Köln – Oberbürgermeisterin Henriette Rekers (parteilos) Ansage an diesem Februartag vor mehr als fünf Jahren ist klar. Reker stellt damals ihre Reform der Stadtverwaltung vor, sie sagt: „Es ist wichtig, dass wir wissen, wo wir stehen und dass Ratsbeschlüsse umgesetzt werden. Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.“ Und: „Man kann ja nicht einfach nichts machen.“
Sie will Verlässlichkeit wie in Unternehmen – doch aktuell zeigt sich am Beispiel der Umgestaltung des Barbarossaplatzes, dass es mit der Verlässlichkeit in der Verwaltung offenbar manchmal nicht weit her ist.
Der Stadtrat hatte am 6. Februar 2020 beschlossen, dass die Verwaltung untersuchen lassen soll, wie der Platz verbessert werden kann. Eine Machbarkeitsstudie sollte unter anderem klären, ob es sich lohnt, die Stadtbahnlinie 18 unter die Erde zu legen. Der Stadtrat stimmte fast komplett zu, nur die Linken enthielten sich. Sogar 300.000 Euro waren schon im Haushalt eingeplant, um ein Unternehmen zu beauftragen.
Zweieinhalb Jahre nach diesem Beschluss ist in der Sache aber nichts passiert. Die Verwaltung teilt mit: „Mit der Machbarkeitsstudie zur Umgestaltung des Barbarossaplatzes soll im Laufe des Jahres 2023 begonnen werden.“ Die Frage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, warum die Stadt die Studie noch nicht mal beauftragt hat, beantwortet die Verwaltung nicht. Bis Ergebnisse vorliegen und umgesetzt werden, dürften Jahre ins Land gehen.
Dabei ist der Barbarossaplatz schon seit vielen Jahren ein Platz, der diesen Ausdruck kaum verdient. Statt einer wirklichen Platzfläche fahren dort vier Stadtbahnenlinien, viele Verkehrsspuren kreuzen sich, die Aufenthaltsqualität liegt ungefähr auf dem Niveau eines Nagelbretts. Der frühere Stadtkonservator Ulrich Krings hat mal gesagt: „Der Barbarossaplatz ist der am meisten vernachlässigte Platz der Stadt.“ Auch im Masterplan zur Verbesserung der Innenstadt von 2008 ist er notiert.
Der Antrag im Jahr 2020 stammte von CDU, Grünen, FDP und der Ratsgruppe Gut. Die Studie sollten aufzeigen, wie der Platz vom Verkehr entlastet werden kann, wie der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) gestärkt werden kann und wie die Aufenthaltsqualität verbessert werden kann. Durch die Bank weg zitierten die vier Antragsteller in ihren Reden im Stadtrat etwas humorig den Querbeat-Hit „Guten Morgen, Barbarossaplatz“ – mittlerweile haben die Politiker ihre gute Laune verloren.
Sterck beklagt Beamtenmikado
Beispielsweise sagt Thor Zimmermann (Gut): „Auch wenn die Verwaltung regelmäßig manch politische Beschlüsse in den Stapel ’zu erledigen’ ganz nach unten legt, möchte ich mich nicht daran gewöhnen, sondern kann mich nur ärgern. Zumal ja in diesem Fall die Verwaltung die Arbeit gar nicht mal selbst machen muss, und die Finanzierung der Studie gegeben ist.“
Laut FDP-Fraktionschef Ralph Sterck dauert „alles so unendlich lange“ bei der Stadtverwaltung. Sterck sagt: „Ich bin sehr enttäuscht, dass da anscheinend Beamtenmikado gespielt wird. Die Stadt muss hier mehr Tempo machen, wenn wir mehr Menschen in Busse und Bahnen locken wollen.“
Grüne fordern mehr Tempo
Laut Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer zeigt die Verzögerung der Studie, dass die Stadt mehr Tempo brauche bei der Neugestaltung zentraler ÖPNV-Knotenpunkte. „Wir erwarten nun eine zügige Beauftragung, damit wir in den nächsten Jahren die Neuordnung am Barbarossaplatz endlich angehen können.“ Für die CDU sagt Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz: „Wir freuen uns, wenn es weiter geht.“ Der Platz benötige eine gestalterische und verkehrliche Neuordnung.
Bemerkenswert ist ja, dass auch das seit März 2021 agierende Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt „insbesondere“ den Barbarossaplatz auf Basis „bereits beauftragter Machbarkeitsstudien und Wettbewerbe umgestalten“ will.
Dass am Barbarossaplatz wenig passiert, ist nicht neu: Schon 2009 hatte der Verkehrsausschuss ein Gutachten in Auftrag gegeben, doch die Ergebnisse hätten einen großen Umbau bedeutet. Zunächst wollte die Stadt abwarten, was das für die Verkehrsführung und eine mögliche Tunnellösung für die Bahn bedeutet. 2019 berichtete der „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass die Pläne seit 2013 auf Eis liegen.
Reker: Muss man anpacken
Aktuell verweist die Stadt darauf, dass sie plane, die Haltestellen der Linie 16 und 18 barrierefrei zu gestalten, dabei betrachte sie die Umgestaltung des Stadtraums und der Radwegeführung. Zudem habe sie dort 2020 und 2021 mehrere Radspuren eingerichtet.
Übrigens hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker Anfang dieses Jahres im Interview mit dieser Zeitung auf die Frage, ob man den Barbarossaplatz anpacken kann, gesagt: „Das muss man sogar. Auch wenn solche Prozesse unglaublich lange dauern: Man muss sie anpacken, man muss planen, man muss den Verkehr neu sortieren. Wenn man immer nur sagt, dass derjenige, der das plant, auch die Fertigstellung erleben muss, dann wird das nichts.“
Einen Tag nach Erscheinen des Artikels hat die Stadt Köln nachträglich einen Grund genannt, warum nichts passiert bei der Studie: „Die Machbarkeitsstudie zur Umgestaltung des Barbarossaplatzes konnte aufgrund der Priorisierung anderer aktuell laufender Verkehrskonzepte und Verkehrsuntersuchungen (beispielsweise zur Ost-West-Achse oder zum Ebertplatz sowie Verkehrsberuhigungen in Lupenräumen, Beispiele Deutzer Freiheit oder Ehrenstraße) noch nicht ausgeschrieben werden.“