Hitzewelle im RheinlandDer heißeste und der kälteste Ort in Köln
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Köln – Christian Kühn dürfte während der aktuellen Hitzewelle von vielen Kölnern beneidet werden. Auch im Sommer muss der Ingenieur manchmal in einen dicken Ski-Anzug schlüpfen. Denn an seinem Arbeitsplatz ist es gerne mal 100 Grad unter dem Gefrierpunkt. Kühn ist Gruppenleiter am European Transonic Windtunnel (ETW) beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln-Porz.
Hier werden die aerodynamischen Eigenschaften von Flugzeugmodellen getestet: Bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 1.400 Kilometern pro Stunde und Temperaturen von bis zu -160 Grad Celsius. Damit dürfte der Windkanal nicht nur einer der kältesten Orte Kölns sein, hier steht auch Kölns größter Ventilator. „Der Motor, der unseren Windkanal antreibt hat eine Leistung von 50 Megawatt“, erklärt Kühn. Das entspricht in etwa der Leistung von 1.000 Kleinwagen die Vollgas geben. Kühn: „Beim Bau unseres Windtunnels 1992 war das sogar der weltweit größte regelbare Motor.“
100 Grad unter Null
„Die Flugzeugmodelle werden vollautomatisiert von einem Kran in den Windstrom gehoben“, sagt Kühn. Bei den Extremtemperaturen kann natürlich kein Mensch an dem Modell arbeiten. Kühn: „Aber wenn mal was klemmt, oder auch für manche Messungen müssen wir dann doch ans Modell.“
Dann hebt der Kran den Miniflieger in eine Kammer neben dem Windkanal. In den extrem stark gedämmten Raum gelangt man nur durch eine zehn Zentimeter dicke Tür. Die ist auch nötig. „Je nachdem mit welcher Temperatur das Modell aus dem Kanal kommt, wird es hier echt kalt“, sagt Kühn. Bei 100 Grad unter Null und der extrem trockenen Luft ist vor allem der Atem ein Problem: „Man muss zur Seite ausatmen, sonst sieht man das Modell nicht mehr.“
Für die nötige Kälte sorgt ein gewaltiger Tank mit 3.000 Tonnen flüssigem Stickstoff. Davon kann die Anlage bis zu 250 Kilogramm pro Sekunde in den Windkanal einspritzen. „Die müssen aber natürlich auch wieder aus der Anlage raus“ erklärt der Ingenieur. „Sonst würde ja der Druck im Windkanal immer weiter steigen.“ Aber bevor der überschüssige Stickstoff über einen hohen Schornstein ins Freie abgelassen wird, wärmt ihn erst noch eine 30-Megawatt-Propangas-Heizung auf. „Sonst würden wir hier den ganzen Kölner Flughafen einnebeln.“
Wo der heißeste Ort Kölns liegt, lesen Sie im nächsten Abschnitt.
Wenn Marcus Koch an die frische Luft kommt, findet er es sogar bei 38 Grad Außentemperatur noch angenehm. Der 56-Jährige arbeitet am wahrscheinlich wärmsten Ort Kölns, dem Heizkraftwerk der Rheinenergie in Merkenich. „Wir kochen hier zwar auch nur mit Wasser, aber auf einem hohen Niveau“, erklärt der Elektrochef des Kraftwerks. Denn dort wird neben Strom vor allem heißer Dampf erzeugt, für Fernwärme oder als Prozessdampf für die umliegenden Industriebetriebe wie Ford.
Arbeiten bei fast 57 Grad
In der Brennkammer wird eine Temperatur von fast 1.000 Grad Celsius erzeugt. „Rund um den Ofen ist es natürlich immer ganz schön warm“, so Koch. Aber bei der derzeitigen Hitzewelle werde das natürlich noch verstärkt. Ganz extrem zeigt sich das direkt unter dem Dach in 55 Metern Höhe, direkt über dem Kessel. 56,8 Grad zeigt dort das Thermometer. „Hier müssen regelmäßig Ventile überprüft und die Anlage kontrolliert werden“, sagt Koch: „Aber wenn hier Leitungen zur Wartung und Reinigung auseinandergebaut werden müssen, dann kommt man hier erst richtig ins Schwitzen.“
Und was hilft gegen die Hitze? Koch: „Eigentlich kann man nur viel Tee und Wasser trinken und sich sonst in kühlen Räumen aufhalten.“ Zum Beispiel in der Zentrale des Kraftwerks, die ist angenehm auf 25 Grad gekühlt. Und Getränke gibt es für die Mitarbeiter bei dem Wetter kostenlos.