Hochhaussiedlung in Köln-MeschenichKampf gegen die Verwahrlosung der Hochhäuser am Kölnberg

Hinter den Kölnberg-Blöcken An der Fuhr 2 und 3 sind die Meschenicher Einfamilienhäuser, Felder und das Naturschutzgebiet Kiesgruben zu sehen.
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Meschenich – Seit 1987 lebt Hayrani Okur in der Meschenicher Hochhaussiedlung, die unter der früheren Adresse Am Kölnberg bekannt ist. Er lebt gern hier. Und er hat viel erlebt, gute und schlechte Zeiten. „Die letzten drei Jahre ist es schlimmer geworden“, sagt er und macht die Wohnverhältnisse verantwortlich. 20 bis 30 Leute in einer Wohnung – das sei keine Seltenheit.
Okur hat einen guten Überblick. Für eine Hausmeister-Firma organisiert der 40-Jährige die Pförtnerdienste in einer kleinen Loge im Erdgeschoss von Haus Nummer 4. Auf den Monitoren sind die Bilder der Überwachungskameras in der Wohnanlage zu sehen. Aber er kennt auch die Wohnungen, um deren Zustand sich weder Mieter noch Vermieter kümmern. Er hat Bäder gesehen, in denen die Farbe der Wände nicht mehr zu erkennen war, Zimmer in denen abgerissene Tapeten von den Wänden hingen und Ungeziefer sich breit gemacht hatte.
Anlass zur Sorge
Polizei, Sozialarbeiter, Politiker und Hausverwalter zeichnen ein ähnliches Bild. Die Schätzungen reichen von 200 bis 600 Personen, die zusätzlich zu den 4000 in der Anlage gemeldeten Menschen leben. Die meisten Mieter wohnen in ganz normalen Verhältnissen. Doch die Lebensumstände einiger sind Anlass zur Sorge: Drogensüchtige, die sich eine Wohnung zum Fixen, zur Prostitution und zum Wohnen teilen, und Zuwanderer, die froh sind, wenn sie überhaupt irgendwo unterkommen. Sie treffen am Kölnberg auf Vermieter, die es kaum kümmert, unter welchen Bedingungen ihre Mieter hausen. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass sich die Situation wieder zum Besseren wenden könnte.
Ein neues Gesetz, ein neuer Eigentümer und neue Zuständigkeiten für einen bewährten Hausverwalter könnten für ein wenig Zuversicht sorgen. Seit zweieinhalb Jahren ist Werner Eßer Gesellschafter der SHV-Hausverwaltung, die schon lange am Kölnberg aktiv ist. Mit Alexander Stefanac ist er für rund 600 der gut 1300 Wohnungen in der Siedlung zuständig. Ihr Vorgänger genoss einen ausgezeichneten Ruf. Bis zum Sommer 2009 war sein Unternehmen für die Verwaltung fast aller Wohnungen in der Anlage zuständig. Dann überwarf sich die Hausverwaltung mit einem Großeigentümer, der für gut 500 Wohnungen in drei Häusern fortan einen Bielefelder Konkurrenten beauftragte. „Das hat nicht funktioniert“, sagt Eßer heute. In seinem Büro stapeln sich Kisten voller Aktenordner mit liegen gebliebenen Abrechnungen. Wohnungen wurden „unter der Hand“ vermietet, oft von Hausmeistern, die Provision für jede Vermietung erhalten haben sollen, so Eßer. Zuletzt hätten sich Mitarbeiter der Hausverwaltung monatelang überhaupt nicht mehr blicken lassen.
Die 500 Wohnungen wechselten Ende Dezember 2014 den Eigentümer. Grand City Property, so der Name des neuen Eigentümers mit Sitz in Luxemburg, hat zwar zum 1. April eine Frankfurter Firma mit der Verwaltung beauftragt. Vertreter saßen jedoch schon mit Eßer, der inzwischen die Hausverwaltung SHV übernommen hatte, an einem Tisch. Man wolle für eine „schrittweise Verbesserung der Lebenssituation ihrer Mieter“ sorgen, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Seitdem kümmert sich Eßers SHV wieder um fast alle Außenanlagen, Treppenhäuser und die gemeinsamen Abrechnungen der verschiedenen Eigentümer. Sozialraumkoordinator Ludger van Elten begrüßt das. Die Zusammenarbeit mit der alten Hausverwaltung lief schlecht. „Wir mussten das Stadtteilfest im vergangenen Jahr absagen, weil wir keine Unterstützung erhalten haben“, sagt er.
Eßer und Stefanac ließen zunächst das Gelände zwischen den Häusern und die Treppenhäuser zunächst gründlich reinigen, sorgten dafür, dass öfter geputzt wird. Das Problem der Überbelegung wollen sie nun mit den anderen Eigentümern gemeinsam angehen. In den von ihnen betreuten Beständen funktioniere das ganz gut, meint Eßer. Neue Mieter suchen sie sorgfältig aus. Eßer sagt, er kenne Irakis und Syrer, habe Verbindungspersonen in die verschiedenen Gemeinschaften in der Siedlung und erkundige sich über Interessenten. Eine „gute Mischung“ sei ihr Ziel. Er will aber auch die Eigentümer wieder stärker in die Pflicht nehmen. „Da müssen wir zum Teil viel Geld ausgeben“, sagt er, „um einen Grundstandard wiederherzustellen.“
Neues Wohnungsaufsichtsgesetzes
Er ist zuversichtlich, dass er den neuen Eigentümer dazu bewegen kann, die Wohnungen besser zu pflegen und sorgfältiger zu vermieten. Insbesondere von der neuen Fassung des Wohnungsaufsichtsgesetzes verspricht er sich ein Druckmittel. „Das passt wie die Faust aufs Auge“, sagt er. Das Wohnungsamt der Stadt kann nun Bußgelder verhängen, wenn eine Wohnung überbelegt ist, sie unter Umständen sogar räumen lassen. Das Landesgesetz trat Ende April 2014 in Kraft und schreibt genau vor, was darunter zu verstehen ist. Weniger als neun Quadratmeter für Erwachsene oder sechs für Kinder sind nicht erlaubt.
„Das ist neu“, sagt Josef Ludwig stellvertretender Leiter des Wohnungsamtes. Auch bislang konnte das Amt zwar aktiv werden, wenn Eigentümer notwendige Reparaturen nicht durchführen ließen und Wohnungen verwahrlosten. Doch sei das „Anzeigeverhalten eher defensiv“ gewesen, so Ludwig. Der neue Paragraf werde zwar nicht alle Probleme lösen. Er verspricht aber: „Wir werden sofort aktiv. Wenn die Vermieter merken, dass wir Hinweisen nachgehen, dann tut sich vielleicht schon etwas.“ Genügend Personal habe er.
Und Hausverwalter Eßer will das nutzen. „Die Leute hier melden das nicht. Also werden wir uns in Zukunft beim Wohnungsamt melden“, kündigt er an für die Fälle, in denen Eigentümer nicht reagieren. Die Bezirksvertreter sahen das neue Gesetz ebenfalls als geeignetes Mittel, Druck auf die Eigentümer auszuüben. Einige zeigten sich jedoch besorgt, dass man damit die „Ärmsten der Armen treffe“, wenn die Mieter als Folge ihre Wohnungen verlieren würden.