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Serie „Kölner Gründer“Picanova fing in einer Garage in der Südstadt an

Lesezeit 5 Minuten

Philipp Mühlbauer in der Firmenzentrale.

Köln – Die Anfänge in einer kleinen, fensterlosen Garage, von der aus der Aufstieg zum Weltkonzern begann, ist fester Bestandteil des Mythos Apple. Wenn auch sicherlich in deutlich bescheidenerem Umfang, so hat es doch auch das Kölner Unternehmen Picanova aus einer Garage in der Südstadt zum Weltmarktführer für individuelle Wanddekorationen gebracht.

Im Jahr 2004 beginnen die beiden Kölner Brüder Daniel und Philipp Mühlbauer am Kartäuserwall an einer gemeinsamen Geschäftsidee zu basteln. Der gelernte Bankkaufmann Daniel Mühlbauer, Jahrgang 1973, hatte bereits Erfahrung mit dem Verkauf von Mechandising-Artikeln. Sein elf Jahre jüngerer Bruder Philipp hatte gerade Abi gemacht und während seiner Schulzeit schon Kuscheltiere über das Internet-Auktionshaus Ebay verkauft.

Lieber eigene Bilder statt berühmter Gemälde

Über Kontakte nach China entwickeln sie gemeinsam die Idee, reproduzierte Ölgemälde über das Netz zu verkaufen. „In der Nähe der Stadt Shenzhen liegt das Dorf Dafen, in dem jährlich Millionen von Meisterwerken wie zum Beispiel die Mona Lisa auf Leinwand nachgemalt werden“, sagt Philipp Mühlbauer, der damals vor Ort die Geschäftspartner rekrutierte. Van Goghs Sonnenblumen, Monets Seerosen, aber auch Klassiker von Manet, Renoir oder Klimt gehörten schließlich zur Produktpalette der Brüder Mühlbauer. „Aber der Markt war schnell abgegrast, weil wir auch vergleichsweise spät eingestiegen sind“, sagt Philipp Mühlbauer im Rückblick.

Kunden gestalten Kissen selbst.

Die Vorstellung aber, dass die Wände in den Wohnungen der Menschen ein guter Ort sind, mit dem sich Geld verdienen lässt, dachten die Brüder weiter, bis sie schließlich auf die Idee kommen, dass „Menschen ihre eigenen Bilder an der Wand sehen wollen“. Mittlerweile hatte sich die Technik weiterentwickelt, private Fotos können im Internet hochgeladen werden. Mit der Plattform „mein Bild.de“ machte es Picanova den Nutzern möglich, private Familienfotos oder Urlaubsimpressionen auf individuelle Fotoleinwände für das Wohnzimmer drucken zu lassen. Von zu Hause aus gestaltet der Kunde seine Leinwand am Rechner selber. Produziert wird nach Bestellung und ohne Zwischenhändler, was die Preise niedrig hält. Das trifft den Nerv der Zeit.

Beschleunigt wurde der Erfolg durch die Einführung der Smartphones und der unendlichen Foto-Flut der Handys, mit der die Menschen ihr Leben seitdem in Bildern festhalten. Neben Leinwänden mit Holzkeilrahmen kam der Druck auf Alu-Dibond und Acryl hinzu. Auch auf Kissen, Decken, Tassen, Mauspads oder Handyhüllen lassen sich die eigenen Motive aufbringen.

600 Mitarbeiter weltweit

„Anfangs haben wir uns komplett aus eigenen Mitteln finanziert“, sagt Philipp Mühlbauer, der neben dem Aufbau von Picanova parallel an der Uni Witten-Herdecke BWL studiert hat. Bereits nach kurzer Zeit sei man profitabel gewesen. Im Jahr 2006 steigen zwei befreundete Geschäftspartner ein, in 2008 der DuMont-Verlag, 2013 ein französischer Risikokapital-Fonds. Nach wie vor halten die beiden Brüder aber die Mehrheit an dem Unternehmen, das in den vergangenen Jahren jährlich zwischen 30 bis 40 Prozent gewachsen ist und den Wettbewerbern Marktanteile abjagt.

Heute beschäftigt der einstige Zwei-Mann-Betrieb über 600 Mitarbeiter weltweit und steuert von der Firmenzentrale auf dem Hohenzollerring in der Kölner Innenstadt insgesamt 40 Online-Shops in 25 Ländern für Millionen Kunden weltweit. Bis zu 100 000 Produkte verlassen jeden Tag die vier Fertigungsstätten. Produziert wird vor allem für den europäischen und asiatischen Markt nach wie vor in Köln auf über 12 000 Quadratmetern am Gleisdreieck in Ehrenfeld. Darüber hinaus wird in Miami für den amerikanischen Markt gefertigt. Im lettischen Riga betreibt Picanova eine eigene Holzfabrik, die unter anderem das Material für die Keilrahmen der Leinwände liefert. Auch im chinesischen Shenzhen ist das Unternehmen aktiv und will von dort aus in diesem Jahr an chinesische Kunden verkaufen.

Kinderfoto auf Leinwand

Auch das Produkt-Portfolio wurde in den vergangenen Jahren erweitert. Neben dem Geschäft mit den eigenen Bildern der Kunden, kooperiert Picanova auf seinen Plattformen „Creame“ und und „Thisisalimitededition“ mit Künstlern, deren Illustrationen sich die Kunden ebenfalls auf Leinwände, Tassen oder Kissen für ihr Zuhause drucken lassen können, zum Teil auch als limitierte Edition.

Zudem hat das Unternehmen einen 3-D-Scanner entwickelt, mit dem sich Kunden körperlich erfassen und als kleine Figur ausdrucken lassen können. Ab kommenden Mittwoch wird die Technik in Kooperation mit dem Einzelhandelskonzern Rewe, deren Fotoservice Picanova bereits betreibt, auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sein (siehe zweite Seite).

Und die beiden Kölner Brüder haben noch ein neues Geschäftsfeld ins Augen gefasst. Die Millionen Bilder weltweiter Prominenter aus Sport, Film und Showgeschäft aber auch von Internetstars, denen Millionen Menschen im Netz folgen, zu Geld zu machen. Die Stars können auf der Plattform „monetize.ly“ ihre Bilder hochladen und die Fans können sie sich auf Leinwände, Tassen oder Handyhüllen drucken lassen – der Prominente steuert also seine Werbeartikel selbst.

Man sei dazu in zahlreichen Gesprächen, sagt Gründer Philipp Mühlbauer. Mit dem ehemaligen brasilianischen Fußballstar Ronaldinho, der knapp 70 Millionen Social Media Fans im Internet hat, laufen bereits die ersten Kampagnen.

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Eigene Figuren aus dem 3D-Drucker bei Rewe

Vom 8. bis 18. März startet der Einzelhandelskonzern Rewe zusammen mit Picanova ein Testprojekt: in der Filiale Rewe Richrath in den Opernpassagen wird ein 3D-Scanner aufgestellt.

Kunden können sich damit gratis scannen lassen und erhalten ihr digitales, in Social Media teilbares und online als 3D-Druck bestellbares Abbild.

Ab einem Einkaufswert von 100 Euro gibt es einen Gutschein im Wert von 10 Euro, der für den 3D-Druck eingelöst werden kann. Der 3D-Scanner kann bis zu 1000 Personen am Tag scannen. Der komplette Prozess bis zum digitalen 3D-Abbild dauert rund zehn Minuten. Für den Scan muss man rund vier Sekunden still stehen. Eine 7,5 Zentimeter große 3D-Figur kostet ab 29,90 Euro. Weitere Größen sind 10, 15 und 20 Zentimeter.

Standort war ein Kriterium

„Wir sind immer auf der Suche nach neuen Angeboten, die den Einkauf für die Kunden zum Erlebnis machen“, sagt Johannes Steegmann, Geschäftsführer bei der Rewe-Tochter Rewe Digital. Der 3D-Scan sei ein Angebot, dass man gerne ausprobieren möchte. „Die Kunden nehmen nicht nur frische Lebensmittel und ihren Einkauf mit nach Hause, sondern können das Scan-Erlebnis auch mit Freunden und Familie teilen“, so Steegmann.

Die Standortwahl sei auf Rewe Richrath gefallen, weil der Markt über eine Top-Innenstadtlage verfüge und die Gebrüder Richrath als erfolgreiche Rewe-Kaufleute besonders offen für Innovationen seien. (cos)