Erstmals zogen die Schull- un Veedelszöch am Sonntag über die Deutzer Brücke. Geht es nach den Kostümen, dürften die Insekten in Köln nicht aussterben.
Schull- un VeedelszöchSo lustig und politisch präsentieren sich die Kölner Schulen
Erstmals seit vier Jahren zogen die Schull- un Veedelszöch am Karnevalssonntag wieder durch Köln. Rund 6400 Teilnehmer, unterstützt von etwa 180 ehrenamtlichen Helfern, konnte Zugleiter Willi Stoffel auf die jecke Reise schicken. Nach zwei pandemiebedingten Absagen sowie einer wegen Sturms hätte man denken können, der Wettergott habe ein Einsehen mit Pänz und Veedelsvereinen. Und auch wenn es morgens nicht so aussah – hatte er.
Lupo und Kempes Feinest begleiteten Kölner Schull- un Veedelszöch
Der Regen verzog sich und so starteten die Zöch trocken und musikalisch begleitet von Lupo und Kempes Feinest um 11.11 Uhr am Deutzer Bahnhof ihren Weg über Deutzer Freiheit und Deutzer Brücke ins Linksrheinische. Dabei war die zugige Brücke im Gegensatz zum restlichen Weg weitgehend menschenleer. Weil der komplette Rosenmontagszugweg mit 9,2 Kilometern besonders für die Kinder zu lang war, sparte man sich den Ausflug zu den Ringen und kürzte, vorbei an der Opernbaustelle, an der Kettengasse ab.
Köln: Der Schullzoch war etwas kürzer als vor der Corona-Pandemie
Mit 41 Schulen und etwa 3800 Teilnehmern, darunter rund 500 Musiker aus den Schulen, war der Schullzoch etwas kürzer als noch vor Corona. Das machte ihn aber nicht weniger politisch oder originell. Mit viel Humor nahmen die Schulen aktuelle Themen auf. So das Hölderlin-Gymnasium und das Kaiserin-Augusta-Gymnasium, deren Heinzelmännchen gegen die Schulbaumisere protestierten und mutmaßten, dass man eine neue Schule am besten selber baut, weil die Stadt nicht aus dem Quark kommt. Auch das Erich-Kästner-Gymnasium freut sich zwar über eine bessere technische Ausstattung, allerdings in einer räumlichen Bruchbud: „De Düür hängk schief, de Deck es nass, Hauptsach, mer han en iPad-Klass.“
Als bunte und tolerante Gemeinschaft von Menschen präsentiert sich die Ferdinand-Lasalle-Realschule mit dem abgewandelten Motto „Krütz un Queer“. Politisch auch das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, dessen „Pänz met Courage“ dazu aufriefen, den Arsch huh zu kriegen gegen Rassismus und gegen rechtes Gedankengut, aber auch für Menschenrechte weltweit und Nachhaltigkeit gegen Klimawandel.
Zum Klima hatten sich gleich mehrere Gruppen Gedanken gemacht. So die Montessori-Grundschule Gilbachstraße, die tierschützerisch im Insektenreich unterwegs war: „Mer bruche jede Jeck, Jekrabbels un Jeschneck.“ Die Liebfrauenschule forderte „Bee Jeck“. Als Windräder und Sonnen kamen die Pänz vom Albertus-Magnus-Gymnasium, die der GGS Riphahnstrasse als Wildblumenwiese, und die Hauptschule Bilderstöckchen schlappt mit Flip-Flops und Sandalen in die Klimakrise: „Sonn em Hätz un et Klima am Aasch.“
Haben sie oder haben sie nicht? Gebützt – die Luise und der Napoleon damals? Fake News mit historischen Kostümen thematisiert die Königin-Luise-Schule. Nachhaltig die Max-Ernst-Gesamtschule, die die im vorigen Jahr nicht benutzten Neanderthaler-Kostüme einfach für ein neues Thema einsetzt und auf kalte Klassenräume in der Energiekrise hinweist. Gleiches gilt für das Heinrich-Mann-Gymnasium, dessen Thema „Et Plastik muss fott“ noch immer aktuell ist. Witzig auch die Gesamtschule Frankstrasse, die mit Haltestellenschildern auf ihre zwei Schul-Locations verwies.
Einfach nur schön die jröne Papajeie des Rhein-Gymnasiums Mülheim, die schlangengekrönten Medusen des Apostelgymnasiums oder die Freie Waldorfschule Weichselring mit „Fiere ejal wat kütt“. Musikalisch feierten die mit recycelten Krönchen hübsch gemachten Mädchen des Ursulinengymnasiums die Rückkehr des Fastelovends, die Pänz der Domsingschule waren mit Blechblasinstrumenten unterwegs: „Mer trööte dem Corona jet.“
46 Vereine beteiligten sich am Kölner Veedelszoch am Sonntag
Auch beim Veedelszoch waren mit 46 Vereinen und rund 2400 Teilnehmenden weniger Jecke als zuletzt unterwegs. Der Trend zu Bienen und Blumenwiesen bei den Schulen wurde hier nahtlos fortgesetzt. Geht man nach der Anzahl der Gruppen mit diesem Thema, dürften die Insekten in Köln definitiv nicht vom Aussterben bedroht sein.
Es gab durchaus preiswürdige Gruppen, aber manches wirkt etwas altbacken beim Veedelszoch. Oder ist das Retro, wenn’s aussieht wie 1973? Dabei reicht es eigentlich, wenn eine Truppe bunt ist und einfach gute Laune versprüht wie die KG Ponyhof, die Ratteköpp oder Bocklehoma, schließlich soll der Spaß im Vordergrund stehen. Beschlossen wurden die Zöch mit einem Musikwagen, auf dem die Nachwuchsband King Loui um Sänger Max Rohde eigene Songs wie „Bliev he“ oder Mer läve hück“ zum Besten gab.