Rundgang durch die Kölner SüdstadtKunden lassen ihre Lieblingslokale nicht im Stich
Köln – Einen gedeckten Tisch mit Kastanien und Blumen hat Judith Kräber vor ihrer Brasserie „Capricorn i Aries“ an der Altenburger Straße aufgestellt. Er soll Passanten inspirieren: „So könnte es bei unseren Kunden zuhause aussehen, wenn sie unser Essen genießen.“ Bestellungen und Take-Away – das ist Judith Kräbers Vertriebsmodell im November. Dabei sind Rinderroulade, Hirschkalbfrikadelle und Muscheln ungewöhnliche Take-away-Gerichte – Stammkunden wollen sie aber trotzdem nicht missen.
„Es wäre alles gerade ausbaufähig, aber wir kennen das ja zumindest schon vom ersten Lockdown“, sagt die Brasserie-Inhaberin. Sie hat sich deswegen schon im März mehr mit dem Social-Media-Auftritt ihres Restaurants beschäftigt, und wirbt dort nun stärker für ihren eignen Lieferdienst. Viele Kunden bestellen aber auch tagsüber per Telefon, um am frühen Abend ihr Abendessen abzuholen. „Heute will sogar ein Paar aus Frechen kommen, die eine eigene Wärmebox für den Transport gekauft haben. Diese Loyalität freut uns natürlich sehr“, sagt Judith Kräber.
Hauptsache irgendwie weitermachen
Rund 20 Kunden nutzen jetzt samstags das Take-away-Angebot. Vor der Pandemie konnte Kräber 65 Kunden gleichzeitig bedienen. „Ich schaue auch nicht mehr auf die Wirtschaftlichkeit, das Wichtigste ist, dass wir weitermachen.“ Vor allem weil diese Woche das zwanzigste Jubiläum der Brasserie ansteht – es sollen noch viele folgen.
Sorge bereite Judith Kräber allerdings die Frage, ob der Lockdown auch im Dezember fortgesetzt wird: „Das ist unser Königsmonat, wenn der ausfällt wäre das sehr schlimm.“
Vor einer Pizzeria auf der Bonner Straße wartet Alessandro Palmitessa auf seine Bestellung. Er ist mit einem Freund und ihren beiden Söhnen gekommen. „Wir verbinden das Mittagessen einfach mit einem Spaziergang und gehen die Pizza gleich im Park essen“, sagt er. Sein Freund fügt hinzu: „Liefern wäre uns auch nicht in den Sinn gekommen, da wird generell unglaublich viel Verpackungsmüll verwendet.“ Alessandro Palmitessas sechsjähriger Sohn freut sich besonders, als die vier Kartons über den Tisch im Restauranteingang gereicht werden: „Das ist seine absolute Lieblingspizza!“
Zwei Kunden gleichzeitig statt 20
In dem Burgergrill „Einburgerung“ neben der Pizzeria läuft der Betrieb gerade erst an. Inhaber Taner lneyici hat hier schon Anfang des Monats Stühle und Tische aufeinandergestapelt und mit einigen von ihnen einen Korridor zur Theke gebaut. Statt der sonst 20 dürfen sich jetzt nur noch zwei Kunden gleichzeitig im Laden aufhalten. „Mit der Größe meines Restaurants kann ich noch als Imbiss durchgehen. Falls wir dann trotzdem im Dezember schließen müssen, ist das so“, sagt er. Gesundheit gehe ganz klar vor.
Vor seinem Geschäft weist eine große Fahne auf einen bekannten Lieferdienst hin, sein Grill ist seit August über die Plattform zu finden. Über sie kämen die meisten Bestellungen, Laufkunden kämen kaum. Paul Grouls ist am Samstag tatsächlich der erste Kunde, der in die „Einburgerung“ – eine halbe Stunde nach der Ladenöffnung. Nach seiner Bestellung muss er draußen warten. „Wenn man bei Lieferdiensten bestellt nehmen die teilweise keine Bestellungen mehr an, weil sie keine Fahrer mehr zur Verfügung haben“, sagt er. Aber Selbstabholung fände er auch nicht schlimm, das Wetter lade dazu ein.
Genau das bereitet Lokal-Inhaber lneyici aber auch Sorge: „Wetter hat viel Einfluss auf unsere Laufkunden. Ich frage mich, wie das im Winter mit Kälte und Dunkelheit werden soll.“
Glühwein zum Mitnehmen
Eine Frage, die sich auch Café-Besitzer gestellt haben. Als Antwort bieten nun viele von ihnen auch Glühwein To-go an, um die kalte Winterzeit zu überstehen Das Café Einspänner ist eines von ihnen. Inhaberin Alexandra Hörsken führt neben dem Kaffeehaus in der Südstadt zwei weitere Cafés in Brühl und in der Altstadt-Nord, die im November aber geschlossen bleiben. Das Einspänner sei aber bereits auf To-go-Angebote ausgelegt gewesen. Deswegen würde sich der Betrieb hier noch am ehesten lohnen. „Kunden kennen unser Angebot noch aus Vor-Corona-Zeiten, und kommen deswegen gezielt zu uns. Das ist ein zeitlicher Vorteil, weil wir den To-Go-Service nicht noch extra stark bewerben müssen“, sagt Hörsken.
Reichen würden die Einnahmen aber trotzdem nicht, da laufende Kosten gedeckt und Mitarbeiter bezahlt werden müssten. „Das Schlimmste wäre noch ein weiteres Hoch- und Herunterfahren der Gastronomie, denn es läuft nach jeder Wiederöffnung wie nach einer Neueröffnung“, sagt die Inhaberin. Aber ihre Kunden seien treu: „Es halten sich auch alle an die Auflagen. Unsere Kunden essen und trinken auch immer mindestens 50 Meter vom Café entfernt.“
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Das haben auch Mia Hemmerich und Noona Paul vor. Sie stehen mit Masken in der Schlange vor dem Café: „Ich habe keine Kaffeemaschine, da kommt man natürlich gerne her. Das mache ich regelmäßig“, sagt Mia Hemmerich. Normalerweise sitzen die Freundinnen gerne auf der Holzbank vor dem Café. Heute soll es dann eben ein Kaffee-Spaziergang werden. „Die Hauptsache ist, dass wir lokale Geschäfte unterstützen, durch den einen oder anderen To-go-Kaffee mehr zum Beispiel“, sagt Noona Paul.