In ganz Deutschland tummeln sich Fußballbegeisterte, um ihre Mannschaft zu unterstützen. Am Samstag wurde das erste Mal in Köln gespielt.
Auftakt zur Heim-EMSo erlebt Köln die Fan-Massen zum Spiel Ungarn gegen Schweiz
Dichter grün-roter Rauch steigt bereits einige Stunden vor Anpfiff vom Rhein-Energie-Stadion aus in den Himmel. An Pyro-Technik mangelt es den Fans der ungarischen Mannschaft am Samstagnachmittag augenscheinlich nicht.
Aus nahezu jeder Ecke knallt es in regelmäßigen Abständen und qualmt nur wenige Sekunden später. Rund 13 Stunden dauert die durchschnittliche Fahrt mit dem Auto von Ungarn nach Deutschland. Keine Abschreckung für viele Fans, die diesen Weg nur auf sich genommen haben, um ihre Mannschaft am Samstag mit im Stadion gegen die Schweiz unterstützen zu können.
Zu diesen Menschen zählen auch Otilla und seine Reisegruppe bestehend aus vier weiteren Fußballbegeisterten. Nach einem Zwischenstopp in Nürnberg kamen die Männer erst am späten Freitagabend an und werden sich am darauffolgenden Sonntag bereits am frühen Morgen wieder auf den Heimweg machen, um pünktlich zur Arbeit wieder zuhause zu sein. So ein Engagement schaffen nur die großen, internationalen Fußballmeisterschaften. „Wir sind immer am Start, wenn Ungarn bei großen Turnieren dabei ist“, sagt Ottila.
Erstes EM-Spiel in Köln: Die Schweiz jubelt mit Kuhglocken
Auch wenn die Fans aus Ungarn auf den ersten Blick vermeintlich lauter und auffälliger daherkommen, sollten die Schweizer Fan-Gruppen auf keinen Fall unterschätzt werden. Bereits auf dem Weg durch den Stadtwald zum Stadion begegnet man auf halber Strecke einer kleinen Männergruppe, die sich nicht nur den Support ihrer Mannschaft, sondern auch die Unterstützung der vielen angereisten Fans zur Aufgabe gemacht hat.
In Trikot und Schal stehen sie entlang des Weges Spalier und feuern die vorbeilaufenden oder fahrenden Stadiongänger aus vollem Herzen an. Und damit noch nicht genug. Anders als die meisten anderen Fans jubeln diese Männer nicht mit herkömmlichen Tröten, Trommeln oder Pfeifen. Wie es sich für die Jungs aus den Bergen gehört, sind die geschmückt mit gigantischen Kuhglocken, die sie für jeden Vorbeigehenden einmal läuten.
Die Outfits der Schweizer können sich sehen lassen. Mit der rot-weißen Flagge übersähte Anzüge, Mützen, Schals und überdimensional große Fahnen sind dabei nur der Anfang. Ins Auge sticht vor allem auch Lukas. Oder das, was von Lukas zu erahnen ist. Der junge Mann aus der Schweiz steckt in einem aufblasbaren Dinosaurier-Kostüm, dem ein hautenges Trikot angezogen wurde. Neben ihm sein Freund Mattheo, der einen Stier anmutet.
Grund für die Aufzüge ist aber nicht nur die Unterstützung des Teams, sondern in erster Linie der Junggesellenabschied eines Bekannten. Alle anderen Mitfeiernden konnten bedauerlicherweise keine Tickets mehr ergattern, Stier und Dino müssen das Vergnügen am Samstag alleine teilen.
Ungarn-Schweiz in Köln: Harmonie und gute Stimmung auf beiden Seiten
Und tatsächlich kommt auch die Kuhglocke kurz vor Spielbeginn nochmal wieder. Dieses Mal allerdings am Arm von Maurice. Allein angereist, präsentiert der Rentner seine Mannschaft in voller Montur. Von Fanshirt, Rucksack, über Schal und sogar Wasserpfeife ist Maurice mit allem ausgestattet.
Mit seinem Aufzug will er bei jedem Spiel dabei sein: „Vor zwei Jahren bei der WM habe ich jedes Spiel gesehen. Morgen geht es für mich auch wieder nach Hause, da will ich die Schotten sehen und danach geht’s dann ab gegen Deutschland.“ Bei so viel Freude am Fan-Sein sind die Daumen gedrückt für viele tolle Momente.
Vor dem Stadion wird es nur wenige Momente bis zum Einlass immer voller. Es werden Fotos ohne Ende geschossen, Flaggen werden auf Arme, Beine und mitten ins Gesicht gemalt und vor allem die Kinder halten ihre Tröten bereit, um in wenigen Augenblicken für die nötige Stimmung zu sorgen.
Es sind einige Familien, die ihren gemeinsamen Wochenend-Ausflug rund um das Spiel der Ungarn gegen die Schweizer geplant haben. So sind auch Otillo und Erico mit ihren Kindern Nora und Zoltàn extra den weiten Weg nach Köln gekommen, um das Spiel ihres Landes gegen die Schweiz hautnah als Familie erleben zu können. Mit ihren einheitlichen Trikots und der vielen Farbe im Gesicht sehen sie aus wie eine kleine Einheit und freuen sich auf ein gutes Spiel.
Und auch wenn die beiden Mannschaften am Samstagnachmittag in einem Wettbewerb gegeneinander kämpfen und die entsprechenden Fans zu ihrer Mannschaft stehen, scheint die Stimmung ausgelassen und harmonisch zu sein.
Mit einem Mini-Pokal, den Cyril und seine Freunde aus der Schweiz mitgebracht haben, standen die drei mit vielen Leuten in Kontakt: „Wir haben schon mit total vielen Ungarn ein Foto gemacht. Die haben dann unseren kleinen Pokal hier genommen und wollten natürlich mal wissen wie das sein würde, den in den Händen zu halten. Haben wir dann natürlich schnell wieder an uns genommen“, lacht die Gruppe junger Männer.
Doch auch die gegnerische Mannschaft aus Ungarn und deren Fans begegnen den Schweizern bisweilen sehr positiv. „Alle, mit denen ich bisher gesprochen habe, waren wirklich nett und freundlich. Man hat auch gemeinsam was getrunken. Wenn ich wüsste, dass ich verliere, wäre ich an deren Stelle aber auch so lieb zu uns“, sagt ein Mann aus einem großen ungarischen Fanclub über die Begegnung mit den Schweizer Fans.
Am Ende gewann die Schweiz das Spiel mit 3:1. Am Support ihrer Fans hat es beiden Ländern in Köln auf jeden Fall nicht gefehlt.