Die Schauspielerin Heike Trinker (63) spricht im Interview über das Ende der „Stubbe“-Ära, ihre Liebe zum Theater und Köln.
Heike Trinker„Der Immobilien-Wahnsinn in Köln ist beunruhigend“
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Heike Trinker, Schauspielerin, bei der Preview des letzten Films der ZDF-Reihe Stubbe
Copyright: dpa
Frau Trinker, nach 30 Jahren geht die Stubbe-Ära zu Ende, Sie sind seit 2011 dabei. Der 54. Fall wird am Samstag, 22. Februar im ZDF ausgestrahlt. 2017 sollte schon Schluss sein, dann gab es aber noch ein Special, dann ein weiteres. Sicher, dass es nun wirklich die aller-, aller- letzte Folge ist?
Ich bin davon fest überzeugt. Dieser letzte Film „Familie in Gefahr“ ist ein super Abschluss. Es könnte kein besseres Ende für diese Reihe geben. Deren Alleinstellungsmerkmal war schon immer das Familiäre. Neben der Ermittlungsarbeit standen immer auch die familiären Themen und Auseinandersetzungen im Fokus, seit 1995. Und jetzt, in der letzten Episode, steht plötzlich die Familie im Zentrum des Geschehens, die Familie ist „der Fall“. Der Zusammenhalt wird auf die Probe gestellt.
Auch Sie geraten in den Fokus der Ermittlungen. Können Sie etwas über Ihre Rolle sagen, ohne zu viel zu verraten?
Eine Bedrohung von außen sickert langsam ins Familiengefüge ein, erschüttert sie im Kern. Marlene soll Akten vernichtet haben und suspendiert werden, Helge wird vor Augen seiner Tochter verhaftet. Christiane wird des Drogenkonsums bezichtigt. Die Familie ist also in existenzieller Gefahr.
Heike Trinker ist seit 2011 bei der Krimireihe „Stubbe“ dabei
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vlnr.: Marlene (Heike Trinker); Stubbe (Wolfgang Stumph)"
Stubbe überrascht Marlene mit einem Tango-Tanz.
Copyright: Christoph Assmann/ZDF
Was fanden Sie an der Reihe besonders?
Da kommt einiges zusammen. Heute versucht man, den Ermittlerinnen und Ermittlern eine Art Privat Line mitzugeben, irgendeinen persönlichen Hintergrund. Das gab es bei „Stubbe“ seit 1995. Zu der Zeit war das vereinte Deutschland noch nicht so alt. Dass ein Sachse, und das mit unverkennbarem Akzent, in Hamburg auf eine kauzige, eigenartige Weise ermittelt, sich immer eine Klammer ums Hosenbein klemmt, bevor er sich aufs Fahrrad schwingt, war einzigartig und mit hohem Wiedererkennungswert für die Zuschauer. „Stubbe“ ist sympathisch, unkonventionell und nie von oben herab schauend. Immer den Blick für die kleineren Leute zu haben, hinter das Schicksal der Menschen zu sehen, das hat ihn wahrscheinlich ausgezeichnet und die Reihe besonders gemacht hat.
Abseits von den Stubbe-Filmen: Welche Art von Rollen sagen Ihnen zu?
Ich habe das Glück, dass ich beruflich nicht festgelegt bin auf einen bestimmten Typus, ich spiele die Frittenbudenbesitzerin, die Intellektuelle und die Terroristin. Und gerade diese Vielseitigkeit ist toll. Zu meinen Lieblingsfilmen, in denen ich mitspielen durfte, gehört der Tatort von Domink Graf „Der rote Schatten“ von 2017, der die Geschichte der Terrorgruppe RAF thematisiert: Da stimmte alles, das Buch, die Regie, die Zusammenarbeit. Es gab auch den Münsteraner Tatort, in dem ich eine Salondame gespielt habe, die Dreck am Stecken hatte. Mir gefällt, dass ich bei Castern und Produzenten nicht auf ein bestimmtes „Fach“ festgelegt bin.
Sie spielen in vielen Krimis im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit. Wie sieht es im Privaten aus: Ist der Krimi dann auch ein bevorzugtes Genre oder haben Sie dann genug davon?
Ja, privat meide ich den Krimi. In Krimis werden ja Geschichten erzählt, die Spannung erzeugen sollen, verstehbar sind und ein ganz bestimmtes Muster erfüllen müssen, ein Toter nach spätestens drei Minuten etwa. Das ist alles so erwartbar. Im Privaten liebe ich die Literatur: Ich lese gern und viel, und bin auch als Vorleserin unterwegs, häufig beim „Salonfestival“, das ist sowas wie „Literatur in den Häusern der Stadt“. Am 8.März lese ich zum Beispiel in Hessen aus „Seinetwegen“ von Zora del Buono. Oder meine Weinlesung, die im Rahmen der großen Flut an der Ahr entstanden ist. Ich habe dort viel geholfen, war sehr oft da: von Schlammschippen, Flaschen waschen, Menschen zuhören, bis hin zu der Weinlesung, die jetzt aber nicht mehr nur an die Ahr gebunden ist.
Heike Trinker freut sich auf neuen Schauspiel-Intendanten Kay Voges
Sie gehen gerne ins Theater, man trifft Sie nicht selten im Schauspiel an. Freuen Sie sich, dass der Umzug an den Offenbachplatz nun greifbar geworden ist?
Jetzt freue ich mich vor allem auf Arbeiten von Kay Voges, den neuen Intendanten ab 2025/2026, ich kenne ihn zwar nicht persönlich, bin aber viel in Dortmund bei Arbeiten unter seiner Regie gewesen und ich finde ihn ganz großartig.
Sie freuen sich also vor allem auf die inhaltliche Neuerung. Ob das jetzt im Depot in Mülheim oder Schauspielhaus am Offenbachplatz stattfindet, ist Ihnen dann eher egal?
Mehr oder weniger, ja. Ich habe mich jetzt sehr ans Depot gewöhnt. Es ist etwas ab vom Schuss, aber ich fand den Ort inzwischen gut. Jahr für Jahr ist das dort gewachsen. Ich weiß noch ganz am Anfang, bei der ersten Premiere, standen Studierende da und mussten einen bis zum Ort des Geschehens durchwinken. Man dachte: Bin ich hier richtig? Der Offenbachplatz liegt mitten in der Stadt, da kann ich mit dem Fahrrad hinfahren, umwelttechnisch ist das auf jeden Fall besser, und es liegt zentral. Besucher können auch auch mal spontan ins Theater gehen.
Heike Trinker: „Immobilienwahnsinn in Köln“
In einem Interview mit dieser Zeitung haben Sie schonmal erzählt, dass Sie sich in Köln direkt verliebt haben, als Sie 1999 hierher gezogen sind. Gibt es etwas, das Sie stört?
Nach wie vor liebe ich diese Stadt und kann mir keine andere vorstellen, in der ich leben möchte. Was ich aber in jeder Stadt, in der ich bin, sehe – auch in Köln –ist, dass die Barber-, Nägel- und Ein-Euro-Shops zunehmen. Dass das Profil von Städten sich angleicht, weil viel zu hohe Mieten den Einzelhandel vertreiben, Menschen ihre Wohnungen nicht mehr zahlen können. Da geht es um das Thema Immobilien-Wahnsinn, der ja auch für Köln eine Rolle spielt. Das ist das bedauerlich und beunruhigend für mich.
Sie sind 63 Jahre alt. Denken Sie an den Ruhestand oder ist das noch kein Thema für Sie?
Ach, das ist tagesformabhängig. Noch habe ich viel zu tun, was mir Freude macht. Und noch habe ich die Energie dafür. Mein Job hat immer mit Akquise zu tun. Ich würde gern wieder Theater spielen, gerne auch Boulevard, das schiebe ich gerade an. Weiterhin bin ich mit Lesungen unterwegs, dann arbeite ich noch für das Internationale Kinderkinofestival in Schwäbisch Gmünd: Da bin ich als Regisseurin, Workshopleiterin und Ansprechpartnerin für angehende, junge Schauspieler aktiv. Es gibt also noch viel zu tun.
Zur Person: Die Schauspielerin Heike Trinker ist 1961 im norddeutschen Nortorf geboren. Von 1983 bis 1986 absolvierte sie ihre Schaupielausbildung an der Hochschule für Darstellende Kunst und Musik in Frankfurt am Main. 1999 zog sie nach Köln. Trinker spielte in zahlreichen Porduktionen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens mit. Von 2002 bis 2005 war sie in der Soap „Verbotene Liebe“ zu sehen sowie später in „Alles was zählt“, außerdem in Tatorten, Soko-Filmen, Rosa-Munde-Pilcher-Folgen sowie bei Stubbe und vielen anderen. (gam)