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Gewürgt bis zur BewusstlosigkeitSo hat eine Kölnerin den Überfall der Armbanduhren-Räuber erlebt

Lesezeit 4 Minuten
An der Tür von einem Streifenwagen steht der Schriftzug „Polizei“

Von den Tätern fehlt bislang jede Spur. (Symbolfoto)

Die Immobilienmaklerin wurde vor ihrem Haus von zwei Tätern überwältigt. Sie hatten es auf ihre teure Uhr abgesehen.

Maria L. (Name geändert) leidet immer noch unter den Folgen des Überfalls. Nachts plagen sie Albträume, tagsüber checkt die Immobilienmaklerin aus dem Kölner Süden ihre Umgebung. „Ich achte sehr darauf, wer vor, neben oder hinter mir steht.“ Den richtigen Namen will die Kölnerin nicht in der Zeitung lesen. Zu sehr treibt sie die Furcht um, „dass diese Männer wiederkommen könnten“.

Zwei Männer tauchten an jenem 10. Mai vor ihrer Garage auf, als die Frau aus ihrem Auto stieg. „Einer von ihnen sprach mich in einer osteuropäischen oder südosteuropäischen Sprache an, aber ich verstand ihn nicht“, erinnert sich Maria L. im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Plötzlich legt sich ein Arm um ihren Hals.

Erst als die Täter die Uhr erbeuten können, lassen sie von Maria L. ab

Einer der Räuber würgt die wehrlose Frau von hinten, während sein Komplize ihr die teure Rolex-Uhr vom Arm reißen will. „Das gelang aber nicht sofort, deshalb drückte der andere Typ noch fester zu, sodass ich keine Luft mehr bekam“, schildert das Opfer sein Martyrium. Erst als die Täter das seltene Rolex-Stück erbeuten können, lassen sie von Maria L. ab. Bewusstlos sinkt sie zu Boden. Nachdem die Frau wieder zu sich kommt, alarmiert sie ihren Mann. Der ruft die Polizei, die drei Minuten später mit mehreren Streifenwagen vorfährt.

Die Kriminellen sind da längst in einen Wagen gestiegen und mit dem limitierten Rolex-Rosé-Modell im Wert von über 40.000 Euro davongerast. „Die Täter hatten es nur auf die Uhr abgesehen, Handy oder Portemonnaie interessierte sie nicht“, lässt Maria L. die Geschehnisse Revue passieren. „Die kannten sich aus mit teuren Uhren.“ Normalerweise verwahrt die Maklerin ihre noblen Zeitmesser im Safe, aber für zwei Termine hatte sie ihre Rolex angelegt. Nie hätte Maria L. damit gerechnet, „dass die Räuber so dreist vorgehen würden“.

Täter sind wahrscheinlich bandenmäßig organisiert

Immer wieder werden nach Angaben von Polizeisprecher Wolfgang Baldes in Köln „Fälle bekannt, bei denen Täter den Geschädigten teure Uhren – insbesondere Rolex – vom Arm reißen oder entwenden. Die Tatverdächtigen stammen den Angaben zufolge aus Bulgarien, Rumänien, Ex-Jugoslawien oder auch dem nordafrikanischen Raum. „Hierbei handelt es sich nach hiesiger Wahrnehmung um bandenmäßig organisierte, überörtlich agierende Tätergruppen mit internationalen Bezügen“, erklärt Baldes. Bei den Überfällen treten die Räuber demnach meist zu zweit auf.

Von den Tätern, die Maria L. überfallen haben, fehlt bisher jede Spur. Das Ergebnis der Auswertung der am Opfer gesicherten Kontaktspuren durch das Landeskriminalamt NRW stehe noch aus, teilte der Behördensprecher mit. „Das waren Profis, die haben mich wahrscheinlich von meinen Einkäufen an einem Marktplatz bis nach Hause verfolgt“, glaubt die Kölnerin.

Überfall-Serie beschäftigt Münchener Polizei

Längst beschäftigt der organisierte Uhrendiebstahl auf offener Straße bundesweit Polizei und Justiz. Seit dem Überfall verfolgt Maria L. die Meldungen über organisierte Uhrenräuber in der ganzen Republik. Mitte Mai hat ein Räuber nahe dem Münchner Nobelhotel Bayerischer Hof einer 36-jährigen Frau auf dem Bürgersteig aufgelauert. Brutal reißt der Mann seinem Opfer eine 150.000 Euro teure Aquanaut-Uhr von Patek Philippe vom Handgelenk, läuft zu seinem Komplizen, steigt auf den wartenden Motorroller. Beide verschwinden unerkannt.

Eine ganze Überfall-Serie beschäftigt die Münchner Polizei in den Sommermonaten: Meist haben es die Diebe auf die Luxusmarken Patek Philippe und Rolex abgesehen. Die Münchner Polizei registrierte 18 Raubüberfälle auf Träger von Luxusuhren seit 2020/21. Die Schadensumme bezifferten die Ermittler auf etwa 1,5 Millionen Euro.

Betroffen sind meist Bewohner gut situierter Viertel

Wie organisiert die Räuber vorgehen, beweist eine Festnahmeaktion im italienischen Neapel mit Unterstützung Münchner Ermittler. Dabei war man einer Motorrad-Gang auf die Spur gekommen, die in Europa lukrative Beutezüge auf teure Zeitmesser durchführte.

Betroffen von den Beutezügen sind meist Bewohner gut situierter Viertel oder Besucher der City in den großen Metropolen. Anfang Juli versuchten zwei Männer einem 37-Jährigen in der Düsseldorfer Altstadt den Zeitmesser abzuluchsen. Der wehrte sich jedoch, sodass die Täter flüchteten. Drei Tage zuvor überfielen zwei Männer ein Ehepaar im Stadtteil Unterbilk. Während die Frau schon im Auto saß, gingen die Angreifer ihren Gatten an, hielten ihn von hinten fest. Geistesgegenwärtig versenkte der Mann seine Uhr im Gully. Die maskierten Räuber flüchteten einzig mit dem Luxus-Modell seiner Ehepartnerin. Glücklicherweise konnte ihr Mann sein edles Stück wieder aus dem Gully fischen.

Grundsätzliche Empfehlungen für ein präventives Verhalten in der Öffentlichkeit durch die Polizei Köln

  1. Wenn Sie in der Öffentlichkeit unterwegs sind, nehmen Sie Ihre Umgebung aufmerksam und bewusst wahr und lassen Sie sich nicht durch das Hören von lauter Musik über Kopfhörer oder durch das Smartphone oder Ähnliches ablenken. Dies kann Ihr „ungutes Bauchgefühl“ für gefährliche Umstände möglicherweise übertönen oder ausschalten.
  2. Spürt man Angst oder Unsicherheit, macht es Sinn, das Gefühl wahrzunehmen und nicht zu verdrängen. Dieses Bauchgefühl warnt uns vor möglichen Gefahren und ist Ansporn, sich anders zu verhalten und die Situation damit zu verändern.
  3. Fühlen Sie sich in einer Situation, z.B. durch einzelne Personen oder Gruppen unwohl, suchen Sie körperlichen Abstand oder machen Sie einen Bogen um die Situation. In manchen Fällen ist es sinnvoll einen Umweg in Kauf oder eine spätere Straßenbahn zu nehmen. Nutzen Sie helle, belebte und beleuchtete Straßen, anstatt kürzere, dunkle und einsame Wege.
  4. Wenn Sie belästigt, bedroht, verfolgt oder tatsächlich angegriffen werden, scheuen Sie sich nicht, so laut zu schreien wie Sie nur können. Schreien Sie Sätze wie „Fassen Sie mich nicht an“ oder „Ich werde überfallen“ anstatt nur das Wort „Hilfe“ zu rufen. Sprechen Sie Menschen, die Ihnen helfen können, direkt und konkret an, wie „Sie in der roten Jacke, rufen Sie die Polizei!“ So werden andere Menschen auf die Situation aufmerksam, können helfen oder Hilfe organisieren.
  5. Zögern Sie auch nicht, in Gefahrensituationen den Polizeinotruf „110“ zu wählen.
  6. Sollten Sie Opfer eines Raubes geworden sein, prägen Sie sich die Täterbeschreibung und die Handlungsabläufe genau ein und wählen Sie unverzüglich die „110“.
  7. Wenn Sie eine Straftat beobachtet haben, machen Sie sich bemerkbar und stellen Sie sich als Zeugin/Zeuge für die Polizei zur Verfügung.