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Gefährliche Pflanzen in Köln-SürthWie ein 19-Jähriger den Riesenbärenklau bekämpft

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Leo Schall hat sich Sichel und Schutzanzug besorgt und die Rodung des Riesenbärenklaus in Angriff genommen.

Köln-Sürth – Wenn Leo Schall neben dem Riesenbärenklau steht, wirkt er fast klein. Obwohl er selbst fast zwei Meter misst. Trotzdem hat er der übergroßen Pflanze den Kampf angesagt – denn sie ist giftig. Der Riesenbärenklau enthält Furanocumarine, die auf der Haut in Kombination mit Sonnenlicht zu verbrennungsähnlichen Symptomen führen.

Es entstehen Juckreiz und Rötungen, Schwellungen und Blasen, mitunter bilden sich Narben. Und diese Verbindungen können offenbar bei UV-Einwirkung auch krebserregend wirken.

Auf einem verwilderten, frei zugänglichen Privatgrundstück an der Josef-Kallscheuer-Straße nahe des Unter Buschweges hat Leo Schall eine Ansammlung des Riesenbärenklaus entdeckt. „Wenn Kinder auf die Wiese laufen, kann dass schlimm enden“, befürchtet der 19-Jährige, der sich sehr für Botanik und speziell für Giftpflanzen interessiert.

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Leo Schall selbst zog sich trotz Schutzanzug einer allergischen Reaktion ähnliche Blessuren zu

Auch Erwachsene, Hunde und Katzen müssten aufpassen. Selbst ganz junge Pflänzchen gelten schon als giftig. „Die meisten Menschen wissen leider nicht, wie gefährlich der Riesenbärenklau ist“, betont Leo Schall. Zurzeit absolviert er ein Freiwilliges Soziales Jahr an der Offenen Schule Köln im Rodenkirchener Gewerbegebiet. Später will er als Biologisch Technischer Assistent arbeiten, einen Ausbildungsplatz hat er schon in der Tasche.

Auf dem Weg vom Sürther Bahnhof zur Schule fielen ihm die Riesenpflanzen auf, er selbst wohnt in Braunsfeld. Aus einem Gefühl der Verantwortung heraus beschloss er zu handeln. Er besorgte sich eine Sichel, Chemikalienschutzanzug, Schutzbrille, Handschuhe und Atemmaske. So ausgerüstet säbelte er in mühsamer Handarbeit die meisten Pflanzen ab, der Rest kommt auch noch weg. Er wurde dabei von einem Freund unterstützt, der namentlich aber nicht genannt werden will.

Und trotzdem ist es passiert – der 19-Jährige kam in äußerst schmerzvolle Berührung mit dem Riesenbärenklau. „Der Schutzanzug war an der Stelle ein wenig nach oben gerutscht“, sagt Leo Schall. Der Arzt hat die Verletzung an seinem rechten Unterarm behandelt, aber auch Tage nach dem unfreiwilligen Kontakt sind die Wunden noch längst nicht verheilt.

Die abgeschnittenen Blütendolden mit den Samen verrotten derweil in Plastiksäcken. Die riesigen Blätter und die Stängel mit den purpurnen Flecken und den harten Borsten vertrocknen auf einem Haufen. In dem Zustand seien sie nicht mehr gefährlich, sagt Leo Schall.

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Auch Anwohnerin Ursula Büchin zeigt sich sehr beunruhigt. „Meine Enkelin wollte die große Blume abschneiden und in die Vase stellen“, erzählt die Seniorin, die um die Ecke am Rodderweg wohnt. Zum Glück habe sie Bescheid gewusst und das strikt verboten. Direkt gegenüber der Riesenbärenklau-Wiese wird eine Flüchtlingsunterkunft gebaut, auch eine Kita soll noch entstehen.

„Man kann die giftigen Pflanzen auch deshalb auf keinen Fall dort stehen lassen“, sagt sie. Sie müssten jetzt endlich weg. Der Riesenbärenklau, auch Herkulesstaude genannt, würde sich schon seit ungefähr zehn Jahren an der Stelle immer mehr ausbreiten. „Die Pflanzen wachsen inzwischen schon in den Nachbarsgärten“, erzählt sie. Anrufe bei der Stadtverwaltung hätten bisher nichts gebracht, berichtet Ursula Büchin.

Auch Leo Schall hat das Vorkommen der Herkulesstaude dem Amt für Landschaftspflege und Grünflächen gemeldet. Nachdem es zunächst keine erkennbare Reaktion gab, hat nun das Amt einen Trupp zur Begutachtung der Wiese geschickt. „Wir haben den Eigentümer des Grundstücks ermittelt und ihn sofort aufgefordert, den Riesenbärenklau zu entfernen“, sagt Joachim Bauer, der stellvertretende Amtsleiter.

Der Grundstückseigentümer habe inzwischen ein Unternehmen beauftragt, heißt es. Letztlich müssen die Wurzeln ausgegraben werden. Nur so kann vermieden werden, dass die Stauden im nächsten Jahr wieder wachsen. Auf städtischen Grünflächen, das sind mehr als 3000 Hektar, komme der Riesenbärenklau in Köln nicht vor, berichtet Joachim Bauer.

Durch die regelmäßige Pflege und das Mähen würde sich die Staude nicht ausbreiten. Ganz allgemein bevorzuge der Riesenbärenklau feuchte und eher nährstoffreiche Böden, deshalb sei zum Beispiel das dicht bewachsene Rheinufer im Weißer Bogen ein guter Standort. Wie viele Exemplare dort wachsen, sei unbekannt. Für den Uferbereich ist das Wasserschifffahrtsamt, eine Bundesbehörde, zuständig. Auch einen Überblick über das Vorkommen auf privaten Grundstücken gibt es nicht.

Der Riesenbärenklau

Der Riesenbärenklau, ein Doldengewächs, stammt aus dem Kaukasus und wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Zierpflanze in Europa eingeführt. Wer eine solche Pflanze in seinem Garten hat, muss sie nicht entfernen. Problematisch könnte es aber werden, wenn sich jemand verletzt. Furanocumarine oder Furocumarine sind eine Art pflanzeneigener Abwehrstoffe und sehr reaktionsfreudig. Sie kommen in harmlosen Konzentrationen auch in anderen Pflanzen vor wie dem heimischen und wesentlich kleineren Wiesenbärenklau oder in Zitruspflanzen wie Bergamotte, Zitrone oder Limette. (süs)