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Fernseh-Auftritt nach Attacke in KölnSympathischer Auftritt von OB Reker bei peinlichem Günther Jauch

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Lag ein ums andere Mal daneben: Günther Jauch.

Für Henriette Reker ist der Auftritt bei Günther Jauch beinahe ein Heimspiel: Dessen RTL-Show „Menschen, Bilder, Emotionen 2015“ wird am Sonntagabend ab 20.15 Uhr live in einem Studio in Hürth aufgezeichnet. Wohlwollender Applaus empfängt die Kölner Oberbürgermeisterin, die in der Jahresrückblick-Sendung neben Prominenten wie Adele, Til Schweiger und Sarah Connor einen Auftritt hat, um von ihren Erinnerungen an den 17. Oktober zu erzählen.

Damals wurde sie mit einem Messer attackiert und lebensgefährlich verletzt, einen Tag vor der Oberbürgermeisterwahl, die sie im Koma liegend gewann. Es ist ihr erster großer Fernsehauftritt seit der Attacke, vermutlich ihr größter Fernsehauftritt überhaupt – sie absolviert ihn sympathisch, bescheiden und charmant zugleich. Eine etwas weniger gute Figur macht Gastgeber Günther Jauch.

Amtseinführung in München?

Als „Henriekte Reker“ bezeichnet er die Oberbürgermeisterin in seiner Anmoderation. Noch peinlicher ist sein Versprecher, als er auf die bevorstehende offizielle Amtseinführung der OB am 15. Dezember „in München“ und die schwere Kölner Amtskette zu sprechen kommt. Reker übergeht ihre versehentliche Versetzung in den Süden der Republik wortgewandt: Da ihr zweiter Brustwirbel bei der Messerattacke gespalten worden sei, würden die Ärzte eine derart schwere Last nicht empfehlen. „Ich spüre die Verantwortung auch schon so auf meinen Schultern“ sagt die 58-Jährige. Ähnlich souverän antwortet sie auf die Frage, warum sie ihre Narbe am Hals nicht kaschiere: „Naja, Herr Jauch, schön finde ich das auch nicht. Aber es ist jetzt so, damit muss man normal umgehen.“

Im Vergleich zu anderen Opfern sei sie in optischer Hinsicht „gut weggekommen. Das bisschen ist bei einer Frau in meinem Alter nicht so entscheidend.“ Den Kölnern macht die Oberbürgermeisterin ein großes Kompliment: Sie sei überhaupt nicht ängstlicher geworden seit dem Attentat. „Auf mich kommt so ein Wohlwollen zu, so eine Unterstützung. Ich bin stolz auf die Kölnerinnen und Kölner. Kölle ist nicht nur ein Jeföhl, es ist Mitjeföhl.“

Reker denkt täglich an das Attentat

Sie denke oft an das Attentat, „und wenn man mal eine Stunde nicht dran denkt, wird man von einem anderen Menschen dran erinnert, der glücklich ist, dass man noch lebt.“ Keine Sekunde habe sie daran gezweifelt, die Wahl anzunehmen: „Ich habe ja so viel Glück gehabt, und der liebe Gott wollte mich noch nicht. Ich bin ja auch in einem Film gelandet, mit dem ich gar nichts zu tun habe. Ich bin einer Projektion eines hasserfüllten Menschen zum Opfer gefallen.“ Das Attentat habe sie eher zum Positiven verändert. „Ich erlebe an mir selbst, dass ich mich weniger über Kleinigkeiten aufrege als vorher. Und ich glaube, das ist für das Amt einer Bürgermeisterin ganz gut so.“

An Parteipolitik sei sie als Oberbürgermeisterin nicht interessiert. „Für mich geht’s eben um Köln. Mir geht’s darum, alle Ideen zu verwenden, die gut sind und uns helfen, die Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte zu meistern. Es gibt keinen roten, schwarzen oder grünen Kreisverkehr. Entweder man braucht einen oder man braucht keinen.“ Mit einem Blumenstrauß und einem Kompliment verabschiedet Jauch die Politikerin nach gut zehn Minuten von der Bühne: „Sie stecken sicher viele Menschen an mit ihrem Optimismus.“