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SpurensucheDie Geschichte der längsten Bahnlinie Kölns

Lesezeit 5 Minuten

Die Linie „O“ im April 1958 an der Einmündung Dünnwalder Straße/Düsseldorfer Straße.

  1. Die Tram O verband einst Köln mit Opladen – und war damit die längste Bahnlinie der Stadt.
  2. Im Jahr 1880 startete die Linie als Pferdebahn zwischen Deutz und Mülheim.
  3. Noch heute finden sich in Deutz und Mülheim Überreste der alten Bahnstrecke.

Köln – Geht man mit offenen Augen von der Deutz-Mülheimer Straße über die Mülheimer Freiheit bis in die Düsseldorfer Straße, fallen an verschiedenen Hauswänden seltsame Metallrosetten auf. An manchen dieser Rosetten sind auch kleine Schwenkarme angebracht.

Merkwürdig ist auch die Beschriftung einer Hauswand gegenüber der Deutz-Mülheimer Straße 202: „Mülheim“. Nur noch wenige Menschen wissen, dass es sich dabei um Relikte Kölner Verkehrsgeschichte handelt.

An der Deutz-Mülheimer Straße 202 stiegen Passagiere bis 1933 um.

Hier verlief einst die Trasse der Straßenbahnlinie „O“ – wie Opladen –, die mehr als 50 Jahre lang Köln mit Opladen verband. Die Linie war eine von mehreren Vorortbahnen Kölns.

Alles zum Thema Uwe Richrath

Gestartet als Pferdebahn

Gestartet war die Linie 1880 als Pferdebahn, die Deutz mit Mülheim verband. „Die Fahrgäste waren allerdings gezwungen, etwa auf halber Strecke umzusteigen“, erzählt Helmut Goldau von der Mülheimer Geschichtswerkstatt. Er beschäftigt sich schon seit längerem mit historischen Stadtbahnen im Stadtbezirk Mülheim.

Eine Fahrdraht-Rosette.

Der Grund sei gewesen, dass die Linie von zwei Betreibern bedient wurde – den Kölner Straßenbahnen auf Deutzer Gebiet und den Kleinbahnen der noch selbstständigen Kreisstadt Mülheim am Rhein auf der restlichen Strecke.

Goldau: „Wo jetzt noch der Schriftzug zu sehen ist, war einst der Umsteigebahnhof.“ Umsteigen mussten die Passagiere übrigens noch lange nach der Eingemeindung Mülheims 1914 nach Köln. Die Mülheimer Kleinbahnen blieben bis zum Sommer 1933 eigenständig. Dann wurden sie von den Nazis den Kölner Straßenbahnen zugeschlagen.

Überreste der Oberleitung

Heiner Schwarz.

„Die Metallteile an den Hauswänden sind Überbleibsel von so genannten Fahrdraht-Rosetten“, erklärt Heiner Schwarz. An diesen Fahrdrähten war die Oberleitung befestigt. Der Bahn-Experte engagiert sich ebenfalls in der Mülheimer Geschichtswerkstatt. Die Teile seien montiert worden, als die Bahn ab 1903 elektrifiziert wurde.

Der Weg der alten Linie O

Bis 1904 fuhr die elektrische Bahn bereits bis zur Mülheimer Freiheit, die in der damals noch selbstständigen Kreisstadt einfach „Freiheit“ hieß. Die Eröffnung der elektrifizierten Verlängerung nach Opladen erfolgte 1906.

Zwischen Köln und Leverkusen verlief die Trasse wie hier Anfang der 1950er Jahre entlang der Düsseldorfer Straße.

Im Laufe der Jahre änderte sich die Linienführung der „O“. Ab 1928 begann sie beispielsweise in Höhenberg, Frankfurter Straße. Nach der Übernahme durch die Bahnen der Stadt Köln startete sie zeitweise am Heumarkt, zeitweise aber auch am Wallraf-Richartz-Museum. Zwischen 1942 und 1943 wurden der Domhof und der Dom als Kölner Endhaltestelle angesteuert.

Da bis zum Kriegsende immer wieder Rheinbrücken beschädigt oder zerstört wurden, fuhr die Linie „O“ entweder über die Hindenburgbrücke – die heutige Deutzer Brücke – oder die Hohenzollernbrücke. Linksrheinisch wurde der Betrieb der Linie Ende 1944 ganz eingestellt und rechtsrheinisch bis Anfang 1945 lediglich die Außenstrecke aufrecht erhalten.

Bomben zerstörten das Zentrum Mülheims Ende Oktober 1944 derart, dass hier keine Bahn mehr verkehren konnte. Ab September 1945 konnte schrittweise der Betrieb der Bahn zwischen Keupstraße und Opladen aufgenommen werden. Ab 1948 verkehrte sie wieder zwischen Neumarkt und Opladen. Doch in Mülheim hatte sich die Linienführung wieder geändert. Statt über die Mülheimer Freiheit fuhr die Bahn nun durch die Danzierstraße, den Wiener Platz und den Clevischen Ring bis zur Berliner Straße, bevor sie in die Dünnwalder und schließlich die Düsseldorfer Straße einbog.

Die neue Linienführung bedeutete für die Kölner Straßenbahnen eine Herausforderung: Die Einmündungen vom Clevischen Ring in die Dünnwalder Straße und von dieser in die Düsseldorfer Straße waren spitzwinklig. Eine einfache Kurve im Gleisbett war unmöglich. Also gab es zwei Spitzkehren: Die Bahnen fuhren erst in die Berliner Straße ein, um dann rückwärts in die Dünnwalder zu gelangen. Dort ging es über eine zweite Spitzkehre in die Düsseldorfer Straße.

Ab 1951 die längste Linie Kölns

Die Spitzkehren verschwanden 1951/52 und wurden durch so genannte Gleisbögen ersetzt. Statt zweier Gleise gab es nun in den Einmündungen eines für beide Fahrtrichtungen, dieses aber weit ausladend. Zwischen 1951 und 1956 verkehrte die „O“ zwischen Ubierring und Opladen und war mit 22,4 Kilometern Länge und 74 Minuten Fahrzeit die längste Linie Kölns.

Es gab übrigens auch eine Linie „B“ nach Bergisch Gladbach und eine Linie „S“ nach Schlebusch.

Warum die Linie O eingestellt wurde

Das Ende der Vorortbahn begann Mitte der 1950er Jahre. Damals begannen die Betreiber vieler Kleinbahnen auf Busbetrieb umzustellen. Für die Linie „O“ kam erschwerend hinzu, dass Opladen unmissverständlich klarmachte, dass die Stadt keine Straßenbahn mehr auf ihren Straßen haben wollte. So fuhr die letzte Bahn am 26. Oktober 1958 von Mülheim nach Opladen.

„Auf der Deutz-Mülheimer Straße verkehrte noch bis 1962 eine Straßenbahn zwischen Deutz und Gaußstraße, für die Belegschaft der Deutz-Werke“, sagt Franz Decker vom Straßenbahnmuseum Thielenbruch. Eine Rundbahn Gaußstraße-Deutz-Mülheimer Straße-Danzierstraße-Windmühlenstraße rollte ebenfalls noch bis 1965. „Ich bin als Kind noch mit der Straßenbahn durch die Danzierstraße gefahren“, erinnert sich Schwarz.

Neue Chance für die alte Strecke

Fast 60 Jahre nach Stilllegung der Linie „O“ könnte sie neu entstehen. Im Entwurf für den Bedarfsplan Öffentlicher Nahverkehr 2017 steht eine Straßenbahnverbindung zwischen Wiener Platz, Stammheim und Flittard weit oben auf der Prioritätenliste. Leverkusens Oberbürgermeister Uwe Richrath will sogar eine Verlängerung bis in seine Stadt.

Auch eine Bahn vom Messekreisel zum Wiener Platz über die Deutz-Mülheimer Straße und die Danzierstraße ist wieder denkbar. Die Stadt prüft, ob eine solche Bahn zur Anbindung des neu entstehenden Stadtteils im Mülheimer Süden in Frage kommt. Knackpunkt ist aber, dass Bund und Land neue Trassen nur fördern, wenn der Gleiskörper nicht vom restlichen Straßenverkehr befahren wird. Das geht hier nur teilweise.

Doch: Die Investoren im Mülheimer Süden machen sich bereits Gedanken, wie Geld für die nicht geförderten Abschnitte beschafft werden kann.