Seit Jahren will die Stadt Köln ihren Grüngürtel vollenden. Nun geht es voran. Doch noch gehören der Stadt nicht alle Grundstücke.
„Grüngürtel bleibt ein Luftschloss“Muss die Stadt Köln Grundstücksbesitzer für die Parkstadt Süd enteignen?
Die sogenannte Parkstadt Süd ist laut der Stadt Köln eines „der größten innerstädtischen Stadtentwicklungsprojekte Deutschlands“. Während des Baus des neuen Stadtviertels soll der Innere Grüngürtel um rund 2,5 Kilometer bis zum Rhein an der Südbrücke verlängert werden. Die Vorentwurfsplanung hat die Politik den Gremien des Stadtrates präsentiert, die noch darüber berät.
Allerdings gehören der Stadt nicht alle Grundstücke, schlimmstenfalls müsste sie möglicherweise die Besitzer enteignen. Lars Diederichsen, Anwalt des Besitzers des Bonntor-Centers an der Koblenzer Straße, sagt: „Unter diesen Umständen ist und bleibt der von der Stadt geplante Grüngürtel ein Luftschloss.“ Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was ist die Parkstadt Süd?
In den nächsten Jahren sollen im Kölner Süden laut Stadt Wohnungen für 10.000 Menschen und Arbeitsplätze für 4000 Menschen geschaffen werden. Die 115 Hektar große Fläche erstreckt sich etwa von der Luxemburger Straße bis zum Rheinufer. 115 Hektar sind umgerechnet rund 161 Fußballfelder.
Und wie gehört der Grüngürtel dazu?
Zusätzlich zu den neuen Gebäuden soll der Innere Grüngürtel vollendet werden. Aktuell erstreckt er sich rund sieben Kilometer mit einer Breite von rund 200 Metern vom nördlichen Rheinufer in Riehl bis zur Luxemburger Straße. Laut Verwaltung ist er damit „die größte innerstädtische Parkanlage Kölns“, nun soll diese „grüne Oase“ von der Luxemburger Straße rund 2,5 Kilometer bis zum Rhein vollendet werden. Dazu zählt auch ein kleines Stück am Eifelwall (siehe Grafik).
Und was ist mit den Grundstücken für den Grüngürtel?
Sie gehören nicht alle der Stadt Köln – und das könnte zum Problem werden. Wo beispielsweise heute noch das Bonntor-Center steht, soll später der Grüngürtel sein. Und es bleibt nicht bei dieser Fläche, die in Privateigentum ist, unter anderem das Bürogebäude am Gustav-Heinemann-Ufer 54 ist auch in Privatbesitz der Polis Immobilien AG. Es steht an der Stelle nahe des Rheinufers, wo der Grüngürtel später einmal enden soll. Andere Flächen gehören etwa der städtischen Rhein-Energie oder den Sportstätten. Vom Land gekauft hatte die Stadt vor vier Jahren die sogenannten Domgärten für 70 Millionen Euro.
Was sagen die Privateigentümer?
Der Besitzer des Bonntor-Centers hatte gegen den Regionalplan vor dem Oberverwaltungsgericht Münster geklagt, hatte dort aber laut einer Sprecherin verloren. Dabei ging es aber nur um den Regionalplan, sein Gebäude und das Grundstück gehören ihm weiterhin.
Laut Anwalt Diederichsen gibt es keine Verhandlungen oder Kontakt mit der Stadt. „Umso befremdlicher ist, dass die Stadt trotzdem eine Planung vorantreibt, die auf eine Beseitigung des Bonntor-Centers zielt.“ Der Besitzer wäre aber bereit zu einem Verkauf, „gegen einen angemessenen Kaufpreis“, aber die Stadt habe bis heute kein einziges Angebot vorgelegt. „Daher bleibt meiner Mandantin nichts anderes übrig, als sich weiterhin mit Rechtsmitteln gegen die Planungen der Stadt zu wehren, um ihr Eigentum zu verteidigen“, sagt Diederichsen. Laut eines Sprechers der Polis Immobilien AG möchte das Unternehmen sich nicht äußern.
Wie äußert sich die Verwaltung?
Laut der Stadt steht sie mit mehreren Eigentümern in unterschiedlich weit fortgeschrittenen Vertragsverhandlungen. Demnach wurde mit dem Eigentümer des Bonntor-Center vor einigen Jahren gesprochen. „Da damals überhaupt keine Veräußerungsbereitschaft bestand, wurde dieses Ankaufsprojekt zurückgestellt“, teilt die Verwaltung mit.
Wie schätzt ein Experte die Lage ein?
Prof. Dr. Christian Zeissler lehrt an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung NRW und beschäftigt sich unter anderem mit Verwaltungsrecht. Zeissler sagt: „Es ist völlig normal und üblich, dass es solche Schwierigkeiten bei solch großen Projekten gibt, da eine Vielzahl unterschiedlicher Interessen betroffen sind. Da muss eine Stadt eben durch.“
Wie geht es jetzt weiter?
Die Stadt strebt laut eigener Aussage einen einvernehmlichen Kauf an. Sie geht nicht davon aus, Besitzer enteignen zu müssen, unter anderem, weil sie ein Vorkaufsrecht hat.
Wie schwierig ist eine Enteignung?
Die Verwaltung müsste mehrere Kriterien erfüllen, unter anderem muss das Wohl der Allgemeinheit gegeben sein und die Stadt muss sich ernsthaft um einen Kauf zu „angemessenen Bedingungen“ bemühen. So steht es im Baugesetzbuch.
Verzögern sie Grundstücksprobleme die Umsetzung der Parkstadt Süd und des Grüngürtels?
Anwalt Diederichsen sagt: ja. Seiner Aussage nach dauern Enteignungsverfahren regelmäßig viele Jahre lang und die Stadt müsste auch andere Grundstückseigentümer möglicherweise enteignen und entschädigen. Die Stadt sagt: nein. Ihrer Aussage nach besteht auch die Möglichkeit einer sogenannten „vorzeitigen Besitzeinweisung“.
Was meint dieser Begriff?
Experte Zeissler sagt: „Die Besitzeinweisung ist ein Instrument, das das Gesetz für eben solche Fälle vorsieht. Wenn die sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten ist, kann vorab in den Besitz des enteigneten Grundstücks eingewiesen werden, damit ein Bauvorhaben ausgeführt und die dafür erforderlichen Maßnahmen getroffen werden können. Es gelten allerdings bestimmte Kriterien, die eine Stadt erfüllen muss.“