Köln – Im Prozess um die Schießerei im Lokal „No Name“ in Nippes, bei der im November 2015 ein Mann ums Leben kam und weitere Männer schwer verletzt wurden, hat am Montag ein wichtiger Zeuge vor dem Kölner Landgericht ausgesagt: der ehemalige Pächter der Gaststätte. Allerdings erkannte er keinen der beiden Angeklagten (30 und 32) wieder, denen gemeinschaftlicher Mord aus Heimtücke zur Last gelegt wird. Der dritte Beschuldigte, mit dem er bekannt ist, soll den Tätern den Tipp gegeben haben, dass sich die Opfer in der Kneipe aufhielten, die Staatsanwaltschaft nimmt aber nicht an, dass er von der Mordabsicht gewusst hat; deshalb wird ihm nur Beihilfe zur dreifachen gefährlichen Körperverletzung vorgeworfen.
Die Darstellung des 45-jährigen Zeugen lässt sich so zusammenfassen: In der Tatnacht rief ihn der dritte Angeklagte (33) an und fragte, ob er im Lokal sei. War es ein Kontrollanruf? Er liege im Bett, sagte der Pächter. Doch später fuhr er von Seeberg mit einem Taxi zum „No Name“. Kaum hatte er den Schlüssel ins Schloss gesteckt, hielt ihm jemand von hinten eine Pistole an den Hals. Als es dem Unbekannten nicht schnell genug ging, drohte er: „Soll ich dir ins Bein schießen?“ „Ich glaube, ihr seid an der falschen Adresse“, wagte der Pächter zu sagen.
Mann bettelt in Kölner Bar um sein Leben – vergeblich
Dann ging alles ganz schnell; aus seiner Position konnte er, der fünf bis sechs Männer als Tatbeteiligte ausgemacht haben will, nur einen Teil des Geschehens beobachten; einer der Täter habe ihn mit einer Schere am Hals in Schach gehalten. Das ganze Vorgehen habe zielgerichtet gewirkt: „Die wussten, was sie wollten.“ Der Kellner wurde niedergeschlagen. Die Täter brüllten Kraftausdrücke, dann fielen Schüsse. Ein 29-jähriger Mann, der auf einem Barhocker saß, flehte um sein Leben – vergeblich: Er wurde getötet.
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Nur eine Pistole sei im Spiel gewesen, sagte der Zeuge, und die habe mehrfach Ladehemmung gehabt. Er habe befürchtet, ebenfalls umgebracht zu werden. Als die Täter verschwunden waren, fühlte er dem 29-jährigen Gast den Puls; er lebte nicht mehr. Er setzte einen Notruf ab und kümmerte sich um einen von mehreren Schüssen getroffenen Mann, der auf dem Boden lag. Soweit die Schilderung des 45-Jährigen. In manchem war sie nicht deckungsgleich mit dem, was er bei polizeilichen Vernehmungen gesagt hatte. Nach so langer Zeit könne er sich nicht mehr genau erinnern, rechtfertigte er sich.
Anführer der Kölner Hells Angels soll Schütze gewesen sein
Als Todesschütze gilt Erkan A., seinerzeit Anführer des Kölner Hells-Angels-Charters „C-Town“. Nach der Tat setzte er sich zusammen mit mutmaßlichen Mittätern in die Türkei ab, einer von ihnen ist der 32-Jährige, der sich nun vor dem Landgericht verantworten muss. Die Staatsanwaltschaft geht von Rache als Motiv aus: Im Lokal eines Angeklagten waren wiederholt Spielautomaten aufgebrochen worden, insgesamt fehlten mehrere Tausend Euro.
Nach der Schießerei habe er „eine ganz schlimme Zeit“ durchgemacht, sagte der Zeuge, und bis heute sei er die Angst nicht losgeworden. Weil die Gaststätte lange habe geschlossen bleiben müssen, habe sich „ein Berg von Schulden" angehäuft. Den Beruf des Gastronomen hat er aufgegeben; derzeit macht er eine Ausbildung zum Tischler.