Der Kölner hatte sich geweigert, seine Wohnung während der Entschärfung zu verlassen – das zog den Einsatz deutlich in die Länge.
Nach Bombenfund in Raderberg„Grob ungehörige Handlung“ – Stadt Köln verhängt Bußgeld gegen Anwohner
Eine verzögerte Bombenevakuierung in Köln-Raderberg vor einem halben Jahr hat für den Bewohner eines Studentenheims teure Folgen: 200 Euro Bußgeld plus 28,50 Euro Gebühren musste der Mann nun zahlen, weil er sich an jenem späten Abend im Juni geweigert hatte, sein Appartement zu verlassen – oder um es mit Paragraf 118 des Ordnungswidrigkeitengesetzes auszudrücken: weil er eine „grob ungehörige Handlung“ vorgenommen hat, „die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen“. Die Stadt hatte das Bußgeldverfahren gegen ihn eingeleitet.
Neun Stunden hatte es gedauert vom Fund des Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg bis zur Entschärfung tief in der Nacht. Gegen 1 Uhr konnten alle Anwohnerinnen und Anwohner zurück in ihre Häuser. Es hätte auch 23.30 Uhr oder noch früher sein können, alles wäre laut Mitteilung des Ordnungsamtes „mindestens eineinhalb Stunden schneller“ gegangen, hätten sich nicht vier Anwohner eines Studentenwohnheims lange Zeit geweigert, ihre Appartements zu verlassen – so jedenfalls lautete die damalige Einschätzung.
2700 Menschen mussten ihre Wohnungen in Raderberg verlassen
Aber während der kürzlich verurteilte Mann sein Bußgeld bereits beglichen hat, kamen die anderen drei straffrei davon. Ihnen habe man den Vorsatz nicht nachweisen können, berichtete eine Stadtsprecherin. Vorsatz aber sei für eine Verurteilung notwendig. Einer etwa habe ausgesagt, er habe geduscht und nicht mitbekommen, dass das Haus vom Ordnungsdienst geräumt worden sei. Auch die beiden anderen wollen von den Maßnahmen nichts mitbekommen haben. Das Gegenteil konnte ihnen nicht bewiesen werden.
2700 Menschen mussten in Raderberg evakuiert werden, nahezu alle hatten zügig und bereitwillig ihre Wohnungen verlassen – bis auf die vier Personen. Sie hatten auf das Klingeln der Ordnungskräfte zunächst nicht reagiert. Das Wohnheim war geräumt, die Kontrolleure wollten schon abziehen, da nahmen sie im letzten Moment noch Bewegungen hinter den Fenstern von vier Appartements wahr. Sie klingelten erneut an der Haustür, doch niemand öffnete. Schließlich brach die Feuerwehr die Tür auf.
Weil nach Bombenfunden eine potenzielle Gefahr für die Allgemeinheit besteht, liegt es qua Gesetz nicht im Ermessen eines Einzelnen, ob er oder sie sich evakuieren lässt oder auf eigene Gefahr zurückbleibt – alle müssen ihre Wohnungen und Häuser verlassen. „Aber wir stellen fest, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich weigern“, sagte im Juni nach dem Einsatz in Raderberg der Leiter des Kölner Ordnungsdienstes, Thomas Frenzke. Dann sei Fingerspitzengefühl gefragt, gutes Zureden, notfalls eine „energische Ansprache“ oder als letztes Mittel eben Zwang.
Jede Verzögerung bei einer Evakuierung sei nicht nur „ärgerlich und nervig“ für die betroffene Nachbarschaft oder die Menschen, die durch die Straßensperrungen im Stau stehen, sie ziehe auch meist einen handfesten wirtschaftlichen Schaden nach sich. „Jeder Betrieb, der in so einer Situation länger als nötig geschlossen bleiben muss, macht auch größere finanzielle Verluste“, sagte Frenzke. Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr, des Ordnungsdienstes oder der KVB müssten unter Umständen Überstunden machen, für die am Ende der Steuerzahler aufkommen müsse.