Jedes Jahr ertrinken Menschen im Rhein. Am Strand in Rodenkirchen kennt man die Gefahr, viele springen trotzdem ins Wasser.
DLRG warnt vor LebensgefahrRhein-Schwimmen: „Man geht ja auch nicht auf Autobahn-Seitenstreifen spazieren“
„Wir sind Kölner, wir wissen, wie gefährlich der Rhein ist“, sagt Helga Helbig. Sie sitzt im Campingstuhl neben ihrer Strandbegleitung Thomas Moldenauer am Rheinufer in Rodenkirchen. Die Stühle haben sie ins Wasser gerückt, die Füße baumeln im Rhein. Die Strände der Rodenkirchener „Riviera“ sind an diesem Dienstag, bei 32 Grad Celsius, gut besucht. Von jung bis alt springen viele auch ins Wasser, schwimmen einige Meter oder lassen sich auf dem Rücken treiben.
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und die Stadt Köln raten eindringlich von dieser Erfrischung ab. „Die Gefahr lauert unter der Oberfläche“, sagt Frank Zantis von der DLRG. Der Rhein sei ein großer, unberechenbarer Fluss. Die mitunter glatte Oberfläche täusche viele Schwimmerinnen und Schwimmer über die Gefahr hinweg. Strömung und Schifffahrt erzeugen Sogwirkungen, gegen die auch erfahrene Schwimmer machtlos seien, sagt Zantis. Der Rhein ist eine der zentralen Wasserstraßen Mitteleuropas. „Man muss das mal vergleichen. Man geht ja auch nicht auf den Seitenstreifen der Autobahn spazieren.“
47 Menschen sind 2023 in den Gewässern NRWs ertrunken
Trotz der Warnung ertrinken jedes Jahr Menschen im Rhein. Und der Strand in Rodenkirchen fällt schnell, wenn man Zantis nach gefährlichen Orten im Stadtgebiet fragt. 378 Menschen sind im vergangenen Jahr in Deutschland ertrunken, teilt die DLRG in einer Pressemitteilung mit. 47 davon in NRW. Nachdem die Unfallzahlen in Deutschland in den vergangenen Jahren zurückgegangen waren, stiegen sie 2023 erstmals wieder an. Zahlen für die aktuelle Saison liegen noch nicht vor. Die DLRG plant am 8. August eine erste Zwischenbilanz für 2024 zu veröffentlichen.
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In einer Hinsicht sticht das Rheinland in der DLRG-Statistik ins Auge. Während in den gesamtdeutschen Zahlen die Gefahr in erster Linie von Seen auszugehen scheint, liegen diese in NRW hinter den Flüssen auf Platz zwei. Die Kölner Feuerwehr ist im ersten Halbjahr 2024 bereits 23 Mal ausgerückt, um Menschen aus dem Rhein zu retten, teilt die Stadt mit. In 15 Fällen wurden tatsächlich Personen aus dem Rhein geborgen. Bei den übrigen acht Einsätzen handelt es sich entweder um Fälle, bei denen sich niemand mehr im Wasser befand, als die Einsatzkräfte eintrafen oder die Person weggeschwemmt wurde und nicht mehr auffindbar war, erläutert die Stadtverwaltung.
Aus den Aufzeichnungen der DLRG geht auch hervor, wer die Gefahr von Gewässern besonders häufig unterschätzt: Drei von vier Personen, die in NRW im Jahr 2023 ertrunken sind, waren Männer. Die bundesweite Statistik zeichnet dieses Verhältnis beinahe identisch nach.
„Man sieht ja schon relativ gut, wo die Strömung anfängt“, sagt Christopher. Der 31-Jährige kommt gerade aus dem Wasser in Rodenkirchen und möchte seinen Nachnamen lieber nicht nennen. Er sei sich der Gefahr bewusst, erklärt er, aber hinter den Schutzwällen fühle er sich relativ sicher.
Die sogenannte Buhnen sind Aufschüttungen aus Steinen, die in den Fluss hineinragen. Sie werden eingesetzt, um Fahrrinnen zu vertiefen und die Uferbereiche zu schützen, informiert die Bundesanstalt für Wasserbau im Internet. Viele Ausflügler am Rheinufer erklären, sich hinter den Steinwällen in Sicherheit zu fühlen und scheinen sie für Schutzbarrieren für Schwimmer zu halten – ein gefährlicher Irrtum, erklärt Zantis. Da die Buhnen in die Strömung ragen, entstehen hinter den Wällen häufig Strudel, sagt er. Gerade dort gerät man deshalb schnell in einen Sog, den man nicht kontrollieren kann. „Es gibt einfach grundsätzlich keinen sicheren Ort, um im Rhein zu schwimmen“, sagt der DLRG-Sprecher.
Am Strand in Rodenkirchen berichten einige schon mit angesehen zu haben, wie Menschen vom Rhein erfasst werden. Leïa Mion und Charlotte Laatz waren letzte Woche auf den Poller-Wiesen und haben dabei zugesehen, wie eine Frau mit einem Helikopter aus dem Rhein gerettet werden musste, erzählen sie. „Ich habe auch schon gesehen, wie hier am Strand jemand ertrunken ist“, erzählt Thomas Moldenauer. Erst im Mai kam es zu einem tödlichen Unfall in Düsseldorf, berichtet Zantis. Eine Frau geriet in die Strömung, ihr Mann versuchte, sie zu retten. Beide starben.
An einigen Stellen ist wegen der Gefahren das Schwimmen im Rhein grundsätzlich verboten, sagt Zantis, beispielsweise in Duisburg. In Köln darf man allerdings nur in bestimmten Bereichen nicht schwimmen, etwa in Nähe der Häfen. Verbotszonen umzusetzen sei sehr schwierig, sagt Zantis. Denn der Rhein gehört dem Bund.
In Rodenkirchen versucht man die Menschen mit Hinweisschildern vom Schwimmen abzuhalten. „Achtung Lebensgefahr“ steht auf dem Zeichen, an einem Zugangsweg zum Wasser, etwa 30 Meter vom Strand entfernt. Besonders gut scheint die Botschaft allerdings nicht anzukommen. „Es gibt ja auch überhaupt keine Warnschilder“, sagt etwa Charlotte Laatz, und erklärt später noch ins Wasser gehen zu wollen. Hinter ihr taucht ein kleines Mädchen im Fluss und kommt prustend zur Oberfläche.