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„Viele sind überlastet“Mehr als 2500 Stellen in der Kölner Verwaltung sind unbesetzt

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Ist ihre Reform gescheitert? Die Opposition kritisiert Henriette Reker für den Zustand der Verwaltung

Köln – In der Stadtverwaltung sind derzeit mehr als 2500 Stellen vakant, die eigentlich besetzt werden müssten. Das geht aus der Antwort der Verwaltung auf eine Anfrage der SPD-Fraktion hervor. Die meisten unbesetzten Stellen weist das Schuldezernat auf, mit anteilig berechneten Teilzeitstellen sind dort 813,45 Stellen unbesetzt, davon 710 im Amt für Kinder, Jugend und Familie.

„Der öffentliche Dienst hat erkennbare Schwierigkeiten, Leute zu finden“, sagt SPD-Politiker Gerrit Krupp, der die Anfrage im Verwaltungsausschuss gestellt hat. Eine Sprecherin der Stadt sagt, die hohe Zahl der vakanten Stellen zeige, „dass die Stadt Köln an vielen Stellen vom deutschlandweiten Fachkräftemangel und dem demografischen Wandel betroffen ist und in starker Konkurrenz mit anderen Arbeitgeber steht“. Diese Situation, kombiniert mit der anhaltenden Corona-Pandemie und den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs, „beansprucht und fordert die Stadtverwaltung sehr“, so die Sprecherin weiter. Insgesamt arbeiten rund 22.000 Menschen in der Stadtverwaltung, viele davon jedoch in Teilzeit.

Kölner SPD schlägt Modell wie bei der Bundeswehr vor

Krupp fordert, die Stadt müsse „mehr Druck auf die kommunalen Arbeitgeberverbände machen, die Jobs höher zu bewerten, sodass die Bezahlung zumindest näher an dem Niveau der Privatwirtschaft ist“. Außerdem könne die Stadt selbst Programme auflegen, in denen etwa der Führerschein nicht zwingend Voraussetzung für bestimmte Jobs ist, sondern analog zu Programmen der Bundeswehr „auch über die Verwaltung erworben werden kann“. Im Gegenzug könne man Menschen „sicher längerfristig und verpflichtend an sich binden“, so der Jurist weiter. „Ich sehe Frau Reker in der Rolle, solche Dinge anzuschieben. Die Ergebnisse ihrer Verwaltungsreform sind bislang mager.“

Die Frage, wie die Stadt vakante Stellen möglichst schnell besetzen will, beantwortet die Sprecherin jedoch nicht mit besseren Arbeitsbedingungen oder einer höheren Bezahlung, sondern mit Marketing-Strategien. So sollen eine neue Arbeitgebermarke sowie eine Imagekampagne dabei helfen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und neue zu finden. Ziel der Kampagne „Die Kölnmacher*innen“ sei es etwa, die Stadt „als attraktive Arbeitgeberin noch sichtbarer zu machen“. Auch ein modernes Bewerbercenter, das „wie ein internes Personalberatungsunternehmen agiert“, soll Neuanstellungen vorantreiben.

Kölner Verwaltung: Personalprobleme verschärfen sich aktuell

Immerhin: Im Jahr 2021 hat die Stadt nach eigenen Angaben rund 10.000 Bewerbungen bearbeitet und mehr als 2300 Personen eingestellt. Doch die Lücken sind weiterhin riesig. Ein Beispiel ist das Jugendamt, in dem die Stadt vor allem für Kitas händeringend nach Personal sucht. Zum einen gebe es innerhalb der Verwaltung viele Wechsel, weil viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neue Aufgaben haben wollten. Und: „Hier steht die Stadt Köln sehr in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern“, sagt die Sprecherin. Durch die Schaffung zusätzlicher Ausbildungskapazitäten, Einarbeitungs- und Traineeprogramme will sich die Stadt künftig besser aufstellen.

Die Krankenquote ist im Jugendamt zudem auffällig hoch: In den ersten acht Monaten des Jahres lag sie jeweils zwischen neun und 14 Prozent, wie aus der Antwort der Verwaltung hervorgeht. „Immer, wenn man nachbohrt, kommt ans Licht, dass sich viele Leute in der Verwaltung überlastet fühlen und das auch sind“, sagt Krupp. „Dadurch ergeben sich viele Beschwerden der Kölnerinnen und Kölner, für die man natürlich nicht die Menschen verantwortlich machen kann, die in der Verwaltung arbeiten. Viele Bereiche sind deutlich unterbesetzt.“ Das gelte auch für Ordnungsamt und Feuerwehr.

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Und das Problem verschärft sich aktuell: Bis Anfang August hatte die Stadt in diesem Jahr 2109 Abgänge zu verzeichnen, auf der anderen Seite stehen nur 1626 Zugänge. Im Jugendamt spiegelt sich der negative Trend wider, zwar konnten 190 Personen eingestellt werden, 250 haben die Verwaltung jedoch verlassen. Bislang spricht wenig dafür, dass die städtischen Kampagnen ausreichen, um das Problem zu lösen.