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Schließung 2025Was mit den Händlern vom Kölner Großmarkt passiert

Lesezeit 4 Minuten
Obst- und Gemüsehändler Norbert Heep (r.) mit seinem Mitarbeiter Daniel Kacprzak.

Obst- und Gemüsehändler Norbert Heep (r.) mit seinem Mitarbeiter Daniel Kacprzak.

Wo jetzt noch der Großmarkt steht, soll ein neuer Stadtteil entstehen. Dafür müssen die Händler weichen: Wohin sie gehen und welche Folgen das hat.

Dass der Kölner Großmarkt Ende des Jahres 2025 endgültig weichen muss, ist beschlossene Sache. Auf den 115 Hektar in Raderberg soll das Stadtentwicklungsprojekt Parkstadt Süd entstehen, Baubeginn: 2032. Bis dahin wird abgerissen. Wohin die Händler dann gehen, ist hingegen nicht geklärt. Von denen, die noch übrig sind, haben die wenigsten bereits konkrete Pläne, wo und wie sie ihren Betrieb weiterführen können. Unwahrscheinlich ist, dass der Großteil in Köln bleiben kann.

Norbert Heep führt auf dem Großmarkt einen Obst-, Frucht- und Gemüsehandel, mit 15 Millionen Euro Umsatz einen der größten dort. Auch er sucht einen neuen Standort für sein Unternehmen und das so schnell es geht. „Wir wollen so nah wie möglich an Köln bleiben“, sagt er. Das Problem: Innerhalb der Stadt gibt es so gut wie keine großen Kühllager, die eine Nachterlaubnis haben. Ohne diese Genehmigung können keine LKW nachts Ware anliefern und abholen. Das aber ist zwingend notwendig in der Lebensmittelbranche mit frischer Ware wie Obst, die schnell ausgeliefert wird.

Obsthändler vom Kölner Großmarkt richten sich darauf ein, die Stadt zu verlassen

„Dass wir in Köln unsere Gewerbesteuer weiterhin bezahlen werden, halte ich für nahezu ausgeschlossen“, sagt Heep. Er suche zweigleisig: einmal nur für seinen Betrieb. Und dann gibt er den Traum von einem neuen Kölner Großmarkt noch nicht auf: Er frage auch größere Flächen an, wo Früchte Heep vielleicht zukünftig wieder mit anderen Händlern ein kleines Zentrum weiterbetreibt.

Auch die Stadt hatte jahrelang angestrebt, eine Alternative für den gesamten Markt zu finden. 2007 hatte der Kölner Rat die Entscheidung getroffen, den Großmarkt 2020 als neues „Frischezentrum“ nach Marsdorf zu verlagern. Das gelang nicht, die Händler sind auf sich gestellt. Die Politiker verlängerten nur den Betrieb in Raderberg anstatt seines Endes 2020 in den vergangenen Jahren zweimal, auf nun 2025.

Angesichts dieser Unsicherheit begann Nathalie Balthasar 2019 schon, einen alternativen Standort aufzubauen. Sie führt das Recyclingzentrum BWE Balthasar nördlich des Großmarkts. Hier entsorgen die Markthändler und ein großer Teil an Unternehmen aus der Innenstadt. Ob das so bleibt, weiß Balthasar nicht, sie zieht nach Wesseling. Sie sagt, dann müssten Gewerbetreibende in Köln erheblich weiter fahren. So nah an der Innenstadt gibt es linksrheinisch dann keinen Entsorger mehr, wenn mit Schließung des Großmarkts auch der dortige Remondis-Standort wegfällt. Sie sagt: „In Köln wird mir keine Fläche geboten.“ Auch wenn es BWE Balthasar weiterhin geben wird, schrumpfe der Betrieb auf weniger als die aktuellen 30 Mitarbeiter und eine kleinere Fläche.

Landwirt und Zulieferer des Kölner Großmarkts sieht Existenz wegen Schließung bedroht

Von der Schließung des Großmarkts sind auch Landwirte im Kölner Umland betroffen. Einer von ihnen ist Christian Boley, der in vierter Generation seinen Hof in Brühl führt. Boley sagt, sein Urgroßvater habe 1904 den Kölner Großmarkt mitgegründet. Schon damals habe er die Kartoffeln, Spargel und die Bohnen seiner Felder nach Köln gefahren. Bis 1940 befand sich dieser Vorgängermarkt auf dem Heumarkt, wo heute das Maritim steht. Dann zog der Markt an den heutigen Standort. Ur-Enkel Christian Boley sagt nun: „Schließt der Großmarkt, wird es den Hof in dieser Form nicht mehr geben.“ Denn dann wolle er kein Gemüse mehr anbauen. Selbst wenn einzelne Händler weitermachten, müsste Boley ihre verschiedenen Standorte anfahren, um seine Ware zu verkaufen. Das könne er nicht stemmen.

Christian Boley, Landwirt aus Brühl, liefert dem Kölner Großmarkt Gemüse zu.

Christian Boley, Landwirt aus Brühl, liefert dem Kölner Großmarkt Gemüse zu.

Das ist bereits die Realität vieler Händler auf den Kölner Wochenmärkten. Das Großmarktgeschäft lief zuletzt zunehmend schlechter, ein Drittel der Gesamtfläche ist bereits nicht mehr in Nutzung, einige Händler sind längst weg. Mustafa Özcan ist Sprecher des größten Wochenmarktes der Stadt in Nippes und berichtet von Kollegen, die schon nach Frechen, Wuppertal und Holland für den Einkauf fahren. Die Großmarkthändler sagen, schließen sie ihre Tore, seien auch die Wochenmärkte in Gefahr.

Über die Wochenmärkte kommen die Kölner Bürger an die Waren aus Raderberg. Ein weiterer Weg für Endkunden ist der Einkauf über den Feinkosthändler Mare Atlantico. Dort kaufen zudem mehr als 200 Gastronomen aus Köln und dem Umland täglich ein, sagt Chef-Verkäufer Teo Karassavidi. Drei Jahre länger könne das Unternehmen noch an der Bonner Straße bleiben, weil es nicht auf dem Kerngebiet des Großmarkts, sondern auf einem Nachbargrundstück steht. „Wir müssen jetzt parallel fahren: Hier den Betrieb aufrechterhalten und den Übergang vorbereiten.“ Deswegen sucht Mare Atlantico ebenfalls jetzt nach einem neuen Ort. Der soll möglichst in der Nähe und auf jeden Fall innerhalb Kölns liegen, hofft Karassavidi, damit die Gastronomen weiterhin kommen.