Die GAG hat zum Jahreswechsel für Tausende ihrer Kölner Wohnungen höhere Mieten angekündigt. Einige Bewohner wollen die Zahlung verweigern.
GAG-SiedlungKölner Bewohner rebellieren gegen angekündigte Mieterhöhungen
Die von der GAG angekündigten Mieterhöhungen für rund 7000 Wohnungen zum 1. Januar 2023 sorgen weiter für Wirbel. In einer Siedlung des Unternehmens in Köln-Immendorf wollen einige Mieterinnen und Mieter die Zahlung des teureren Wohnzinses verweigern. Sie halten die Preissteigerung für ungerechtfertigt. Die GAG bewerte ihre Wohnlage als höher ein als sie tatsächlich ist. Doch die städtische Wohnungsbaugesellschaft gibt sich bislang unnachgiebig.
Umgeben von Industrie
Die Häuser der ehemaligen Arbeitersiedlung des Mineralölkonzerns Shell sind rund 60 Jahre alt und seit Ende der 1970er Jahre im Besitz der GAG. Die 110 Wohnungen in den Häusern an der Storm-, Wiechert- und Rilkestraße sind nach Angaben der Mieter in keinem guten Zustand. Die Nahversorgung sei schlecht, die Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln dürftig. Östlich und südlich der Siedlung liegen die riesigen Industrieanlagen etwa von Shell oder Lyondell-Basell, die Autobahn 555 ist keine 200 Meter entfernt. Wände und Decken sind nicht isoliert, die meisten Fenster Jahrzehnte alt, weshalb das Heizen teuer und mühsam sei.
Die GAG hat die Häuser dennoch als „mittlere Wohnlage“ eingestuft und eine künftige Grundmiete von 7,90 Euro – dem laut Mietspiegel „Oberwert“ – angekündigt. „Das ist aber keine mittlere Wohnlage“, sagt Mieterin Andrea Radermacher angesichts der maroden Bausubstanz und des Wohnumfelds. Die Grundmiete ihrer 59-Quadratmeter-Wohnung soll kräftig steigen, von 408,10 Euro auf 462,60 Euro. „Ich werde die höhere Miete nicht zahlen, weil sie ungerechtfertigt ist“, sagt sie. Manche ihrer Nachbarn hätten der Mieterhöhung bereits zugestimmt, einige würden sie aber verweigern. Die GAG schrieb in der Ankündigung an die Mieter, dass sie die gestiegenen Preise auch einklagen werde. „Viele haben nur zugestimmt, weil sie Angst vor der Klage haben und davor, ihre Wohnung zu verlieren“, weiß Radermacher. Sie jedoch werde es darauf ankommen lassen.
Sie hat sich an den Mieterverein Köln gewandt. Der sagte in einem Schreiben an die GAG, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auszugsweise vorliegt, dass die Einordnung der Siedlung als mittlere Wohnlage falsch sei. Die Mieter zahlten bereits jetzt den „Mittelwert der einschlägigen Mietspiegelspanne“, heißt es darin. Warum nun von der GAG „der Oberwert der Mietspiegelspanne als ortsüblich und angemessen vorausgesetzt wird, erschließt sich nicht“, urteilt der Mieterverein weiter. „Insgesamt ist festzuhalten, dass die Bausubstanz, mit wenigen Ausnahmen, dem Errichtungszustand entspricht“, also dem von 1960.
Wenn die Mieterinnen und Mieter die Erhöhungen nicht zahlten, werde die GAG diese einklagen, sagt Hans Jörg Depel, Geschäftsführer des Mietervereins. Da die GAG ihre Einordnung der Wohnlage durchsetzen will, einige Mieter sie aber anzweifeln, werde das Gericht einen unabhängigen Gutachter bestellen, der die Immendorfer Wohnungen bewertet. Im Ergebnis könne stehen, dass die Erhöhungen ganz oder teilweise falsch sind. Oder die GAG eben recht hat. Im Fall Immendorf seien die Mieterhöhungen „meiner Meinung nach nicht gerechtfertigt“, sagt Depel.
Ein Sprecher der GAG kündigt an, dass das Unternehmen „Zustimmungsklage“ einreichen werde, wenn die höheren Mieten nicht gezahlt würden. „Wir werden die Mieterinnen und Mieter erinnern, um zu gucken, woran es liegt. Aber dann werden wir zügig den Rechtsweg beschreiten“, sagt er. Der Sprecher erneuerte das Angebot, Menschen, die die Erhöhung nicht stemmen könnten, mit Beratungen zur Seite zu stehen.
Andrea Radermacher beeindruckt das nicht. „Ich habe die Einzugsermächtigung für meine Miete schon gekündigt“, sagt sie. „Die Mieterhöhungen sind vollkommen ungerechtfertigt – und zwar für alle Wohnungen der Siedlung.“