einem Fall hätten sie auf ihr Drängen hin „das Pulver und andere Dinge“ im Fühlinger See versenkt.

Der Prozess soll am 23. April fortgesetzt werden.